Wie bereits in den Vorjahren stellt Allianz Global Investors zum Jahresbeginn ihre Dividendenstudie vor. Diese setzt kurz und prägnant die Dividendenrendite der verschiedenen Aktienmärkte ins Verhältnis zueinander und zeigt die Korrelationen zu Staatsanleihen auf. Weiterhin wird in den Weltregionen verfolgt, wie sich die Entwicklung der Ausschüttungen auf die Performance der Aktienmärkte auswirkt. Dies gibt im Jahres-Rhythmus gute Anhaltspunkte zur Überprüfung der eigenen Anlage- und Dividenden-Strategie. Für Europa prognostizieren die Autoren der Studie Dividendenausschüttungen von insgesamt 359 Mrd. Euro im Jahr 2020, eine Steigerung um 3,6%!
Wie nicht anders zu erwarten war, haben sich auch 2019 die grossen Trends an den Börsen fortgesetzt und teilweise sogar beschleunigt. Staatsanleihen sind durch die Wiederbelebung der Anleihekaufprogramme der Notenbanken noch höher im Kurs gestiegen, und spiegelbildlich sind die Renditen noch tiefer in den negativen Bereich abgerutscht. Dabei ist die Schweiz der Extremfall. Frankenanleihen weisen sogar bei 30 Jahren Laufzeit mit -0,3% eine negative Rendite auf. Abgesehen von Italien sind die Renditen der grossen EU-Länder bis 10 Jahre Laufzeit negativ, in Deutschland sind es 20 Jahre. In Japan sind die Bondrenditen ebenfalls bis 10 Jahre Laufzeit negativ. Die Ausnahmen bilden USA und UK, wo die Renditen durchwegs positiv, wenngleich niedrig, sind.
Negative Renditen bei Staatsanleihen
Weltweit weisen Staatsanleihen im Volumen von 11 Billionen USD eine negative Rendite auf. In der Euro-Zone sind es 60% der ausstehenden Staatsanleihen, in Deutschland 90%, in der Schweiz sogar 100%. Die Rede ist bisher von Nominalrenditen. Nach Bereinigung um die länderspezifischen Änderungen der Verbraucherpreise erhält man die reale Rendite – und die ist nochmals schlechter aus Anlegersicht. Bezogen auf die 10-jährigen Staatstitel reicht die Realverzinsung bis zu -2,8% in den Niederlanden. Die USA und das UK zeigen in der Betrachtung ebenfalls durchweg negative reale Renditen. Auch bei dieser Betrachtung ist Italien, nicht ohne Grund, das einzige Land mit einer positiven realen Verzinsung von 0,88%.
Europäische Unternehmensanleihen mit Mini-Zinsen
Für einkommensorientierte Anleger hat sich die Ausgangslage im vergangenen Jahr nochmals verschärft. Waren die erzielbaren Renditen von Staatsanleihen in Europa zumindest über der Null-Linie geblieben, so ist der Durchschnittswert 2019 in den negativen Bereich abgedriftet. Und auch die Renditen von Unternehmensanleihen mit Investment Grade Rating haben den in den Vorjahren verfolgten Abwärtstrend nochmals beschleunigt. Deren aggregierte Renditen bewegen sich nur noch knapp im positiven Bereich. Das bringt nicht nur Ruheständler in die Bredouille, sondern auch Pensionskassen, Versicherungen und sonstige Kapitalsammelstellen mit strengem Anlagereglement.
Dividendenrendite von 3,7% an den europäischen Aktienmärkten
Trotz der aussergewöhnlich hohen Kurssteigerungen an den europäischen Aktienmärkten 2019 liegt doch aufgrund der gesteigerten Ausschüttungen die Dividendenrendite am Jahresende bei durchschnittlich 3,7%. Private wie institutionelle Investoren, die Einkommen erzielen müssen, kommen somit an der Anlageklasse Aktien nicht vorbei. In der Schweiz ist die Dividendenrendite von 3,4% im Vorjahr auf nun 2,8% gesunken, allerdings haben die repräsentativen Aktien-Indizes auch um bis zu 30% zugelegt. Im internationalen Vergleich bewegt sich die Schweiz mit Blick auf die Dividendenrendite somit im hinteren Mittelfeld. Die höchsten Dividenden bieten abgesehen von Russland mit fast 7% die Aktienmärkte im UK, in Norwegen, Spanien, Portugal, Singapur und Italien im Bereich 4%. Am anderen Ende des Spektrums finden sich die Märkte von Israel, Indien, den USA und China mit 1% bis 2%.
Aktienrückkaufprogramme in den USA
In Nordamerika und Asien (ohne Japan) ist die Entwicklung in der Tendenz ähnlich wie in Europa, jedoch verbleiben die Renditen von Staats- und Unternehmensanleihen noch klar im positiven Bereich. In den USA ist ein Grund für die tiefe Dividendenrendite, dass die Unternehmen regelmässig durch Aktienrückkaufprogramme Kapital an die Aktionäre zurückzahlen – und zwar in beträchtlichem Ausmass. In den letzten beiden Jahren summierte sich das Volumen auf jeweils rund 1 Billion USD. Die Börsenkapitalisierung der USA beträgt dagegen rund 32 Billionen USD. Weiterhin fällt ins Gewicht, dass US-Unternehmen leichten Zugang zu Fremdkapital haben, weswegen die Kapitalaufnahme angesichts des tiefen Zinsniveaus stark zugenommen hat. Darunter sind auch Schuldner, deren Bonität unter veränderten Marktbedingungen leiden könnte. In Asien (ohne Japan) handelt es sich überwiegend um Schwellenländer, deren Anleihemärkte weniger entwickelt und effizient sind. So erklären sich die Anleiherenditen um die 5% in erster Linie mit der Risikoprämie und höheren Inflationsraten.
Dividendenkontinuität
Dass eine optisch hohe Dividendenrendite bei Einzelwerten nicht unbedingt ein gutes Zeichen ist, wissen erfahrene Anleger. Worauf es für einen langfristigen Wertzuwachs wirklich ankommt, ist Dividendenkontinuität, wobei kontinuierliche Steigerungen der Ausschüttung die sogenannten „Dividenden-Aristokraten“ von anderen Dividendenzahlern differenzieren. In diese Kategorie fallen u.a. die Schweizer Schwergewichte Nestlé, Roche und Novartis. Die Dividendenstudie von Allianz Global Investors zeigt auch eindrücklich auf, welch wichtige Rolle der Dividendenrückfluss für den Total Shareholder Return über längere Perioden spielt. Durchschnittlich 38% des TSR entfallen seit 1974 in Europa auf Dividenden. Betrachtet werden 5-Jahres Perioden. Im Zeitraum 2014 bis 2019 tragen Kursgewinne gemessen am MSCI Europe nur 0,7% zum TSR bei, auf Dividenden entfallen 3,4%. Gerade dieses Beispiel macht deutlich, welch stabilisierende Rolle Dividendeneinkünfte für Anleger innehaben. In Asien sieht das Bild für dieselbe Zeitspanne ähnlich aus. In Nordamerika dagegen überwiegt die Kursperformance mit 5,9% den Dividendenbeitrag von 2,2% aufgrund der Bedeutung von Aktienrückkäufen deutlich.
Geringere Volatilität der Dividenden-Aktien
Nicht zuletzt weisen die Autoren der Studie darauf hin, dass Aktien von Dividendenzahlern eine deutlich niedrigere Volatilität aufweisen als Aktien von Unternehmen, die keine Ausschüttungen vornehmen. Das vermindert die Kursrisiken für Anleger erheblich und lässt sie ruhiger schlafen. Es schützt auch vor Panikreaktionen, da in aller Regel Korrekturen bei guten Dividendenzahlern eher in geordneten Bahnen und tolerierbaren Grössenordnungen ablaufen. Es fehlt auch nicht der wichtige Hinweis, dass es bei der Auswahl der Titel vor allem auf die zukünftig zu erwartenden Dividendenströme ankommt und weniger auf die in der Vergangenheit verzeichneten.