Über den auf OTC-X gelisteten Bergbahnen Hohsaas AG im Walliser Saastal waren im Sommer 2018 dunkle Wolken aufgezogen. Die Gesellschaft geriet in erhebliche finanzielle Turbulenzen. Das liquiditätsschwache Unternehmen musste seinerzeit die Nachlassstundung beantragen.
Aus der provisorischen Nachlassstundung vom Sommer 2018 wurde im Oktober 2018 eine definitive Nachlassstundung, die seitens des zuständigen Bezirksgerichts zunächst bis Ende April 2019 gewährt und im Mai 2019 bis Ende Februar 2020 verlängert wurde.
Ziel einer Nachlassstundung ist es immer, den drohenden Konkurs einer Unternehmung abzuwenden und dem Nachlassschuldner die Möglichkeit zu eröffnen, einen Nachlassvertrag mit seinen Gläubigern auszuarbeiten. Die Nachlassstundung „schenkt“ dem Schuldner Zeit – die es zu nutzen gilt im Sinne einer tragfähigen „Zukunftslösung“ mit der Erarbeitung eines Nachlassvertrags.
Nach dem grossen Medienecho im Jahr 2018 war es um die Bergbahnen Hohsaas AG – zumindest ausserhalb des Saastals – recht still geworden.
Eine trügerische Stille, denn hinter den Kulissen wurde von den Verantwortlichen der Bergbahnen Hohsaas AG in Abstimmung mit den verschiedenen Kapitalgruppen, Fremdkapitalgeber (Gläubiger) wie Aktionäre, sowie dem gerichtlich eingesetzten Sachwalter offenbar fleissig und mit Erfolg an einem solchen Nachlassvertrag und damit einem „Zukunftsplan“ gearbeitet. Rund 18 Monate nach Eröffnung der provisorischen Nachlassstundung sieht es heute so aus, dass durch den Verzicht von Gläubigern (Forderungsverzicht/Schuldenschnitt) und Aktionären (Kapitalschnitt) eine Lösung gefunden werden konnte, die in den nächsten Monaten einen Neuanfang ermöglicht.
Forderungsverzicht und Kapitalschnitt als wesentliche Elemente des Nachlassvertrags
Wie sieht eine solche Lösung konkret aus?
Ein kräftiger Schuldenschnitt des Fremdkapitals um 90% in Kombination mit einem Kapitalschnitt der Aktionäre um 85% soll für die Bergbahnen Hohsaas AG die Wende zum Besseren bringen und dem für die lokale Wirtschaft bedeutenden Bahnbetrieb einen Neuanfang auf bilanziell bereinigter Basis ermöglichen.
Wie der Walliser Bote in seinem Online-Portal Ende 2019 berichtete, sind seitens der Gläubiger Forderungen in Höhe von rund 6.5 Mio. CHF angemeldet. Gemäss Nachlassvertrag müssten die Gläubiger – darunter die Gemeinde Saas-Grund als Hauptgläubiger – auf 90% ihrer Forderungen verzichten. Einem solchen Vorschlag hat die erforderliche Mehrheit der Gläubiger nach Informationen von 1815.ch und Radio Rottu Oberwallis zwischenzeitlich vorgängig innerhalb der vorgesehenen Fristen zugestimmt, wohl auch im Wissen, dass die Gläubiger im Fall eines Konkurses mit komplett leeren Händen dastehen würden. Der sprichwörtliche „Spatz in der Hand“ ist auch im Wallis immer noch besser als die Taube auf dem Dach!
Auch die „Urversammlung“ von Saas-Grund hat dem Nachlassvertrag zur Sanierung der Bergbahnen Hohsaas mit Forderungsverzicht und Kapitalschnitt der Aktionäre – die Gemeinde Saas-Grund ist mit rund 61% der Aktien zugleich auch Hauptaktionär – am 19. Dezember 2019 zugestimmt.
Anlässlich einer ausserordentlichen Generalversammlung vom 20. Dezember 2019 wurde schliesslich die Kapitalherabsetzung um 85% des bisherigen Aktienkapitals beschlossen – eine Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss des „Nachlassvertrags“.
Konkret sieht der Beschluss der Aktionäre vor, dass das bestehende Aktienkapital mit Umsetzung des Nachlassvertrags von aktuell 7’000’000 CHF um 5’950’000 CHF auf 1’050’000 CHF zu Sanierungszwecken herabgesetzt wird.
Aktienzahl bleibt vorläufig gleich
Für das aktuell noch in 28’000 Inhaberaktien à 250 CHF nominal eingeteilte Aktienkapital der Bergbahnen Hohsaas AG bedeutet dies, dass der neue Nominalwert künftig nach Eintragung des Herabsetzungsbeschlusses anteilig noch 37.50 CHF betragen wird. Die Anzahl der Aktien bleibt – vorläufig – unverändert, solange die Gesellschaft keine Kapitalerhöhung anstrebt. Ebensowenig dürfte sich an den Beteiligungsverhältnissen im Aktionariat etwas ändern.
Auch für aussenstehende Aktionäre hätte die jetzt eingeschlagene Lösung über den erfolgreichen Abschluss einer Nachlassstundung mittels Nachlassvertrag den Charme, dass sie an der Gesellschaft als Aktionäre beteiligt bleiben könnten und nicht – wie im Fall eines Konkurses üblich – vollständig enteignet werden.
Ab März 2020 könnten die Bergbahnen Hohsaas AG aus der Nachlassstundung entlassen werden
Wenn auch das zuständige Nachlassgericht dem vorzulegenden Sachwalterbericht und dem Nachlassvertrag zustimmt, kann die Bergbahnen Hohsaas AG im Idealfall ab März 2020 aus der Nachlassstundung entlassen werden. Dann wäre ein Neuanfang geschafft – und der Konkurs hätte erfolgreich verhindert werden können!
Dass die Gemeinde Saas-Grund in diesem Fall sowohl Hauptgläubiger als auch Hauptaktionär der Bahn ist und der Gemeindepräsident von Saas-Grund gleichzeitig in Personalunion auch als CEO der Bergbahnen Hohsaas AG amtet, dürfte in dieser Konstellation gerade auch in der Kommunikation mit den unterschiedlichsten Interessengruppen nicht nachteilig gewesen sein. Im Fall eines Konkurses der Bergbahnen wäre Saas-Grund, bereits hochverschuldet, aufgrund der engen Verbündelung von Gemeinde und Bergbahngesellschaft selbst zu einem Sanierungsfall geworden.
Hohsaas Bergbahnen könnten ins Blickfeld der Saastal Bergbahnen AG geraten
Im Rückblick zum Wirtschaftsjahr 2019 schreibt der Walliser Bote, dass die Bergbahnen Hohsaas nach dem vollzogenen Kapitalschnitt „für potenzielle Investoren wieder interessant“ werden könnten. Konkret wird die österreichische Schröcksnadel-Gruppe genannt, die sich bekanntlich bei den benachbarten Saastal Bergbahnen AG eingekauft hat. Allerdings wird auch erwähnt, dass ein erfolgreicher „Deal“ zwischen der ebenfalls runderneuerten Saastal Bergbahnen AG und der Bergbahnen Hohsaas AG heute noch „in den Sternen steht“.
Hinzu kommt, dass es in der künftigen neuen Struktur im Saastal in der Theorie viele Möglichkeiten einer Zusammenarbeit gibt. Eine Fusion nach einem Verkauf der Aktienmehrheit durch Saas-Grund wäre hier nur eine Möglichkeit. Ob die Gemeinde Saas-Grund – gerade nach der eben erfolgten „Notfall-Übung“ – einem solchen Verkauf ihrer Aktienmehrheit, der dann wohl auch mit einer Entpolitisierung der Bergbahn verbunden wäre und nur zu einer „Juniorposition“ bei den Saastal Bergbahnen AG führen würde, überhaupt zustimmen würde, lässt sich von aussen nicht seriös beurteilen.
Völlig offen erscheint aus heutiger Sicht deshalb, ob ein Interesse der Schröcksnadel-Gruppe in der vorliegenden Konstellation an einer Übernahme der künftig bilanziell bereinigten Bergbahnen Hohsaas überhaupt vorhanden wäre – und, wenn ja, zu welchen Konditionen.
Wichtiger als ein zügiger Zusammenschluss auf einer gesellschaftsrechtlichen Ebene erscheint dem Verfasser, dass die Bergbahnen von Saas-Fee (Saastal Bergbahnen) und Saas-Grund (Bergbahnen Hohsaas) künftig im Markt sehr viel enger kooperieren, als dies in der Vergangenheit wohl der Fall gewesen ist.
Wenn sich allerdings eine Fusion nach der noch zu erfolgenden Genesung beider Patienten (Hohsaas-CEO Bruno Ruppen am 5. Juli 2018: „Aus zwei Kranken entsteht kein Gesunder.“) unter veränderten Vorzeichen im Aktionariat der Saastal Bergbahnen AG dabei als vorteilhaft für beide Seiten erweisen sollte: warum nicht?
Fazit
Die während der letzten 12-18 Monate eingeleiteten Massnahmen und Initiativen des Verwaltungsrats und des Direktors Bruno Ruppen scheinen mit Blick auf die Ergebnisse von Gläubiger-, Ur- und Generalversammlung vor Weihnachten 2019 Früchte zu tragen und eine Fortführung der Gesellschaft über das planmässig für Ende Februar 2020 angesetzte Ende der Nachlassstundungsperiode hinaus möglich zu machen. Für die Region wäre ein erfolgreicher Abschluss dieser „Rettungsmission“ sehr erfreulich. In einem solchen Szenario können auch die bestehenden Hohsaas-Aktionäre nach einem kräftigen Kapitalschnitt um 85% an der Gesellschaft beteiligt bleiben – und auf bessere Zeiten hoffen!
Die Bergbahnen Hohsaas AG sollen jedoch künftig als reine Betreibergesellschaft operieren, während die Assets an die Gemeinde Saas-Grund übertragen werden. Damit sind die Chancen künftig erheblich limitiert, die Risiken sind es aber auch.
Losgelöst von allen möglichen Fortführungsszenarien: Die sehr illiquide OTC-X-Aktie hat nicht zuletzt aufgrund ihrer strukturellen Defizite weiterhin keine Anlagequalität. Der extrem marktenge Titel, in den letzten Jahren praktisch ohne Umsatz, eignet sich nur für spezialitätenaffine Anleger mit einem lokalen Bezug.
Dessen ungeachtet wäre die Gesellschaft gleichwohl gut beraten, auch die Kommunikation mit ihrem bestehenden Aktionariat – insbesondere jenen ausserhalb des Gemeindegebiets von Saas-Grund ohne regelmässigen Zugang zum „Mitteilungsblatt“ (trotz bestehendem Online-Angebot) – für die Zukunft ganz allgemein ergebnisoffen und in verschiedene Richtungen zu überdenken. Dies gilt umso mehr, je näher der geplante „Neuanfang“ rückt.
Eine möglichst zeitnahe Umwandlung in Namenaktien und die Etablierung einer regelmässigen „Aktionärskommunikation“ könnte hier ein erster Schritt sein, dem im Idealfall weitere Schritte folgen. Die bisherige „Kommunikation“ mit dem eigenen Aktionariat ist nach eigener Erfahrung des Verfassers nicht ideal – und möglicherweise sogar, etwas um die Ecke gedacht, auch ein Grund für manche Schwierigkeiten der Vergangenheit.
Transparenzhinweis: Der Verfasser ist Aktionär der Bergbahnen Hohsaas AG.