Tourismus Schweiz: Die Branche erholt sich nach dem Euro-Schock

Bergbahn-Aktien sind die heimlichen Stars auf OTC-X.

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Seit drei Jahren steil aufwärts: der OTC-X Subindex Bergbahnen von der BEKB. Chart: moneynet.ch

In den heissen Sommertagen wird es wieder viele Stadtbewohner in die Berge ziehen. Wer nicht zu Fuss die hohen Wipfel erklimmen möchte, erhebt sich mit einer traditionellen Gondel über das Flachland. Bergbahnen sind nicht wegzudenken aus der heimischen Ausflugsfolklore. Was wenige Ausflügler ahnen: Die Bergbahngesellschaften sind die heimlichen Stars im ausserbörslichen Handel bei der Berner Kantonalbank (BEKB). Der Subindex der BEKB OTC-X hat seit drei Jahren um rund 60% zugelegt. Offenbar haben sich einige Unternehmen der Branche längst von ihrem etwas verstaubten Image befreit und investieren in die Zukunft. So haben die Aktionäre der Schilthornbahn AG an der kürzlich stattgefunden Generalversammlung den Bau einer neuen Bahnverbindung gutgeheissen. Diese erfreulichen Erfolgsmeldungen läuten so etwas wie eine Wende im Schweizer Tourismus ein, wo seit dem Euro-Franken-Schock im Januar 2015 Krisenstimmung herrschte.

Hiobsbotschaft und Schockstarre

Zur Erinnerung: Am 15. Januar vormittags sorgte die Schweizerische Nationalbank für den völlig unerwarteten Schock. Sie hob den bis dahin geltenden Euro-Mindestkurs von 1.20 Franken per sofort auf. Binnen Minuten wertete sich die einheimische Währung um über 15% auf. Wären ausländische Gäste bereit, ihr Budget um etwa 20% zu erhöhen? Für die Tourismuswirtschaft erwies sich das als Schicksalsfrage. Auch der Detailhandel musste erhebliche Umsatzeinbussen in Kauf nehmen, denn statt dass die Europäer in die Schweiz kamen, um Urlaub zu machen, reisten Schweizer in Scharen ins grenznahe Ausland, um einzukaufen und dort ihre Ferien zu verbringen. Euro-Rabatt war das wohl meist verwendete Werbeschlagwort der heimischen Autohändler.

Die Asiaten kommen

Ein Bergerlebnis, wie hier auf dem Skyline Walk der Schilthornbahn, gehört für Touristen aus Übersee zum festen Bestandteil ihrer Europareise. Bild: schilthorn.ch

Doch die Erholung im Tourismus hat nicht lange auf sich warten lassen. Laut dem Bundesamt für Statistik hat die Hotellerie in der Schweiz im ersten Halbjahr 2018 insgesamt 18.4 Millionen Logiernächte registriert. Dies entspricht gegenüber der Vorjahresperiode einem Anstieg um 3.8% (+670’000 Logiernächte). Diese Zunahme geht vor allem auf das Konto der Europäer; allen voran sorgte Deutschland mit einem Plus von 73’000 Logiernächten (+3.9%) für das deutlichste absolute Wachstum aller ausländischen Herkunftsländer. „Die Schweizer Tourismusbranche hat seit dem Januar 2015 ihre Hausaufgaben gemacht, das heisst, die Kosten gesenkt, die Preise optimiert und die Angebote mit vielen Zusatzleistungen noch attraktiver gemacht“, kommentiert Markus Berger, Pressesprecher von Schweiz Tourismus. „Insgesamt hat sich die touristische Erholung quer durch die Branche abgezeichnet, also bei Hotellerie, Bergbahnen Geschäftsreisen und Ausflugszielen“, sagt Berger. Doch ist diese Entwicklung genügend robust und verheisst sie für die Branche nun glücklichere Jahre?

Harter Wettbewerb im Alpenraum

Die Basler Konjunkturforscher von der BAK publizieren seit rund 10 Jahren umfassende Analysen zur Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Tourismuswirtschaft gegenüber den anderen Alpenländern wie Frankreich, Österreich oder Slowenien. Im gesamten Alpenraum ist Luzern seit 2007, mit Ausnahme von 2009 und 2011, die erfolgreichste Sommerdestination. Sie verfügt über eine hohe Dichte an Attraktionspunkten und profitiert von der Lage am Vierwaldstättersee. Betrachtet man allerdings die Kapazitätsauslastung in der Hotellerie, so bestätigt sich ein schon seit etwa 10 Jahren anhaltender Trend. Nur die Zentralschweiz weist ein positives Wachstum auf in der Zahl der Hotelübernachtungen – Sommer wie Winter –, während Gaubünden, das Tessin und die Waadtländer Alpen einen Rückgang verzeichnen im Rahmen von 0 bis über 2%. Die negative Entwicklung des gesamten Alpenraumes zeigt sich vor allem in den Wintermonaten. Gerade in der kalten Periode haben die österreichischen Destinationen seit mehr als 10 Jahren die Nase vorn. Unter den 15 Top-Winterdestinationen sind 13 in Österreich, nur eine Schweizer Destination, nämlich Verbier, schafft es in das Klassement.

Somit ist die kürzliche Erholung in der Schweizer Tourismuslandschaft eine verdiente Verschnaufpause, aber zwingt gleichzeitig jeden Anbieter, sich mit Innovation und besonderen Serviceleistungen in einem harten Wettbewerbsumfeld zu behaupten. Im ausserbörslichen Segment der BEKB sind hinsichtlich Kursperformance die folgenden Titel in den letzten Monaten aufgefallen: Hoher Kasten Dachrestaurant und Seilbahn, Seilbahn Weissenstein, Zermatt Bergbahnen und Pilatus-Bahnen sowie die Rigi-Bahnen.

Hinweis in eigener Sache: Am 17. September 2019 findet in Andermatt der nächste Branchentalk Tourismus statt. Im Fokus stehen Erfolgsfaktoren für touristische Grossprojekte in der Schweiz. Mit dabei sind neben Samih Sawiris, VR-Präsident der Orascom Development Holding, unter anderem Urs Kessler von den Jungfraubahnen und Norbert Patt von Titlis Rotair.

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