LSB Wengen-Männlichen: 2018 brachte dank neuer Erlebnisangebote Rekordertrag

Erstmals höherer Ertrag im Sommergeschäft

0
2917
Royal Ride: Frischluft-Vergnügen im Freiluftkino des Berner Oberlands. Bild: zvg

Die 1954 eröffnete Luftseilbahn Wengen-Männlichen AG (LWM) betreibt – beim Blick auf den Namen der Gesellschaft wenig überraschend – die Ganzjahres-Luftseilbahn vom autofreien Wengen BE auf den Ausflugs- und Erlebnisberg Männlichen. Weitere Transportanlagen bestehen – abgesehen von einer Beteiligung von 36% an einem neuen, von der Partnerbahn Gondelbahn Grindelwald Männlichen AG realisierten Tellerlift im Skischulgelände auf dem Männlichen – nicht. Die 2018 modernisierte Luftseilbahn legt die Höhendifferenz von 948m bis zur Männlichen-Bergstation auf 2’230m Höhe in nur etwa 5 Minuten zurück.

Verkehrsertrag im Sommer übertrifft das Wintergeschäft

Dank eines herausragenden Sommergeschäfts hat die Gesellschaft das Geschäftsjahr 2018 mit einem Rekordertrag von gut 3.2 Mio. CHF (+8.3%) abgeschlossen. 98.5% des Gesamtertrags entfielen 2018 dabei auf den Verkehrsertrag, lediglich 1.5% auf betriebliche Nebenerträge, etwa aus Vermietung und Verpachtung. Erstmals in ihrer  Unternehmensgeschichte ist es der LWM im abgelaufenen Geschäftsjahr 2018 gelungen, mit einer Ausweitung und Modernisierung bestehender Angebote im Sommer höhere Einnahmen als im Winter zu erwirtschaften. Auch wenn der Verkehrsertrag im Sommer mit 1’602’432 CHF nur wenige tausend CHF über dem Verkehrsertrag des Winters (1’599’560 CHF) lag und sich das prozentuale Verhältnis Sommer/Winter mit jeweils 50% jetzt praktisch die Waage hält, zeigen diese Kennzahlen doch, wie sich die Nachfragesituation in den zurückliegenden Jahren in der Jungfrau-Region verändert hat. In gewisser Weise ist hier – wie andernorts in der Schweiz – seit einigen Jahren ein „Paradigmen-Wechsel“ im Gange, dem sich die touristischen Leistungserbringer in den Alpenregionen stellen müssen. „Wintersport“ verspricht kaum mehr Wachstum, bestenfalls können die Frequenzen, Gästezahlen und Einnahmen stabil gehalten werden.

Die gesamten Wintersporteinnahmen der LWM, die zu einem Grossteil auf einem Verteilschlüssel aus den verkauften Skipässen der Region beruhen, lagen 2018 bei 1.6 Mio. CHF und mit +9’000 CHF nur sehr knapp über dem 5-Jahres-Durchschnitt. Gegenüber dem 10-Jahres-Durchschnitt beträgt der Rückgang hingegen -46’000 CHF, was das strukturell negative Wachstum im Wintergeschäft auch in den Zahlen deutlich macht (Geschäftsbericht 2018, S. 4).

Neue Angebote kommen bei den Gästen gut an

Ganz anders die Situation im Sommergeschäft: Dieses wächst bei der LWM seit einigen Jahren dynamisch, zuletzt nochmals mit erhöhter Schlagzahl auch dank neuer Angebote wie dem Royal Ride (Luftseilbahnkabine mit Balkon) und dem Royal Walk (Themenweg zum Männlichen-Gipfel), die seit 2018 erfolgreich im Sommer ins touristische Angebot auf dem Männlichen integriert sind und neben einheimischen Gästen auch gezielt erlebnisorientierte Gäste aus den Fernmärkten ansprechen.

Im Jahr 2014 machte der Verkehrsertrag im Sommer mit etwas mehr als 1 Mio. CHF nur etwa 38.5% des Gesamtertrags aus (Geschäftsbericht 2014, S. 10). Seither konnte der Sommerertrag innerhalb von nur 4 Jahren um fast 0.6 Mio. CHF oder knapp 60% auf die bereits erwähnten 1.6 Mio. CHF gesteigert werden. Alleine im Jahr 2018 lag der Zuwachs bei 0.26 Mio. CHF oder fast +20% im Vergleich zum Vorjahr. Realistischerweise profitierte die LWM dabei – neben den neuen, attraktiven Angeboten seit der Sommersaison 2018 – aber auch von den in der Jungfrau-Region insgesamt steigenden Touristenzahlen, getrieben von den sommerlastigen Fernmärkten.

Abbildungen schweizeraktien.net; Abweichungen zu 100% resultieren aus Rundungsdifferenzen bzw. der Nicht-Berücksichtigung des vernachlässigbaren Gepäck- und Güterverkehrs; Quelle: LWM-Geschäftsberichte 2014 und 2018.

EBITDA klettert um rund 10%

Der Betriebsaufwand stieg um rund 7.5% oder +0.16 Mio. CHF auf knapp 2.3 Mio. CHF an. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich der Personalaufwand als Teil des Betriebsaufwands um rund 10% auf 1.03 Mio. CHF. Ursächlich sind hier in erster Linie die Umbauarbeiten im Zusammenhang mit der „Frischluft-Kabine“ Royal Ride, eine einmalige Gratifikation in der Sommersaison 2018 sowie die Beschaffung neuer Arbeitskleidung nach der Modernisierung der Luftseilbahn. Der Personalaufwand beträgt 31.7% des Betriebsertrags (Vorjahr 31.2%), ein guter Wert unter den kleineren Bahngesellschaften.

Der Sachaufwand erhöhte sich unterproportional um etwa 5% auf 1.2 Mio. CHF. Die grösste Zunahme entfiel dabei auf den Werbeaufwand (+29% auf 0.185 Mio. CHF), während der Aufwand für den Pistendienst (grösster Kostenblock) um knapp 9% auf 0.4 Mio. CHF rückläufig gewesen ist.

Das EBITDA kletterte um etwa +10% oder rund 91’000 CHF auf 984’167 CHF, entsprechend einer im Branchenvergleich guten EBITDA-Marge von 30.3% (Vorjahr 29.8%).

Im Vergleich zum Vorjahr fielen die Abschreibungen mit 920’259 CHF um fast 21% höher aus. Ein Grund für den kräftigen Anstieg waren – nach einem guten Geschäftsjahr – zusätzliche Abschreibungen bei der Berg- und Talstation, den Beschneiungsanlagen sowie der neuen Inszenierung „Royal Experience“, bestehend aus Royal Ride und Royal Walk (s.o.). Aufgrund der höheren Investitionen stieg auch der Finanzaufwand im Vorjahresvergleich leicht an, auf der anderen Seite erhöhte sich aber auch der Finanzertrag leicht.

Aus dem Verkauf von Aktien der Jungfraubahn Holding AG sowie nicht ausbezahlter, verjährter Dividenden der Vergangenheit resultierte im abgelaufenen Geschäftsjahr ein ausserordentlicher Ertrag von knapp 79’000 CHF, der das Ergebnis entsprechend verbesserte.

EK-Quote geht wegen höherer Schulden auf 55.9% zurück

Unter dem Strich verblieb nach Steuern ein auf die Aktionäre entfallender Reingewinn von 86’191 CHF. Das ausgewiesene Jahresergebnis ist damit „nur“ stabil gegenüber dem Vorjahr (86’584 CHF), doch täuscht diese optische Stabilität darüber hinweg, dass sich das operative Ergebnis auf Stufe EBITDA vor den erhöhten Abschreibungen im direkten Vergleich deutlich verbessert hat und die Ertragskraft des Unternehmens insgesamt gesteigert werden konnte. Allerdings hat sich auch die Verschuldung mit den getätigten Investitionen in die Angebotsausweitung erhöht (s.u.). Aus dem Jahresergebnis wurde eine gleichbleibende Dividende von 4% (4 CHF) – entsprechend einer Ausschüttungssumme von 80’000 CHF – an die Aktionäre ausbezahlt.

Aufgrund der höheren Investitionen des Geschäftsjahres 2018 reduzierten sich die Flüssigen Mittel zum Bilanzstichtag 31.12.2018 von 0.5 Mio. CHF auf nur noch rund 30’746 CHF. Das Ziel sollte deshalb sein, den Kassenbestand in den kommenden Monaten und Jahren wieder aufzubauen – und gleichzeitig auch Schulden abzubauen.

Bedingt durch das Royal-Ride-Projekt des Geschäftsjahres 2018 und den Umbau der Luftseilbahn haben sich auch der langfristige, verzinsliche Bankkredit um 830’000 CHF auf 3.73 Mio. CHF erhöht und die Verschuldungskennziffern temporär verschlechtert. Das Verhältnis verzinsliches Fremdkapital/EBITDA „verschlechterte“ sich im Vorjahresvergleich von 3.2x auf 3.8x, wobei auch dieser erhöhte Wert – da gleichzeitig Potenzial für weitere EBITDA-Steigerungen vorhanden ist – mit Blick auf das Branchenumfeld alles andere als „besorgniserregend“ ist. Die Eigenkapitalquote ermässigte sich von 62.5% (GJ. 2017) auf zuletzt 55.9%. Mit entsprechenden Tilgungen des langfristigen Bankdarlehens sollten sich diese Kennziffern auf mittlere bis längere Sicht allerdings wieder verbessern. In absoluten Grössen betrug das bilanzielle Eigenkapital zum Geschäftsjahresende 2018 knapp 5.7 Mio. CHF oder anteilig rund 285 CHF je Aktie analog zum Vorjahr.

Fazit

Die dynamischen Zuwachszahlen für das Sommergeschäft 2018 signalisieren, dass sich die zuletzt getätigten Investitionen in den Ausbau der „Erlebnisse am Berg“ – namentlich Royal Ride und Royal Walk– auszahlen dürften. Die LWM selbst sieht sich ihrem Ziel näher, nicht länger nur als Zubringerbahn, sondern vor allem als „Erlebnisbahn“ im Tourismusmarkt wahrgenommen zu werden.

Das Aktienkapital der Luftseilbahn Wengen-Männlichen AG ist eingeteilt in 20’000 Namenaktien zu 100 CHF nominal. Zuletzt wurden die Aktien der wenig liquiden Gesellschaft zu 189 CHF (Kurs vom 8. Juli 2019) auf der OTC-X-Handelsplattform
der Berner Kantonalbank (BEKB) umgesetzt. Auf dieser Basis lässt sich eine „Marktkapitalisierung“ von knapp 3.8 Mio. CHF ableiten. Die Valoren werden aktuell – jeweils mit kleinen Stückzahlen – zu 189 CHF gesucht und zu 213.50 CHF angeboten
(Kurse vom 16. Juli 2019).

Auch im laufenden Jahr liegt der kumulierte Handelsumsatz bei unter 100’000 CHF. Wie schon in den Vorjahren wurden die im überwiegend lokalen Publikum meist langfristig gehaltenen Titel nur selten gehandelt. Über die Aktionärsstruktur ist öffentlich nichts bekannt. An der Generalversammlung vom Juni 2018 waren 143 Aktionäre mit 7’265 Aktienstimmen (von 20’000 ausgegebenen Aktien; 36.3% des Aktienkapitals) vertreten, was auf eine breite Streuung der Aktien hindeutet.

Die Gesellschaft schüttete auch für das Geschäftsjahr 2018 – konstant seit Wiederaufnahme der Dividendenzahlungen ab dem Geschäftsjahr 2015 – eine Dividende von 4% des Nominalwertes aus, entsprechend 4 CHF je Namenaktie. Praktisch der gesamte Jahresgewinn nach allen Abschreibungen und Steuern wird an die Aktionäre ausgeschüttet. Damit setzt die Gesellschaft ihre aktionärsfreundliche Ausschüttungspolitik der letzten Jahre ungeachtet einer temporär (deutlich) erhöhten Verschuldung fort und gehört zur Riege der gerade bei den kleineren Bergbahngesellschaften mittlerweile eher seltenen „Bardividendenzahler“. Die Ausschüttung entspricht einer Bruttorendite in der Grössenordnung von 2.1% auf zuletzt bezahlter Kursbasis und dürfte die Kurse nach unten gegen stärkere Rückgänge absichern.

Mit dem Wegfall verschiedener, erhöhter Aufwandpositionen aus dem Jahr 2018, die teilweise auch Einmalcharakter gehabt haben dürften, besteht Spielraum, dass das operative Ergebnis auf Stufe EBITDA im laufenden Jahr – in Abhängigkeit vom weiteren Verlauf des Sommergeschäfts bis zum Saisonende – erneut gesteigert werden kann.

Die diesjährige Generalversammlung fand bereits am 7. Juni 2019 im Bergrestaurant Männlichen statt. Entsprechend ist die Dividende für das Geschäftsjahr 2018 bereits aus den Kursen abgeflossen.

Transparenzhinweis: Der Verfasser ist Aktionär der LSB Wengen-Männlichen AG.

Hinweis in eigener Sache: Am 17. September 2019 findet in Andermatt der nächste Branchentalk Tourismus statt. Im Fokus stehen Erfolgsfaktoren für touristische Grossprojekte in der Schweiz. Mit dabei sind neben Samih Sawiris, VR-Präsident der Orascom Development Holding, auch Urs Kessler von den Jungfraubahnen und Norbert Patt von Titlis Rotair.

Kommentar verfassen