Bernexpo Holding: Verkaufsertrag der Messepark Bern ist eine wichtige Liquiditätsspritze

Messegesellschaft erwartet in 2019 einen grossen Verlust.

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Die Bernexpo Gruppe ist in diesen Tagen auf allen Kanälen präsent. Schliesslich finden in den Berner Messehallen die Sommersessionen von National- und Ständerat sowie des Berner Kantonsparlaments unter Corona-Bedingungen statt. Obwohl Geschäftsführerin Jennifer Somm sehr stolz darauf ist, dass sie mit ihrem Team einen Ersatz für das Bundeshaus und das Berner Rathaus schaffen konnte, räumt sie auch ein, wie schwer die Corona-Pandemie das Berner Traditionsunternehmen getroffen hat. Bei ihren Kunden herrsche grosse Verunsicherung darüber, ob sie Messen durchführen sollen oder nicht.

Somm unterscheidet dabei zwischen Publikumsveranstaltungen und Fachmessen. Für Fachmessen bestehe auch in Corona-Zeiten eine Nachfrage, da sie als Absatzkanal viel zu einer raschen Erholung der jeweiligen Branche beitragen könnten. Zudem sei die Rückverfolgbarkeit der Besucher dank Akkreditierungen besser umsetzbar als bei grossen Publikumsanlässen. Daher wird die Fachmesse Ornaris schon Anfang September wieder in Bern stattfinden. Doch Somm macht sich angesichts der vielen Unsicherheiten auch keine Illusionen: «Wir sind darauf vorbereitet, dass wir bis Jahresende Veranstaltungen nur sehr eingeschränkt und unter Einhaltung strenger Schutz- und Hygienemassnahmen durchführen können».

Verkauf der Messepark Bern AG mitten im Lockdown

Die Beschränkungen durch die Corona-Pandemie kommen für die Bernexpo Groupe zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Denn das Unternehmen befindet sich in einer Transformationsphase. Vor zwei Jahren kündigten Verwaltungsrat und Management an, sich nur noch auf das Kerngeschäft Messen und Kongresse fokussieren zu wollen. Die Messehallen und Anlagen sollten verkauft werden. Diese sind im Besitz der Tochtergesellschaft Messepark Bern AG, an der die Bernexpo 77,6% hält. Nach längeren Verhandlungen gab die Bernexpo Groupe Ende Mai bekannt, dass der Immobilienentwickler HRS, die Versicherungen Mobiliar und Visana sowie die Securitas Anfang Juli 45% der Messepark Bern AG übernehmen werden. Spätestens im 1. Quartal 2021 möchte die Bernexpo Groupe ihren Anteil an der Tochter, der nach der Transaktion nur noch 32,6% beträgt, weiter auf unter 20% reduzieren.

Die neue Festhalle soll ein Generationenprojekt für Bern werden. Bild: bernexpo.ch

Dieser Schritt steht im Zusammenhang mit der Realisierung einer neuen Festhalle für bis zu 8500 Personen, an deren Finanzierung sich auch Stadt und Kanton Bern mit je 15 Mio. CHF beteiligen sollen. Allerdings ist für das Projekt noch die Zustimmung der städtischen und kantonalen Räte sowie des Stadtberner Stimmvolkes Anfang März 2021 notwendig. Sofern die öffentliche Hand grünes Licht für die Finanzierung gibt, werden auch die Aktionäre der Messepark Bern den nächsten Finanzierungsschritt vornehmen. Geplant sei ein Mix aus Eigen- und Fremdkapital, sagt Bernexpo-Finanzchef Bruno Battaglia auf Nachfrage von schweizeraktien.net. Voraussichtlich wird die Messepark Bern AG auch eine Kapitalerhöhung durchführen, an der sich die Bernexpo ebenfalls beteiligt.

Vorerst wohl keine Ausschüttung an die Aktionäre

Auch wenn durch den Verkauf der Anteile an der Messepark Bern ein zweistelliger Millionenbetrag an die Bernexpo Holding fliessen wird, können die Aktionäre nicht mit einer Sonderausschüttung rechnen. Wegen der weggefallenen Umsätze durch die Corona-Krise setzt das Unternehmen derzeit die Priorität auf die Erhaltung der Liquidität. Hier kommt die Finanzspritze aus dem Verkauf der Messepark-Anteile gerade recht. «Der Lockdown trifft uns voll», sagt Jennifer Somm. Um weiterhin Löhne und die anderen laufenden Kosten zahlen zu können, mussten Kurzarbeit und auch Corona-Notkredite beantragt werden.

Die Frage, ob ein Teil des Verkaufsertrags an die Aktionäre zurückgeführt werden könnte, hat aktuell keine Priorität. «Der Verwaltungsrat hat diesbezüglich noch keinen Entscheid getroffen», berichtet die CEO. Im Gespräch mit den grösseren Aktionären der Gesellschaft hätte sich allerdings gezeigt, dass die Sicherung des Kerngeschäftes und die Weiterentwicklung des Unternehmens in die Zukunft wichtiger sei als einmalige Ausschüttungen.

Grosse Verluste erwartet

Nach einem mässigen Geschäftsjahr 2019 muss sich die Bernexpo Gruppe mindestens für diese Jahr auf einen hohen Verlust einstellen. Schon 2019 fielen die Geschäftszahlen schwächer als im Vorjahr aus, was die Gesellschaft mit dem Turnus einiger Messen begründete. Der Umsatz erreichte nur noch 49.7 Mio. CHF; ein Rückgang von 20,6% gegenüber dem Vorjahr. Auch unter dem Strich verdiente der Messeveranstalter in 2019 weniger. Das operative Ergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) erreichte 8.8 Mio. CHF (Vorjahr: 11.0 Mio. CHF). Und auch der konsolidierte Reingewinn lag mit 2.1 Mio. CHF um fast 36% unter dem Vorjahreswert. Positiv ist allerdings, dass die EBITDA-Marge mit 17,6% gehalten werden konnte.

Trotz Kurzarbeit und einigen wenigen Events wie den Rats-Sessionen und dem Corona-Testcenter werden die finanzielle Auswirkungen im laufenden Jahr sehr gross sein. Dennoch lässt sich Jennifer Somm von diesen schwierigen Aussichten nicht einschüchtern. Sie propagiert Lösungen für Covid19-sichere Tagungen, bei denen sie auf die Erfahrungen aus den Sessionen für die Landes- und Kantonsregierung zurückgreifen kann. Auch setzt sie noch stärker auf digitale Formate der bewährten Messen. Dies mache die Live-Begegnungen noch kostbarer. Auch die beliebte Publikumsmesse BEA soll in 2021 wieder stattfinden. Dass sich das Publikum von diesem Messetyp nach der Corona-Zeit komplett verabschiedet, glaubt sie nicht. «Persönliche Begegnungen bleiben wichtig», ist Jennifer Somm überzeugt.

Fazit

In den letzten drei Jahren hat die Bernexpo Groupe im Gegensatz zu ihren Wettbewerbern, wie der deutlich grösseren und börsenkotierten MCH Gruppe, Fortschritte im Transformationsprozess gemacht. Es wurden neue Messeformate wie das Herofest lanciert, der Plattformgedanke umgesetzt und am Verkauf des Immobilienportfolios gearbeitet. Diese Schritte hätten sich nun in 2020, spätestens aber im kommenden Jahr auch für die Aktionäre auszahlen sollen. Doch die Corona-Pandemie macht den ganzen Aktivitäten einen Strich durch die Rechnung. Auch wenn sich digitale Veranstaltungsformate als Alternative zu «physischen» Events anbieten, so stellt sich angesichts der Vielfalt an digitalen Angeboten nicht nur die Frage nach der Differenzierung, sondern auch nach der Finanzierung. Anbieter und Kunden werden auf digitalen Plattformen wohl, wenn überhaupt, nur einen Bruchteil der Gebühren zahlen, die sie in einen «physischen» Auftritt investieren.

Die Messebranche steht hier vor einer ähnlichen Herausforderung wie die Medienindustrie seit mittlerweile zehn Jahren. Gerade bei Fachmessen können digitale Angebote die «physischen» Messen nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Denn ein Ausprobieren von Baumaschinen, Caravans oder speziellen Anlagen ist digital nicht möglich. Für einen generellen Abgesang auf Messen wäre es daher zu früh.

Erfreulich ist, dass es die Bernexpo Groupe trotz der Corona-Zeit geschafft hat, den Teilverkauf des Anlagevermögens zum Abschluss zu bringen. Dies verschafft ihr nicht nur flüssige Mittel, die sie in der aktuellen Krise gut brauchen kann. Es zeigt auch, dass am eingeschlagenen Kurs festgehalten und an ein starkes Veranstaltungsgeschäft in Bern geglaubt wird.

Der Kurs der Bernexpo-Aktie auf OTC-X hat seit Beginn der Corona-Pandemie kräftig an Wert verloren. Chart: otc-x.ch

Ob und vor allem wann sich die Transaktion auch für die Aktionäre auszahlt, ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer abzuschätzen. Die Eigenkapitalquote ist mit 65,9% solide und dürfte mit dazu beitragen, dass die Gesellschaft die Krise gut überstehen kann. Der Buchwert lag per Ende 2019 bei 635 CHF je Aktie, während die Titel ausserbörslich auf OTC-X für 400 CHF gehandelt werden. Ein grosser Teil des ausgewiesenen Anlagevermögens der konsolidierten Rechnung in Höhe von 64.7 Mio. CHF dürfte die Liegenschaften in der Messepark Bern AG umfassen. Es ist zwar nicht zu erwarten, dass die neuen Aktionäre einen deutlichen Aufpreis auf den in der Bilanz ausgewiesenen Wert gezahlt haben. Allerdings sollte die Transaktion der Bernexpo ausreichend Luft für ein oder zwei schwierige Jahre verschaffen.

Wichtig erscheint jedoch, dass die zufliessenden Mittel umsichtig investiert werden und diese in Zukunft Mehrwert für die Bernexpo schaffen.

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