Wer abergläubisch ist, für den ist Freitag, der 13., ein schwarzer Tag. Freitag, der 13. März 2020, ist aber jenseits des Aberglaubens ganz real zu einem schwarzen Tag geworden, zu einer Zäsur für Tourismus- und Bergbahnbetriebe. Denn an diesem Tag verordnete der Bundesrat das jähe Saisonende, seit diesem Tag stehen die Bergbahnen still, die meisten Hotels in den Alpen-Tourismusregionen haben dichtgemacht.
Noch bis Ende Februar konnten viele Bergbahnen mit einem erneuten Rekordergebnis rechnen. Zermatt Bergbahnen, die Weisse Arena in Laax, die Schilthornbahn im Berner Oberland – stellvertretend für die ca. 70 Bergbahnen, die im Bergbahnindex des OTC-X gelistet sind – gingen davon aus, das bereits sehr erfolgreiche Geschäftsjahr 2018 noch einmal toppen zu können.
Schwerwiegende Auswirkungen
Aber jetzt fehlt mindestens ein Monat Betrieb im Skigebiet, mit dem die Anbieter kalkulierten. „Dies wird schwerwiegende Auswirkungen auf die gesamte Destination haben“, schreibt die Medienstelle LAAX auf Anfrage von schweizeraktien.net. Markus Hasler, CEO der Zermatt Bergbahnen AG, fasst die Situation folgendermassen zusammen: „EBITDA und Cashflow werden tiefer als im Vorjahr sein, da die Einnahmen der Monate April und Mai komplett fehlen und im März nur etwa 40% erreicht werden konnten.“ Ein Investitionsstop, mit Ausnahme von betriebsnotwendigen Investitionen, sei deshalb bis auf weiteres in Kraft.
Die Asiaten kommen schon seit Januar nicht mehr
Eine untergeordnete Rolle spielt der Wintersport auf der Rigi, erst recht in diesem Winter, der wegen Schneemangels keiner war. Dennoch verzeichnete Marcel Waldis, CEO a.i der Rigi Bahnen, finanzielle Auswirkungen des Corona-Virus bereits sehr früh im Jahr. „Schon ab Januar spürten wir das Ausbleiben der asiatischen Gäste deutlich. Inzwischen haben wir nach dem Bunderats-Entscheid die touristische Erschliessung der Rigi eingestellt. Jedoch fahren wir noch für die Erschliessung der Bevölkerung auf die Rigi.“
Auch die Schilthornbahn verzeichnete bereits ab Januar das Ausbleiben der chinesischen und koreanischen Gäste. Bis Ende Februar hätte man mit Skifahrern aus der Schweiz und den europäischen Nahmärkten diese Ausfälle weitgehend kompensieren können, sagt Christoph Egger, Direktor der Schilthornbahn. „Im März hat sich die Situation natürlich verschärft, und seit dem 14. März 2020 stehen unsere Bahnen – mit Ausnahme der ÖV-Erschliessung Stechelberg-Gimmelwald-Mürren – bis auf weiteres komplett still.“
Hotels und Schifffahrtgesellschaften machen dicht
Die Sunstar-Holding, die 10 Ferienhotels in der Schweiz betreibt, hat alle ihre Betriebe geschlossen. Es hätte betriebswirtschaftlich keinen Sinn mehr gemacht, diese weiter geöffnet zu halten, sagt Silvio Schoch, CEO der Sunstar. Die meisten Betriebe wären zwar ohnehin im März und April in die Zwischensaison gegangen. Aber mit Grindelwald und Zermatt sind zwei Hotels betroffen, die durchgehend geöffnet gewesen wären. „Beide Betriebe trifft es besonders hart, denn das gesamte Asia-Geschäft fiel von einem Tag auf den anderen weg. Unsere beiden südlichen Betriebe im Piemont und im Tessin, die traditionell im Winter geschlossen sind, können nicht wie geplant im März öffnen.“
Auch die Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee (SGV) hat nach Auskunft von CEO Stefan Schulthess sowohl die Schifffahrt als auch mit der Tavolago AG die Gastronomie und Hotellerie fast gänzlich heruntergefahren.
Geldabflüsse minimieren
Vor dem Hintergrund der Umsatzeinbrüche sind die befragten Unternehmen vor allem darum besorgt, die Liquidität zu sichern. Dazu gehört auch, die Geldabflüsse zu minimieren. Deshalb haben die meisten, aber nicht alle, Kurzarbeit angemeldet und Investitionen bis auf weiteres sistiert. Die Rigi Bahnen haben zudem ihre Verkaufs- und Marketingmassnahmen massiv reduziert.
Noch spricht kein Unternehmen von Entlassungen. Man will auf die Zeit nach der Pandemie vorbereitet sein, wenn die Umsätze wieder anziehen, und deshalb sei es, so der Tenor, wichtig, die Arbeitskräfte zu halten.
Sehr flexibel zeigt sich dabei die Weisse Arena Gruppe. Man wandle sich vom Anbieter touristischer Leistungen vorübergehend zum Anbieter von Hilfe- und Dienstleistungen, schreibt die Medienstelle LAAX. „Unsere Mitarbeitenden werden in verschiedenen Bereichen, sei dies im Gesundheitswesen oder für Fahrdienste, eingesetzt“. Mit Mahlzeitenlieferung, Einkauf und Auslieferung von Nahrungsmitteln und Medikamenten für die Angehörenden einer Risikogruppe könne die Weisse Arena ihre Infrastrukturen und personellen Kapazitäten zugunsten jener nutzen, die es während der ausserordentlichen Situation am meisten bräuchten.
Dennoch rechnet man in Laax je nach Ausmass und Dauer der Einschränkungen und je nach Szenario mit einem „riesigen Schadenpotenzial“. Deshalb sei auch Kurzarbeit „sicher ein Thema“, so die Medienstelle.
Forderungen an die Politik
Der Verband Seilbahnen Schweiz hat in seinem Schreiben vom 16. März Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga aufgefordert, Massnahmen zu ergreifen, um die existenzgefährdenden Folgen der behördlich verfügten Schliessung der Branche abzufedern. Dazu gehört die Erhöhung der Kurzarbeitsentschädigung auf 100% sowie die Ausdehnung der Kurzarbeit auf temporär eingesetzte Mitarbeitende, Mitarbeitende mit befristeten Arbeitsverhältnisse, Lehrlinge und Grenzgänger. Auch wird eine unbürokratische Abwicklung gefordert.
Neben der Kurzarbeit gilt das Augenmerk insbesondere der Liquiditätssicherung. Die Forderungen lauten: zinsloser Aufschub von Amortisationen und Zinszahlungen, zinsloser Aufschub von Mehrwertsteuer und anderen Steuerzahlungen sowie das Bereitstellen von zinslosen Überbrückungskrediten.
Stefan Schulthess von der SGV fordert zudem, dass „die Politik auch rasch über à-fonds-perdu-Beiträge redet, um der betroffenen Wirtschaft das Planen zu erleichtern.“
Massnahmen des Bundesrats werden überwiegend positiv beurteilt
Die Massnahmen, die der Bundesrat am 20. März beschlossen hat, werden allgemein begrüsst. So würden die Bedürfnisse einerseits gut abgedeckt und andererseits erstaunlich unbürokratisch gehandhabt, so Christoph Egger von der Schilthornbahn. Und auch Marcel Waldis von den Rigi Bahnen findet, dass der Bundesrat schnell reagiert und gute Instrumente eingesetzt habe.
Nicht ganz so positiv beurteilt Silvio Schoch von Sunstar die Massnahmen aus Bern. Es hätte Unklarheiten und Unstimmigkeiten in Bezug auf die Schliessung der Hotels zwischen Bund und Kantonen gegeben. „Es macht doch keinen Sinn, dass Ferienhotels in Bergdestinationen geöffnet sein könnten, wenn Bergbahnen, die Restauration und die Wellnessanlagen von den Gästen nicht benutzt werden dürften. Da will doch keiner, auch wenn er könnte, in die Ferien gehen.“