Das vierte Quartal brachte für die globale Primärmarktstatistik gleich zwei Mega-IPOs. An der Börse Hongkong nahm die Alibaba Group Holding umgerechnet 12.9 Mrd. USD ein. Die Platzierung von weniger als 2% am Öl-Riesen Aramco an der saudischen Börse in Riad verzeichnete mit 25.6 Mrd. USD sogar den weltweit höchsten Emissionserlös aller Zeiten.
Die Mega-IPOs retteten die Jahresstatistik, denn allein 84.5 Mrd. USD der globalen Emissionserträge entfielen auf das vierte Quartal. Insgesamt beliefen sich die Emissionserträge des Jahres 2019 weltweit auf 198 Mrd. USD, ein Rückgang um 4% zum Vorjahr. Die Anzahl der Börsengänge verminderte sich kräftiger um 19% auf 1’115, so der jüngste EY IPO-Report. Das Jahr, so EY weiter, sei geprägt gewesen vom Brexit, Handelskonflikten und geopolitischen Spannungen, was die Primärmarktaktivität gedämpft habe.
Gedämpfte Primärmarktaktivität auf hohem Niveau
Auf die amerikanischen Märkte entfielen 53.9 Mrd. USD Emissionserträge sowie 213 IPOs, entsprechend einem Rückgang um 10% respektive 20% zu 2018. Auf Asia-Pacific entfielen 89.9 Mrd. USD und 668 Börsengänge, das sind 8% respektive 1% weniger als im Vorjahr. 54.2 Mrd. USD Emissionserträge bei 234 IPOs verzeichnete die EMEIA-Region. Bei der Anzahl ist das ein starker Rückgang um 47%, beim Volumen dagegen eine Steigerung um 14%. Doch ohne das Ausnahme-IPO von Aramco zeigt sich ein schwaches Bild. Dabei sind die Börsen in Europa und fast allen Ländern weltweit in 2019 deutlich gestiegen, so dass die Aufnahmebereitschaft der Investoren in ihrem Stimmungshoch kaum besser hätte sein können.
Hongkong trotz Protestwelle 2019 auf Rang 1
In der Jahresstatistik rangiert Hongkong trotz der zunehmenden Proteste und deren Auswirkungen auf die Wirtschaftsaktivität mit 37.9 Mrd. USD Volumen und 154 IPOs weltweit auf Rang 1. Die Nasdaq folgt mit einem Volumen von 26.7 Mrd. USD und 128 Börsengängen. Dann aber folgt die saudische Börse mit 26.6 Mrd. USD und fünf IPOs. Im globalen Durchschnitt brachten IPOs eine First-Day Performance von 17%, die Aftermarket Performance beträgt immerhin 14%.
Unicorns beleben IPO-Statistik in den USA
Auf die amerikanischen Börsen entfielen ebenso wie auf die EMEIA-Region 27% der Emissionsvolumina, die verbleibenden 46% auf Asia-Pacific. Volle 93% des amerikanischen Volumens wurden von den USA beigesteuert, aber auch Brasilien verzeichnete fünf IPOs mit einem Emissionsvolumen von 2.3 Mrd. USD. Insgesamt gingen in den USA 24 sogenannte „Unicorns“ – Unternehmen mit einer privaten Bewertung von mehr als 1 Mrd. USD – an die Börse. Das höchste Emissionsvolumen erzielte Uber mit 8.1 Mrd. USD. Technologie und Gesundheitswesen steuerten sowohl nach Volumen als auch nach Anzahl den Grossteil der Börsendebütanten bei. Bemerkenswert ist, dass 77% der Emissionserträge in den USA auf Unternehmen entfallen, an denen Finanzinvestoren wesentlich beteiligt sind.
Asien-Pazifik besticht mit hohen Zeichnungsgewinnen
An den asiatisch-pazifischen Märkten blieben zwar die Jahreszahlen leicht unter den Vorjahreswerten, doch das vierte Quartal sah eine spürbare Belebung. Von den 668 IPOs in der Region im Jahr 2019 entfielen 239 Börsengänge allein auf das vierte Quartal. Bei den Erträgen repräsentiert das Schlussquartal mit 44.7 Mrd. USD fast die Hälfte des Jahresvolumens von 89.9 Mrd. USD. Trotz der gedämpften Handelsperspektiven sorgten der Start des neuen Technologiesegmentes STAR in Shanghai sowie die Börsengänge von Alibaba Group Holding in Hongkong mit 12.9 Mrd. USD Volumen und der Postal Savings Bank in Shanghai mit 4.7 Mrd. USD für eine Fortsetzung der Primärmarktaktivität auf hohem Niveau. In Japan dagegen fehlten Mega-IPOs in 2019. Während die Anzahl der IPOs nur um 9% sank, stürzte das Volumen um 87% ab. Der durchschnittliche First-Day Return in Asia-Pacific lag 2019 bei 19,6%; die Performance seit dem IPO beträgt dagegen 18,3%. Dies spricht für ein fortgesetztes Interesse an weiteren Börsendebütanten, da gute Zeichnungsgewinne zu erwarten sind.
Weniger Neuemissionen in Europa
In der EMEIA-Region war das Geschehen so unterschiedlich wie die betroffenen Länder. In Indien, dem Börsen-Star der letzten Jahre, kam es zu einem Rückgang der Neuemissionen auf nur noch 62 sowie Emissionserträge von 2.5 Mrd. USD. Ein wichtiger Grund ist die Abschwächung der Wachstumsraten in der bevölkerungsreichsten Demokratie der Welt. Demgegenüber rangiert Saudi-Arabien weit vorne. In Europa blieben die Primärmarktaktivitäten verhalten. Der lange Schatten der Brexit-Modalitäten legte sich auch auf die IPO-Märkte. Die konjunkturelle Abkühlung dürfte ebenfalls eine bremsende Wirkung gehabt haben. In London fanden 2019 lediglich 21 Börsengänge statt, die ein Volumen von 5.8 Mrd. USD verzeichneten. In Frankfurt gingen vier Unternehmen an die Börse, darunter Traton und Team-Viewer, die zusammen 4 Mrd. USD Emissionserträge erzielten. Die Börse Paris belebte sich im vierten Quartal. Der global drittgrösste Hersteller von Glasverpackungen für die Nahrungsmittelindustrie, Verallia, vormals St. Gobain Glas, nahm 1.1 Mrd. USD ein. Mit 2 Mrd. USD Emissionsertrag erzielte der staatliche Lotteriebetreiber Française des Jeux beim Börsengang noch mehr. Mit insgesamt neun IPOs und einem Volumen von 3.3 Mrd. USD belegt die Euronext nach Erträgen global Rang 11.
Guter IPO-Jahrgang für die Schweiz
Die Schweiz verzeichnete 2019 vier Börsengänge, von denen Medacta, Stadler Rail und Software One auch ein substanzielles Volumen erzielten. Mit einem Emissionsvolumen von 3 Mrd. USD rangiert die SIX somit im globalen Ranking auf Position 12. Das ist beachtlich, stellt doch die Schweiz nur 0,1% der Weltbevölkerung! Im vierten Quartal fand nur ein Börsengang statt: Software One. Die Platzierung von Secondary Shares der Altaktionäre erzielte rund 750 Mio. CHF Volumen. Der Greenshoe war teilweise ausgeübt worden. Nach einer anfänglichen Seitwärtsbewegung und einem Tief von 17.70 CHF legte die Aktie des Börsendebütanten dann jedoch kräftig zu und steht aktuell mit 26.25 CHF um gut 40% über den ersten Kursen. Damit verzeichnet die SIX 2019 zwei erfolgreiche IPOs und zwei, die bisher im Minus liegen.
Neue Börsenkandidaten
In ihrem Quartalsbericht zum IPO-Markt berichtet die ZKB über Fortschritte bei Avaloq, die zwei Banken für das geplante IPO mandatiert habe. Ebenfalls in den Startlöchern befinde sich der Visa-Dienstleister VFS. Nachdem Selecta das IPO im Herbst 2019 nicht weiterverfolgt hat, wird nun über einen zweiten Anlauf 2020 oder 2021 spekuliert. Der ehemals Schweizer Konzern Syngenta war vom chinesischen Staatskonzern ChemChina übernommen worden und soll nun 2020 ein IPO im neuen Technologiesegment der Börse Shanghai, STAR genannt, durchführen. Für 2020 erwarten die Experten der ZKB für die SIX etwa die gleiche Anzahl von Börsengängen wie im Vorjahr.