Das Geschäftsjahr 2019 der Loeb Holding stand ganz im Zeichen des Umbaus des Haupthauses in Bern. Durch dadurch bedingte Einschränkungen der Verkaufsfläche ging der Umsatz im Vorjahresvergleich um 8,8% zurück auf 74.6 Mio. CHF. Dank eines hervorragenden Finanzergebnisses resultierte unter dem Strich trotzdem ein erfreulicher Gewinn von 5.0 Mio. Dieses gute Ergebnis erlaubt denn auch die Ausschüttung einer zum Vorjahr unveränderten ordentlichen Dividende von 5 CHF je Namenaktie Serie B und Partizipationsschein sowie die statutarische Vorzugsdividende von 0.15 CHF je PS. Auf die ursprünglich geplante Sonderdividende wird wegen der unsicheren Lage verzichtet. Denn kaum ein halbes Jahr nach Abschluss des Umbaus musste Loeb seine Warenhäuser wegen der Corona-Pandemie bereits wieder schliessen. Im Interview geben die VR-Delegierte Nicole Loeb und Finanzchef Franz Wittwer Auskunft darüber, wie Loeb diese zweimonatige Schliessung erlebt und überstanden hat. Ausserdem erklären sie, wie es um die Detailhandelsbranche steht.
Erstmals in der bald 140-jährigen Geschichte Ihres Unternehmens mussten die Warenhäuser aufgrund der Corona-Krise für längere Zeit geschlossen werden. Wie haben Sie diese rund zwei Monate der Schliessung erlebt, und welche Folgen wird diese für Loeb haben? Loeb Lebensmittel und der Lidl in Biel hatten ja geöffnet.
Nicole Loeb: Wir hatten eine gewisse Vorwarnzeit, da wir doch davon ausgingen, dass sich das Virus von Italien aus auch in die Schweiz ausbreiten würde. So begannen wir uns rund eine Woche vor dem Lockdown auf die Schliessung vorzubereiten. Aus der Zeit der Vogelgrippe hatten wir bereits einen Epidemieplan, in dem beispielsweise Hygienemassnahmen geregelt waren. Um die Kommunikation mit all unseren Mitarbeitenden sicherzustellen, haben wir eine interne Kommunikations-App lanciert, die den Informationsfluss gewährleistet hat. Trotz aller Vorbereitungen war der Anblick des leeren Warenhauses anfangs gefühlsmässig ein Schock und sehr bedrückend. Loeb Lebensmittel wirtschaftete während des Lockdowns auf sehr zufriedenstellendem Niveau. Lidl in Biel verzeichnete wegen den geringeren Frequenzen in der Stadt etwas tiefere Umsätze. Unter dem Strich rechnen wir mit Umsatzeinbussen im zweistelligen Millionenbereich während dieser zwei Monate.
Wie war die Situation für Ihre Mitarbeitenden?
Im Verkauf mussten alle Mitarbeitenden ausser den Abteilungsleitern gleich nach der Schliessung zuhause bleiben. Die Abteilungsleiter versuchten, den Kontakt zu den Kunden mittels Telefon-Bestelldienst, Facetime-Beratungen usw. aufrechtzuerhalten und auf Bedürfnisse der Kunden zu reagieren. Bis auf eine Grundbelegschaft für Administration und Verwaltung mussten wir für alle Mitarbeitenden Kurzarbeit beantragen, konnten ihnen jedoch, dank unserer patronalen Stiftung, den vollen Lohn auszahlen.
Wie haben Sie die zweimonatige Schliessung der Warenhäuser genutzt?
Hauptsächlich für Renovationsarbeiten. Der Umbau in Biel ging schneller voran, und in Thun wurde die Gebäudefassade erneuert. Dazu kamen zu tätigende Garantiearbeiten im Haupthaus Bern.
Franz Wittwer: Für die Bauprojekte war die Schliessung sicherlich ein Vorteil. All diese Arbeiten sind natürlich bedeutend einfacher durchzuführen, wenn der Betrieb stillsteht.
Erwarten Sie im Immobilienbereich eine Reduktion der Mieteinnahmen, insbesondere bei den Renditeimmobilien in der Imlo Immobilien AG?
Wir müssen uns da an die Vorgaben des Gesetzgebers halten. Rund 85% unserer Mieter fallen unter die gesetzlichen Regeln zum Gewerbemieterlass während Covid-19, was laut aktuellem Stand einen Mieterlass von 60% bedeuten würde. Im Normalfall bezahlen unsere Mieter eine umsatzabhängige Miete, wobei jedoch ein gewisser Mindestbetrag festgelegt ist. Der Mieterlass wird den gewerblichen Mietern auf dieser Mindestmiete gewährt. Ein definitiver und verbindlicher Beschluss des Bundesrats zum Mieterlass ist jedoch erst in der Wintersession zu erwarten.
Nicole Loeb: Mietverträge sind immer auch partnerschaftliche Verhältnisse, und uns ist daran gelegen, unseren Mietern zu helfen und Konkurse und Zahlungsausfälle zu verhindern. Von Streitereien profitiert im Endeffekt niemand.
Seit dem 11. Mai sind die verschiedenen Loeb-Verkaufsstellen wieder geöffnet. Wie verlief der erste Monat post-Corona?
Der erste Monat nach Wiedereröffnung hat uns positiv überrascht. Im Voraus war nicht absehbar, ob sich die Leute überhaupt wieder in die Läden trauen würden. Der Betrieb setzte jedoch ansatzweise da wieder ein, wo er aufgehört hatte. Im Monat Juni liegen wir bezüglich den Umsatzzahlen sogar leicht über Budgetkurs. Ein gewisser Nachholbedarf nach der langen Phase ohne Einkaufsmöglichkeiten hilft da sicher mit.
Wie schätzen Sie die Entwicklung für den weiteren Verlauf des Geschäftsjahres 2020 im Warenhausbereich ein?
Eine Zukunftseinschätzung gleicht momentan einem Blick in die Glaskugel. Die leicht gestiegene Arbeitslosigkeit dürfte sich eher negativ auswirken, die Tatsache, dass Schweizer dieses Jahr vermehrt im Land bleiben werden, eher positiv.
Während des Lockdowns wurde vielerorts von einem Umdenken der Konsumenten zurück zu regionalen, nahen Einkaufsmöglichkeiten gesprochen. Das heimische Gewerbe solle gestärkt werden. Spüren Sie ein solches verändertes Kundenverhalten, und wie sehen Sie die weitere Entwicklung des Einkaufsverhaltens der Schweizer Konsumenten?
Das Bewusstsein für die Produktionsketten wurde sicherlich gestärkt, für die breite Masse wird jedoch wahrscheinlich der Preis nach wie vor wichtiger sein als nachhaltige Gedanken. Den Trend zum regionalen und nachhaltigen Konsum gab es aber bereits vor Corona, was sich bei den letzten Parlamentswahlen ja auch in der grünen Welle gezeigt hat. Bei Loeb arbeiten wir heute schon mit vielen lokalen Geschäften und Anbietern zusammen und sind in diesem Bereich gut aufgestellt. Wir bauen bewusst auf Nachhaltigkeit und Regionalität.
Seit längerem schon steht die Detailhandelsbranche im Konkurrenzkampf mit dem Online-Handel. Dieser hat durch die Corona-Krise noch zusätzlichen Schub erhalten, die digitale Transformation wurde beschleunigt. Wie behauptet sich Loeb als klassisches Präsenz-Warenhaus gegen den Online-Handel?
Die vielen Kunden, welche nach der Wiedereröffnung wieder in unsere Verkaufsstellen strömen, belegen, dass das physische Einkaufen für viele nach wie vor einen Mehrwert bietet. Viele Anbieter von Online-Shops hatten während des Lockdowns ebenfalls Probleme, rentabel zu wirtschaften. Gegen die grossen Spieler im Markt zu bestehen, ist äusserst schwierig und mit enorm hohen Investitionen verbunden. Wir verzichten deshalb bewusst auf eine eins-zu-eins-Abbildung unseres Warenhauses im Webshop.
Welche digitalen Angebote und weiteren Entwicklungen haben Sie in diesem Bereich vor? Werden Sie die Zusammenarbeit mit der Competec-Gruppe hier weiter ausbauen?
Wie gesagt, haben wir nicht vor, ein vollumfängliches Online-Sortiment anzubieten. Ausgewählte Hardware-Produkte sind schon heute über unseren Webshop erhältlich, und diesen wollen wir auch in näherer Zukunft modernisieren. Auf Textilprodukte verzichten wir konsequent, da durch die vielen Retouren und beschädigten Artikeln enorme logistische Aufwände entstehen. Auch während des Lockdowns vermochte dieser Bereich nicht zu überzeugen. Zalando beispielsweise hatte mit einem massiven Nachfragerückgang zu kämpfen, da mangels Anlässen schlichtweg keine neuen Kleider benötigt wurden. Bei unserem Webshop setzen wir mit der Competec-Gruppe auf einen starken Partner, der uns die Logistik und Softwarebetreuung abnimmt.
Wie sehen Sie generell die Zukunft des Detailhandels nach Corona? Welche Bedeutung kommt dabei auf die Innenstädte und damit auch auf Ihr Immobilienportfolio der Imlo zu?
Der stationäre Detailhandel ist schon zigmal für tot erklärt worden, und trotzdem ist er weiterhin am Leben. Aspekte wie Kundenbetreuung oder das physische Fühlen eines Produkts können digital nicht nachgeahmt werden und locken die Kunden weiterhin in die Detailhandelsgeschäfte. Deshalb rechne ich auch in Zukunft nicht mit ausgestorbenen Innenstädten ohne Geschäfte, weil alles online eingekauft wird.
Im letzten Jahr haben Sie das Loeb Warenhaus in Bern umgebaut. Wie wurde das neue Angebot aufgenommen? Mit der Eventküche und dem Nähatelier setzten Sie ja bewusst auf Erlebnisse.
Unsere Erlebniswelten kommen bei den Kunden sehr gut an und werden auch rege genutzt. Dies zeigt uns, dass unsere Strategie, auf Nähe zum Kunden Wert zu legen, grundsätzlich richtig ist. Nicht umsonst wollen wir das persönlichste Warenhaus der Schweiz sein.
Mit dem Immobilienportfolio verfügt die Loeb Gruppe neben dem Detailhandel über ein zweites Standbein. Durch die betriebliche Nutzung eines Teils der Immobilien (Warlo) sind die beiden Bereiche stark miteinander verknüpft. Wie soll das Zusammenspiel zwischen Detailhandel und Immobilien künftig aussehen?
Hier sind keine grossen Änderungen vorgesehen. Wir bleiben bei den zwei Gesellschaften, wovon eine für unsere eigene betriebliche Nutzung da ist und eine ihre Liegenschaften vermietet.
Franz Wittwer: Generell wären wir Zukäufen nicht abgeneigt, im aktuellen Marktumfeld können und wollen wir aber nicht mit anderen Bietern mithalten, welche sich mit relativ tiefen Renditen zufriedengeben.
Per Ende 2019 verfügte die Loeb Gruppe über Wertschriften in Höhe von gut 30 Mio. CHF. Wie hat sich das Portfolio nach dem wilden Jahresbeginn an der Börse entwickelt?
Unser Portfolio ist gut diversifiziert, und dementsprechend sind wir relativ glimpflich davongekommen. Per Ende Mai sind wir noch um rund 2,4% im Minus, was doch einiges besser ist als beispielsweise die Performance des SMI.
Wie sieht die weitere Strategie im Wertschriften-Bereich aus?
Die Strategie bleibt unverändert. Während der Krise mussten wir auch keine Titel verkaufen, um die Liquidität sicherzustellen. Der Aktienmarkt ist nach wie vor attraktiver als beispielsweise der Immobilienmarkt, und so sehen wir aktuell keinen Anlass, unsere Strategie zu ändern.
Der häufig gehandelte Partizipationsschein weist einen letztbezahlten Kurs von 225 CHF auf, während der Buchwert bei rund 370 CHF liegt. Was werden Sie unternehmen, um die Differenz zu reduzieren?
Wir haben keine Intention, unsere Strategie dem Marktkurs anzupassen. Der OTC-Markt hat sich ja auch in dieser Krise wieder stabil präsentiert, schnelle Kursveränderungen sind somit ohnehin nicht realistisch.
Ursprünglich war dieses Jahr eine Reduktion der Eigenmittel durch eine Sonderdividende vorgesehen. Durch die unsichere Lage wurde diese jedoch wieder gestrichen. Können Aktionäre und PS-Besitzer in absehbarer Zeit mit dieser Sonderdividende rechnen?
Unsere Eigenkapitalquote ist unverändert komfortabel, weshalb wir grundsätzlich unsere Strategie nicht ändern wollen. Aufgrund der unsicheren Lage können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine verlässliche Aussage über eine allfällige Sonderdividende machen. Wir wollen unseren Investoren für ihr Vertrauen jedoch auch etwas zurückgeben, weshalb diese Sonderdividende sicher nicht ganz vom Tisch ist.
Vielen Dank für das Gespräch.
Die Namenaktien -B- und die stimmrechtslosen Partizipationsscheine (PS) der Loeb Holding AG sind auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gelistet. Nennenswerte Umsätze finden vor allem beim PS statt. Zuletzt wurden 225 CHF für einen PS und ebenfalls 225 CHF für eine Namenaktien B bezahlt.
Mitarbeit: Daniel Eichenberger