In ihrem Jubiläumsjahr 2019 konnte die Regiobank Solothurn die Bilanzsumme kräftig um 134.2 Mio. CHF auf 2.93 Mrd. CHF steigern. Grund für dieses stabile Wachstum sind mehr Finanzierungen für Privat- und Firmenkunden, so dass die Ausleihungen um 3,6% auf 2,39 Mrd. CHF höher ausfielen. Auch flossen der Bank 4,5% oder 95.3 Mio. CHF neue Kundengelder zu. Das operative Ergebnis übertraf den Vorjahreswert um 18,9% und erreicht 16.9 Mio. CHF. Auch der Jahresgewinn stieg um 1,7% auf 7.7 Mio. CHF und erlaubt es dem Verwaltungsrat, eine Dividendenerhöhung um 12 CHF auf 80 CHF pro Aktie zu beantragen.
Im Gespräch mit schweizeraktien.net erläutert CEO Markus Boss, wie sich der Immobilienmarkt in der Region entwickelt und warum das Volumen im Hypothekargeschäft ausgeweitet werden konnte. Zudem geht er auf die Chancen für die neue Online-Vermögensverwaltung «regioInvest» sowie die Entwicklung im Private Banking näher ein.
Herr Boss, Ihre Bank war in den vergangenen Jahren eher bekannt für eine restriktive Kreditpolitik. Nun ist der Konkurrenzdruck stärker geworden. Trotzdem haben Sie die Kundenausleihungen um 3,6% und die Hypotheken sogar um 3,8% gesteigert. Wie passt dieser starke Anstieg zu Ihrer restriktiven Kreditpolitik und dem schwierigen Umfeld?
Verglichen mit anderen Banken war die Ausweitung des Hypothekarvolumens bei uns gar nicht so stark. Da liegen wir eher am unteren Ende des Durchschnitts. Für unsere Bank ist der Anstieg allerdings schon im oberen Bereich unseres Zielbandes, das zwischen 3 bis 4% pro Jahr liegt. Ein Grund dafür ist sicherlich unser Jubiläum und die damit verbundenen Aktionen und Konditionen. Hypothekargläubiger einer selbstgenutzten Wohnliegenschaft konnten «200 Tage gratis wohnen», mussten also in dieser Zeit keinen Zins zahlen.
Dennoch ist es erstaunlich, dass Sie und auch andere Regionalbanken stark wachsen konnten.
Wir sind auch im Firmenkundengeschäft gewachsen, hier vor allem mit Hypotheken für Gewerbeliegenschaften. Dass 2019 nochmals ein gutes Wachstum im Hypothekenmarkt war, könnte zum Teil auch auf die seit Januar 2020 geltenden verschärfte Selbstregulierung der Banken bei der Kreditvergabe für Renditeliegenschaften zurückzuführen sein. Vielleicht wurde dies von dem einen oder anderen Investor noch ausgenutzt. Wir sehen aber auch viele Erbvorbezüge von jungen Kunden, die so zu dem notwendigen Eigenkapital kommen und ihr Eigenheim finanzieren können.
Sie sprachen auch den Konkurrenzdruck an. Sind Versicherungen und Pensionskassen immer noch aktiv in Ihrem Kundensegment?
Ja. Allerdings sind sie nur an standardisierten Geschäften interessiert. Sobald etwas nicht in ihr Schema passt, lehnen sie das Geschäft ab. Als Bank sind wir da flexibler.
Die Immobilienpreise steigen Jahr für Jahr, aber auch die Leerstände ziehen insbesondere in der Agglomeration an. Wie sieht die Entwicklung des Immobilienmarktes in der Region Solothurn aus?
Wir merken, dass die Situation am Immobilienmarkt in unserer Region anspruchsvoller geworden ist. Die Lage von den Objekten wird immer wichtiger. In sehr guten Lagen in der Stadt Solothurn gibt es auch heute noch praktisch keine Leerstände. Schwieriger wird es auf dem Land oder bei Liegenschaften, die vor zwanzig Jahren pseudo-saniert wurden. Hier nehmen die Leerstände tendenziell zu.
Trotz Tiefstzinsen sind die Kundengelder um 4,6% angestiegen. Woher resultiert diese Entwicklung?
Viele Banken lehnen heute neue Kundengelder ab, weil sie Negativzinsen bei der SNB zahlen müssten. Ein Wachstum der Kundengelder um 10% oder mehr wäre für uns möglich gewesen. Bei Neukunden sind wir auch sehr restriktiv und nehmen nur Gelder von Kunden, wenn sie auch andere Geschäfte mit uns machen. Sonst müssen sie auch bei uns Negativzinsen zahlen. Erfreulich ist, dass es sich beim Anstieg der Kundengelder um «Basisgelder» handelt, also Gelder von der breiten Bevölkerung. Wir haben da sicherlich auch von unseren Werbemassnahmen rund um das Jubiläum profitieren können.
Obwohl das vergangene Börsenjahr sehr gut verlief, ist der Erfolg aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft leicht gesunken. Wieso konnte die Regiobank Solothurn nicht von der starken Börse profitieren?
Das ist wohl der einzige Schönheitsfehler in unserem Abschluss. Er hängt auch mit der Situation im Private Banking zusammen. Das Wertschriftengeschäft ist grundsätzlich anspruchsvoll, und wir waren hier zu wenig erfolgreich. Mit dem neuen Leiter im Private Banking werden wir wieder ein stärkeres Wachstum zeigen. Im Geschäft mit grossen Vermögensverwaltungskunden haben wir auch einen Teil der Assets verloren, beispielsweise, weil sie ihre Depots im Rahmen eines Global-Custody-Angebotes bei einer anderen Bank zentralisierten.
Nun kommen Sie mit einer digitalen Lösung für die Vermögensverwaltung: regioInvest. Welche Kundengruppen werden hauptsächlich angesprochen?
Wir zielen hier auf unsere Retail- oder Basiskunden ab. regioInvest ist eine White-Label-Lösung des RoboAdvisors von True Wealth. Privatkunden können schon ab 3’000 CHF in verschiedene ETF investieren, die aufgrund ihres Profils vorgeschlagen werden. Wir möchten unseren Kunden so eine Alternative zu Spargeldern bieten, die nicht mehr rentieren. Unser Ziel für dieses Jahr liegt bei 10 Mio. CHF.
Inwiefern kann der Kunde über die Nutzung seiner Daten und erstellten Profile mitbestimmen, und wofür werden sie genutzt?
Die Daten gehören dem Kunden und liegen auf einem Server bei Swisscom. Derzeit werden sie nur für das regioInvest-Angebot genutzt. Wer als Kunde zusätzlich Anlagen im Private Banking der Regiobank tätigt, erhält ein zweites Profil.
Sie haben bekannt gegeben, dass mehrere Millionen Franken in die Erneuerung des Hauptsitzes investiert werden. Was konkret planen Sie, und wie möchten Sie sich von anderen Banken am Platz Solothurn unterscheiden?
Was wir vorhaben, ist „state of the art“, wir werden uns nicht wesentlich von den anderen Banken abheben. Unser Hauptsitz wurde 1966 gebaut und 1990 erneuert. Damals waren wir die erste Bank mit einer offenen Schalterhalle. Seither ist nicht mehr viel investiert worden. Daher haben wir uns entschlossen, das gesamte Gebäude auszuhöhlen und komplett zu erneuern. Im Erdgeschoss planen wir eine Begegnungszone mit Co-Working-Space, eine 24-Stunden-Zone und einen prominenten Aufgang ins 1. Obergeschoss. Dort entstehen Besprechungsräume für Kundengespräche, in den oberen Stöcken neue Büros für die Mitarbeiter. Der gesamte Umbau wird zwei Jahre dauern.
Nach konstanten Dividendenzahlungen in den letzten Jahren haben Sie erstmals eine massive Dividendenerhöhung angekündigt. Wie sieht die Dividendenpolitik der Regiobank Solothurn aus? Können sich Anleger auf weiterhin steigende Dividenden freuen?
Trotz der starken Kurssteigerung in den letzten Jahren ist unsere Dividende konstant geblieben. Der Grund dafür war, dass wir stets eine Ausschüttung aus den Kapitaleinlagereserven oder die Rückzahlung von Nominalkapital vorgenommen haben, die für unsere Privat-Aktionäre steuerfrei waren. Ab diesem Jahr ist dies nicht mehr möglich, und wir zahlen wieder normale Dividenden. Daher haben wir den Ausschüttungsbetrag entsprechend erhöht. Wir planen, die Dividenden mindestens auf dem aktuellen Niveau zu halten.
Wie hat sich die IG Leasing, Ihr Joint-Venture mit der WIR Bank, im 2019 entwickelt, und wie sind die Perspektiven?
In den letzten zwei bis drei Jahren hatten wir etwas Mühe mit den Volumen. 2019 konnten wir das Volumen deutlich erhöhen, und auch im neuen Geschäftsjahr 2019/20 sind wir auf Budgetkurs.
Zu guter Letzt: In der Medienmitteilung sprechen Sie zwar von einem schwierigen Umfeld durch die Negativzinspolitik der SNB und den Konkurrenzdruck; trotzdem erwarten Sie ein leicht besseres Ergebnis als 2019. Wie wollen Sie dies erreichen?
Mittlerweile haben wir uns an die Negativzinsen gewöhnt und können damit umgehen. Hinzu kommt, dass die SNB den Freibetrag erhöht hat. Dies hilft uns ebenfalls. Ausserdem haben wir die Kosten im Griff und konservativ budgetiert. Die grosse Unbekannte ist das Private Banking und die Entwicklung an den Börsen. Allerdings sollte uns hier auch das neue Produkt regioInvest helfen.
Die Aktien der Regiobank Solothurn werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden Preise von 4’070 CHF für eine Aktie gezahlt. Die Dividendenrendite liegt bei knapp 2%.
Mitarbeit: Daniel Eichenberger