MCH Group: Der Weckruf kritischer Aktionäre wurde gehört, aber nicht verstanden

Ein Kommentar zur ao Generalversammlung der Schweizer Messegesellschaft

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Bei der Messe-Schweiz-Gruppe lief es in den letzten Jahren nicht gut. Das Flaggschiff, die Uhrenmesse Baselworld, verlor wichtige Aussteller. Die Publikumsmessen Muba in Basel und Züspa in Zürich harzten, so dass die beiden Urgesteine der Schweizer Messelandschaft eingestellt werden mussten. Millionenverluste waren die Folge. Erst durch die Initiative der Aktionärsgruppe um den Vermögensverwalter AMG ist nun etwas Licht in diese Verkettung von Fehlentscheidungen in Management und Verwaltungsrat gekommen. Fast 45 Mio. CHF kostete die Gruppe allein ihr gescheitertes Engagement in Lausanne. Auf rund 35 Mio. CHF summieren sich die Anlaufverluste für die Luxus-Automobilausstellung «Grand Basel», die sich als Flop erwies und nun nicht mehr weiterverfolgt wird.

Auf 400 bis 500 Mio. CHF schätzt Erhard Lee, Vertreter der Aktionärsgruppe AMG, die Verluste, welche den Aktionären durch die falschen Entscheidungen und Fehlinvestments in den letzten Jahren entstanden sind. Grund genug für ihn, eine ao. Generalversammlung einzuberufen, kritische Fragen zu stellen, die Rolle des von der Politik dominierten Verwaltungsrates zu hinterfragen und eine Sonderprüfung zu verlangen.

Erhard Lee von der Aktionärsgrupee AMG zeigte sich an der ao. GV besorgt um die Zukunft der MCH Group. Bild: schweizeraktien.net
Heimatschutz ist für ein global tätiges Unternehmen fehl am Platz

Erfreulich ist, dass der Weckruf der Aktionärsgruppe AMG immerhin gehört wurde. Diesen Eindruck vermittelte jedenfalls Verwaltungsratspräsident Dr. Ulrich Vischer an der ao. Generalversammlung. Vischer versprach, alle Fragen im Nachgang zur Versammlung schriftlich zu beantworten. Und er räumte ein, die Kritik der Aktionärsgruppe ernst zu nehmen. Doch es blieb bei diesem ersten Schritt der Annäherung. Die Anträge auf Offenlegung der Geschäftsbücher, auf Sonderprüfung und auf Statutenänderung schmetterte der Verwaltungsrat mithilfe der Stimmen der Hauptaktionäre ab. Diese sind im Besitz von 49% der Stimmrechte (Kanton Basel-Stadt (33.5%), Kanton Basel-Landschaft (7.8%) sowie Kanton (4.0%) und Stadt Zürich (3.7%).

Doch gerade Offenheit in Bezug auf die Statutenänderung hätte gezeigt, dass der Weckruf nicht nur gehört, sondern auch verstanden wurde. Lieder stemmten sich die Vertreter der Hauptaktionäre mit aller Macht gegen eine zeitgemässe Anpassung der Statuten. Altgediente Politiker und Vertreter des lokalen Gewerbes waren sich auch nicht zu schade, selbst ans Rednerpult zu treten und die Angst vor Spekulanten und einer Schwächung des Messeplatzes Basel zu schüren. Dabei ist die MCH Group schon heute ein global tätiges Unternehmen. Ein gewichtiger Anteil der Umsätze wird im Ausland erzielt. Auch der Bereich «Live Marketing & Solutions» wickelte 2018 schon rund 60% der Projekte im Ausland ab. Heimatschutz ist daher fehl am Platz. Dies insbesondere, da die neue Strategie mit dem Geschäftsbereich «Global Platforms & Communities» klar auf internationales Wachstum abzielt.

Statt Erneuerung lieber am Status quo festhalten

Doch statt alte Zöpfe abzuschneiden, wollte der Verwaltungsrat lieber am Status quo festhalten. Dazu gehört u.a. die Eintragungsbeschränkung auf 5% der Aktien sowie die Vertretung von 6 Personen der öffentlichen Hand im elfköpfigen Verwaltungsrat. Eine Mehrheit der unabhängigen Aktionäre (27%) stimmten an der ao. GV der Statutenänderung zu, hätten also gerne eine Erneuerung gesehen. Diesem klaren Votum wird sich der Verwaltungsrat in Zukunft nicht verschliessen können. Spätestens wenn sich die MCH Group neuen Aktionären öffnen will, wie dies angekündigt wurde, wird sie das Thema Statutenanpassung wieder anpacken müssen. Und neue Investoren braucht die Gesellschaft, wenn sie die von McKinsey teuer erarbeitete Strategie umsetzen will. Denn die Eigenkapitaldecke ist mit 12.8% (per Ende Juni 2019) sehr dünn. Grosse Sprünge sind in der aktuellen Situation aus eigener Kraft nicht möglich. Schon gar nicht, wenn das Unternehmen im digitalen Bereich für seine Flaggschiffe «Art» und «Basel World» neue Plattformen und Communities aufbauen oder akquirieren möchte.

Zu viele Baustellen und zu wenig Kapital

In der aktuellen Konstellation wird es schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, die präsentierte Strategie umzusetzen. Zu viele Baustellen, zu geringe Kompetenzen im Team und zu wenig Kapital werden das Traditionsunternehmen an einer raschen und konsequenten Umsetzung hindern. So kann die notwendige Transformation nur schwer gelingen.

Gut möglich ist es allerdings, dass sich im «Basler Daig» der eine oder andere Mäzen findet, der mit ein paar hundert Millionen Franken als neuer «Investor» die MCH Group unterstützt. Für Kleinaktionäre und renditeorientierte Investoren gibt es aber bessere Investments in Firmen mit einer zeitgemässen Corporate Governance.

Gelingt allerdings der Turnaround der MCH Group und ändern sich die Verhältnisse im Verwaltungsrat in naher Zukunft, könnten Anleger positiv überrascht werden. Zuletzt wurden 24.70 CHF für eine an der SIX Swiss Exchange gehandelte MCH-Aktie bezahlt.

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