Branchentalk Tourismus in Andermatt: Erfolg mit der grossen Kelle

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Ganz unschweizerisch klotzen, statt kleckern. In den Schweizer Alpen sind derzeit ungewöhnlich viele touristische Grossprojekte im Entstehen begriffen. Eigentliche Leuchtturmprojekte wie das V-Bahnprojekt der Jungfraubahnen, die neue Bergstation mit Turm auf dem Titlis oder die Neuentwicklung der Destination Andermatt.

Auch in den kommenden Jahren planen Tourismus-Unternehmen, Milliardensummen in ihre Infrastruktur zu investieren. Doch was braucht es, damit das Geld nicht einfach zum Fenster hinausgeworfen wird und die entsprechenden Projekte am Ende des Tages auch eine Rendite abwerfen? Am Branchentalk Tourismus in Andermatt haben verschiedene Promotoren eindrücklich gezeigt, dass auch in unserem Land mit visionärem Tun und stetigen Innovationen Erfolge möglich sind. Eindrücklich etwa das Beispiel der Ferienregion Andermatt. Nach der Fertigstellung wichtiger Etappen wie der Skiarena mit der Zusammenlegung der Skigebiete von Andermatt und Sedrun, des Hotels Radisson Blu Reussen mit einer Konzerthalle für höchste Ansprüche, des Golfplatzes und mehreren Appartementhäusern sind die Dimensionen der Umgestaltung nun auch in Realität abschätzbar. Im Endausbau werden in den 500 neuen Wohnungen 1’500 bis 2’000 Menschen im neuen Andermatt leben, mehr als im ursprünglichen Dorf. Die gesamte Investitionssumme dürfte sich auf 1.8 Mrd. CHF belaufen.

2020 keine roten Zahlen mehr beim «Chedi»

Dass auch gut gearbeitet wird, zeigt das Flaggsternhaus «Chedi», das bereits eine ganze Reihe von Auszeichnungen eingeheimst hat, unter anderem vom Guide Michelin oder von Tripadvisor. Der mutige Entscheid, dieses Berghotel das ganz Jahr offen zu halten, habe sich bezahlt gemacht. „Im nächsten Jahr werden wir in keinem einzigen Monat mehr rote Zahlen schreiben“, erklärte der ägyptische Unternehmer Samih Sawiris, Verwaltungratspräsident der Orascom Development Holding (ODHN), und Initiant des Projekts Andermatt. Er wehrte sich dagegen, einfach als Milliardeninvestor bezeichnet zu werden, der das Projekt eigentlich im Alleingang gestemmt habe. Hätten nicht viele kleinere Investoren und die Behörden mitgezogen, hätte er das Risiko nicht eingehen können. Man sollte zudem nicht bloss investieren, sondern auch mit aller Kraft an das Projekt glauben.  „In der Schweiz ist das Risiko immer recht eng begrenzt. Wer auch im Ausland investiert, weiss die grosse Rechtssicherheit in der Schweiz sehr zu schätzen. In El Gouna, mitten in der ägyptischen Wüste, eine Stadt zu bauen, war ungleich riskanter, als für das Projekt Andermatt Hand zu bieten“, betonte Sawiris. Schmerzlich gelernt habe er in El Gouna, dass immer eine kritische Masse vorhanden sein müsse, das gelte eben auch in Andermatt.

Investitionen von 470 Mio. CHF in der Jungfrauregion

„Anders als die Region Andermatt ist die Jungfrauregion schon seit Jahrzehnten im Aufschwung. In den letzten 50 Jahren hat sich die Besucherzahl auf dem Jungfraujoch mehr als zweieinhalbfacht“, sagte Urs Kessler, CEO der Jungfraubahn, stolz. Auch 2018 und im laufenden Jahr kann das Berner Oberländer Unternehmen wiederum zweistellige Fortschritte bei den wichtigsten Kennziffern vorweisen. Und dies alles noch lange vor der Betriebsaufnahme der neuen V-Bahn, für die das Unternehmen 470 Mio. CHF aufwenden wird. „Es sind dies Investitionen in die Qualität und in die Zukunft“, ist Kessler überzeugt. Die Zeit, um von der Stadt Bern auf Jungfraujoch zu gelangen, wird sich mit der neuen Bahn um fast 50 Minuten auf noch rund zweieinhalb Stunden verkürzen. Ab dem 12. Dezember des nächsten Jahres könnten dies die Gäste nachprüfen.

Wichtig sind nach Kessler stetige Innovation, ein unablässiges Marketing und eine klare Markenführung. „In den sozialen Medien sind wir heute die Nummer 1 im Tourismus,“ unterstrich der Jungfraubahnchef. „Globalisierung heisst für uns, am Wirtschaftswachstum Asiens zu partizipieren. Dafür sind auch bereits zahlreiche weitere Projekte angedacht. Schon in diesem Herbst ist die Eröffnung eines Flagship Stores in Interlaken vorgesehen. 2025 sind verschiedene Ausbauvarianten am Jungfraujoch geplant, 2030 beispielsweise am Ostgrat das Haus als Uhrwerk und ein weiteres exklusives Gebäude.

Kesslers Vision: 12 Monate Hochsaison am Jungfraujoch, 1,4 Millionen Gäste und ein Durchschnittsertrag von 120 CHF pro Gast.  Dafür werde die Jungfraubahn auch einiges tun: „Wir versuchen immer, die Erwartungen zu übertreffen“. Seine weiteren Erfolgsrezepte: langfristig denken, frühzeitig entscheiden, laufend anpassen, innovieren und investieren. Sodann eine starke Marke als Basis für den langfristigen Erfolg.

Stararchitekten Herzog & de Meuron bauen auf dem Titlis

Norbert Patt, der CEO Titlis Bahnen, wagt im Zusammenhang mit dem ehrgeizigen Projekt Titlis 3020 einen Ausflug in die Philosophie: „Man muss ins Gelingen verliebt sein, nicht ins Scheitern“. Der Baubeginn der neuen Bergstation mit einem imposanten Turm ist für 2020 vorgesehen. Die Eröffnung des von den Stararchitekten Herzog und de Meuron gestalteten Projekts ist für Ende Dezember 2023 vorgesehen. „Die grössten Versäumnisse bei vielen Unternehmungen sind fehlende Investitionen in die Infrastruktur und dass das Geld nicht wirtschaftlich verwendet wird.“ Um auf allen Weltmärkten zu punkten, würden die Titlisbahnen laufend in die Infrastruktur investieren und das gesamte Angebot auf einem hohen Qualitätsstandard weiterentwickeln. „Wir wollen Menschen glücklich machen“, so ein weiterer Leitsatz von Patt.

Betroffene zu Beteiligten machen

Doch nicht alles funktioniert einfach so. Professor Philipp Lütolf von der Hochschule Luzern hat in einer Studie zahlreiche erfolgreiche Projekte ermittelt, wie die Cabrio-Bahn auf dem Stanserhorn, die zu einer markanten Ertragsverbesserung geführt habe. „Zwei Drittel der Bergbahnunternehmen investieren aber mehr als sie verdienen“, mahnt Lütolf. Es lohne sich auch ein Blick über die Grenzen. In Österreich sei offenbar einiges besser angepackt worden. Während in der Schweiz die Anzahl der sogenannten Skierdays in den letzten 15 Jahren um über 15% gesunken sei, habe sich diese Zahl in unserem östlichen Nachbarland um 10% erhöht.

Der Rat des Professors bei allen Projekten: Man muss die Betroffenen immer zu Beteiligten machen.

Fotogalerie 5. Branchentalk Tourismus

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