Ein fantastisches Börsenjahr 2019 macht es aufgrund des inzwischen deutlich erhöhten Kursniveaus nicht einfach, nun für das neue Jahr die richtige Aktienauswahl zu treffen. Setzen sich die Trends des Vorjahres am Schweizer Aktienmarkt einfach fort; kommt es zum Wiedererstarken konjunkturabhängiger Aktien, oder kommen die zukünftigen Outperformer gar aus ganz anderen Industrien? schweizeraktien.net stellt eine Favoritenliste 2020 vor, bestehend aus jeweils fünf börsenkotierten und ausserbörslich gehandelten Aktien.
Angesichts der hohen Bewertungen bei den Star-Aktien und der ungewissen Perspektiven bei den konjunkturreagiblen Titeln ist eine einmalige Auswahl mit 12-Monats-Perspektive eine anspruchsvolle Aufgabe. Kurzfristige Überlegungen und Trends werden zu kurz greifen, und langfristig überzeugende Investments können auch für ein Jahr unentdeckt bleiben. Im gegebenen Kapitalmarktumfeld ist daher die fundierte Bottom-Up-Auswahl von Einzeltiteln entscheidend – Aktien von Unternehmen, die unter den aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen und dank ihrer Unternehmensstrategie im kommenden Jahr zu den Profiteuren zählen werden. In die Auswahl floss die Erfahrung und Expertise des Redaktionsteams von schweizeraktien.net ein. Die Erwartung ist, dass die Auswahl von Aktien im vor uns liegenden Jahr die beiden Referenzindizes SPI Extra sowie OTC-X Liquidity zu schlagen vermag.
Aus Tamedia wird TX Group
Titel 1 ist ein Underdog der Börse – die bisherige Tamedia, die sich nun den neuen und gewöhnungsbedürftigen Namen TX Group gegeben hat. Die Namensänderung soll dokumentieren und signalisieren, dass das Unternehmen kein Printverlag mit sonstigen Medientöchtern mehr ist, sondern vielmehr eine Tech Beteiligungsgesellschaft. Seit Anfang Januar tritt der Medienkonzern nun mit neuem Logo und neuem Namen auf. Das Geschäft ist in vier operative Einheiten gegliedert, von denen die Bezahlmedien weiterhin unter dem Namen Tamedia auftreten. Bei TX Markets sind dagegen die Beteiligungen an Digitalunternehmen untergebracht, darunter homegate.ch und Jobcloud.
Im vergangenen Jahr verlor die Aktie um 11%, während der SMI um 26% zulegen konnte. Über die letzten drei Jahre lag die Performance bei -40%. Und selbst, wenn man bis zurück zum IPO im Oktober 2000 geht, so bleibt doch die Wertentwicklung ernüchternd. Damals wurden am ersten Tag an der Börse 264 CHF bezahlt – ein Kurs, den die neuen Aktionäre bis heute nicht noch einmal sehen sollten.
Ein Grund für die langfristige Underperformance der Aktie ist zweifellos die Aktionärsstruktur. Nur 20% sind in Streubesitz, die überwältigende Mehrheit liegt bei vermögenden Familien mit Unternehmerhintergrund. In den fast 20 Jahren seit dem opportunistischen Börsengang wurden zwar viele richtige Schritte wie die Nutzung der digitalen Revolution zum Geschäftsaufbau gemacht, doch eine schlagkräftige Digital-Strategie liess lange auf sich warten und wurde nie explizit kommuniziert.
Günstige Bewertung und geringe Erwartungen des Marktes
Tatsache ist aber, trotz dem etwas glücklosen Agieren, dass die heutige TX Group unter allen Medienkonzernen der Schweiz die Transformation ins digitale Zeitalter wohl noch am besten bewerkstelligt hat. Die Unternehmensgruppe ist profitabel und scheint sich nun für weitere wertsteigernde Massnahmen entsprechend zu positionieren. Ein Börsengang oder (Teil-)Verkauf einer der digitalen Kronjuwelen würde wohl schnell zeigen, welche Werte sich hinter der unauffälligen Fassade verbergen. Ein KGV von unter 9 lässt jedenfalls reichlich Raum für eine Höherbewertung.
Nachhaltige Verpackungsspezialisten mit Sonderkonjunktur
SIG Combibloc und Vetropack dürften mit ihren recyclingfähigen Produkten für die Verpackung von Nahrungsmitteln und Getränken weitgehend unabhängig von der allgemeinen Konjunktur kurz- und langfristig von der veränderten Gesetzgebung und dem geänderten Konsumentenverhalten profitieren. Während sich die SIG Combibloc Aktie in einem nach oben gerichteten Trendkanal bewegt, zeigt Vetropack einen Ausbruch nach oben mit neuen historischen Höchstständen. Die Bewertung der Wachstumsaktien anhand der analytischen Kennzahlen erscheint zudem attraktiv.
Life Sciences bleiben in Favoritenrolle
Zwei Aktien kommen aus dem Bereich Life Sciences: die Innovationsführer Ypsomed und Idorsia. Die Übergangszeit für Ypsomed neigt sich ihrem Ende zu, denn inzwischen hat Ypsomed erste Kunden für die selbstentwickelten und -produzierten Autoinjektoren gefunden. Zum einen werden durch die zunehmende Marktpenetration die Margen steigen, zum anderen ist das zu adressierende Marktvolumen global betrachtet gross und auch stark wachsend. Von dem historischen Hoch aus 2017 bei 228 CHF trennt die Aktie auf dem aktuellem Kursniveau von 131 CHF noch ein Anstieg um fast 100 CHF.
Idorsia ist das Actelion-Baby, in welches bei der Übernahme durch Johnson & Johnson alle Forschungsaktivitäten sowie 1 Mrd. CHF Cash eingebracht wurde. Die Aktie wurde anteilig an die Actelion-Aktionäre verteilt. Mit aktuell 30 CHF liegt die Aktie am oberen Ende ihres bisherigen Kursbandes von 10 CHF bis 30 CHF.
Das Potenzial entsteht daraus, dass Idorsia mittlerweile vier Wirkstoffe in der klinischen Phase 3 hat. Damit sind die meisten Hürden auf dem Weg zur Zulassung bereits überwunden. Fortschritte bei den laufenden Studien, Indikationen für die Zulassungen, Interesse von grossen Pharma-Konzernen an der Einlizensierung, Erweiterung der Indikationsgebiete – so dürfte der News-Flow im besten Fall 2020 ausfallen. Das Risiko sind allfällige Rückschläge auf dem Weg, neue Medikamente auf den Markt zu bringen. Die Chancen sind jedoch weit höher als die Risiken einzuschätzen, so dass die Risk/Reward Ratio sehr vorteilhaft aussieht.
Metall Zug mit Potenzial nach Kurshalbierung
Bei den OTC-X Aktien sind drei Titel, Bernexpo, WWZ und Weleda, bereits bestens bekannt, so dass der Investment Case an dieser Stelle nicht nach einer weiteren Darstellung verlangt. Doch die Wahl von Metall Zug verdient eine Begründung. Nach dem historischen Hoch bei 430 CHF Mitte 2017 begab sich die Aktie auf eine Talfahrt, die erst bei unter 200 CHF endete. Dabei war der Geschäftsverlauf nicht so schlecht. Allerdings waren bei einzelnen Tochtergesellschaften Restrukturierungen erforderlich, was sich in den Gewinnzahlen niederschlug.
Weiterhin befindet sich die Gesellschaft in einer Investitionsphase, um den Standort Zug effizienter zu machen. Die Tochter V-Zug könnte bereits 2020/2021 an die Börse gebracht werden. Der Jahresabschuss 2019 wird geprägt sein von Rückstellungen für die Bodensanierung im Zuger Areal. Es ist zwar nicht auszuschliessen, dass auch 2020 noch Spuren der Neuausrichtung als industrielle Beteiligungsgesellschaft zeigen wird, doch sehr wahrscheinlich liegt das Gröbste hinter Metall Zug. Angesichts der tiefen Bewertung sind die Chancen höher als die Risiken einzustufen.
Trendwende bei Bad Schinznach?
Ähnlich ist das Chartbild bei Bad Schinznach. Bis Mitte 2017 hatte die Aktie ein neues Allzeit-Hoch bei 3’500 CHF erklettert. Dann jedoch setzte eine Korrekturphase ein, die Aktie ging bis Sommer 2019 auf 2’000 CHF zurück. Hintergrund war eine weniger dynamische Entwicklung der Geschäftszahlen, nicht zuletzt als Folge der Um- und Ausbaumassnahmen sowie der längeren Zyklen bei der verstärkt betriebenen Erstellung und Vermietung oder Verkauf von Wohnliegenschaften. Das KGV des agilen Bäder- und Klinikkonzerns bewegt sich, je nach Gewinnentwicklung in 2019 und 2020, von oben in Richtung 15. Die hohen Investitionen sollten sich in einem beschleunigten Wachstumstempo niederschlagen. Eine Wiederentdeckung der substanzstarken Aktie ist sehr wahrscheinlich.
Kurs 06.01.20 in CHF | |
SPI- Extra | |
SIG Combibloc | 15.50 |
Vetropack | 3’070.00 |
TX Group | 94.00 |
Idorsia | 30.52 |
Ypsomed | 131.80 |
SPI Extra P-Index | 4’667,89 |
OTC-X | |
WWZ | 14’000.00 |
Bernexpo | 465.00 |
Metall Zug B | 215.00 |
Bad Schinznach | 2’275.00 |
Weleda | 4’500.00 |
OTC-X Liquidity-Index | 1’242,02 |
Aktien und Indizes sind zum Schlussstand am 03. Januar 2020 erfasst respektive zum letzten bezahlten Kurs.