Für die Schilthornbahn AG kommt die Corona-Krise zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, steht doch mit dem Projekt Schilthornbahn 20XX die grösste Investition der Unternehmensgeschichte vor der Tür. So muss auch ein wichtiges Vorprojekt um ein Jahr verschoben werden, um die Liquidität des Unternehmens nicht weiter zu belasten. Dafür fällt immerhin der Blick auf die Geschäftszahlen 2019 positiv aus.
Transportzahlen steigen
Die Schilthornbahn AG konnte im Geschäftsjahr 2019 an die Erfolge des Vorjahres anknüpfen und die Zahlen sowohl im Sommer- als auch im Wintergeschäft halten. Die Frequenzen auf allen Transportanlagen stiegen um 2,5% auf 5.7 Mio. Wie der Medienmitteilung zum Geschäftsjahr 2019 zu entnehmen ist, sank der Ertrag gegenüber dem Vorjahr jedoch um 0,8% auf 30.7 Mio. CHF und das EBITDA um 9,2% auf 9.2 Mio. CHF. Der Jahresgewinn liegt mit 0.2 Mio. CHF deutlich unter den 1.7. Mio. von 2018.
Rund eine Mio. CHF dieser Differenz kommt durch höhere Abschreibungen und das Wegfallen eines ausserordentlichen Ertrages gegenüber 2018 zustande. Obwohl die Auswirkungen der Corona-Pandemie die Cashflows in naher Zukunft stark beeinträchtigen werden und hohe Investitionen für das Projekt Schilthornbahn 20XX bevorstehen, will der Verwaltungsrat der Generalversammlung eine Dividendenausschüttung von 10 CHF je Aktie (Vorjahr 40 CHF) vorschlagen. Die Reduktion der Dividende signalisiert jedoch eine gewisse Vorsicht.
Projektbeginn verzögert sich
Eigentlich hätte im Sommer dieses Jahres die erste Etappe der Wasserversorgung im Rahmen des Neubauprojektes Schilthornbahn 20XX realisiert werden sollen. Eigentlich, denn wie das Unternehmen in einer Medienmitteilung zum Wochenstart mitteilte, wird der Baubeginn um ein Jahr nach hinten verschoben. Da aufgrund der Corona-Pandemie der Bahn- und Gastronomiebetrieb beinahe komplett stillsteht, will die Geschäftsleitung die Liquidität des Unternehmens nicht zusätzlich belasten. Das Projekt kostet rund 3 Mio. CHF und muss vor Baubeginn des Projekts Schilthornbahn 20XX fertiggestellt sein, um Koordinationsprobleme auf den Baustellen Birg und Schilthorn zu vermeiden. Gemäss CEO Christoph Egger ist die erste Etappe der Wasserversorgung auf der Strecke Schiltalp-Birg neu für den Sommer 2021 vorgesehen, die zweite Etappe Birg-Schilthorn für 2022.
Das Projekt Schilthorn 20XX stellt mit einem Bauvolumen von 90 Mio. CHF die grösste Investition in der Unternehmensgeschichte dar. Dabei wird die Schilthornbahn etappenweise entlang der Strecke Stechelberg-Mürren-Birg-Schilthorn Piz Gloria erneuert, um Kapazitäten zu erhöhen und die Bahn auf den neusten Stand der Technik zu bringen. Planmässig sollte das Grossprojekt 2026 abgeschlossen sein. Laut Christoph Egger werden jedoch zeitliche Verzögerungen in Kauf genommen, wenn dadurch ein gutes Projekt und ein wirklicher Mehrwert realisiert werden kann.
Wechsel im Verwaltungsrat
Nicht nur die Bahn wird erneuert, sondern auch im Verwaltungsrat steht ein Generationenwechsel bevor. Präsident Peter Feuz und Mitglied Emil von Allmen treten zurück; als Nachfolger sind Christoph Feuz und Franziska Gertsch vorgesehen. Der bisherige Vizepräsident Johannes Stöckli soll das Präsidium übernehmen. Gemäss Statuten konstituiert sich der Verwaltungsrat selbst und wird diese Wahl unmittelbar nach der Generalversammlung vom 19. Juni vornehmen.
Fazit
Der Schilthornbahn AG stehen einige anspruchsvolle Jahre bevor. Für das Unternehmen kommt die Corona-Krise zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Die Investitionen in Höhe von 90 Mio. CHF für das Neubauprojekt hätten schon bei normalem Geschäftsverlauf eine Herausforderung dargestellt. Zur Bewältigung sind nebst einer erfolgreich getätigten Kapitalerhöhung und Kreditaufnahmen auch Zuweisungen aus den laufenden Cashflows einberechnet. Letztere werden jedoch in naher Zukunft unter der Corona-Krise leiden. Gerade die Gäste aus Asien und Amerika haben in der Region in den letzten Jahren nochmals an Bedeutung gewonnen. Momentan zeichnet sich jedoch zusehends ab, dass mit diesen Märkten frühstens ab 2021 wieder zu rechnen ist. Auch ein mögliches Wachstum der Anzahl Schweizer Gäste aufgrund von internationalen Reisebeschränkungen wird diese Ausfälle nicht kompensieren können.
Dass in der aktuellen Lage die Liquidität der Firma nicht durch zusätzliche Investitionen belastet werden soll und deshalb der Baubeginn der Wasserversorgung verschoben wurde, ist sicherlich sinnvoll. Angesichts des kleinen Volumens des Projekts im Verhältnis zum Gesamtprojekt (3 Mio. CHF gegenüber 90 Mio.) kommt jedoch die Vermutung auf, dass die Liquidität der Schilthornbahn AG für die Projektzeit eher knapp berechnet ist. Da der Geschäftsbericht 2019 noch nicht veröffentlicht ist, kann eine genauere Einschätzung der Situation mangels ausführlicher Zahlen nicht vorgenommen werden.
Die auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der BEKB gehandelte Aktie der Schilthornbahn AG hat seit Jahresbeginn um rund 14% ihres Wertes verloren. Trotz der schwierigen Lage will die Schilthornbahn AG nach wie vor eine Dividende auszahlen, wohl auch um das Vertrauen der Aktionäre nach der Kapitalerhöhung vom letzten Jahr nicht zu verlieren. Die stark gekürzte Dividende von 10 CHF entspricht auf Basis des letzten Kurses von 1’700 CHF einer tiefen Rendite von 0,6%. Angesichts der anstehenden Investitionen ist es nicht zu erwarten, dass die Dividende bereits in den nächsten Jahren wieder ihr altes Niveau von 40 CHF je Aktie erreichen wird.