Nach sechs Monaten haben sich die meisten Börsen zwar noch nicht ganz, aber doch zum grossen Teil von den herben Verlusten im März und April erholen können. Der richtungsgebende US-Index S&P 500 verzeichnet gerade noch ein Minus von 4%, der Technologie-Index Nasdaq ist dagegen seit Jahresbeginn um 12,1% auf ein neues Rekordhoch bei über 10‘000 Punkten geklettert. Der SPI kann mithalten mit einer Performance von -2%. Unser Vergleichsindex für die kotierten Schweizer Aktien, der SPI Extra, liegt noch mit 6,7% hinten. Der OTC-X Liquidity zeigt ein Minus von 5,9%.
Erfolgreicher Spin-off von V-Zug
Das Ereignis des Monats war die fortgesetzte Kurserholung der Metall Zug-Aktie und das erfolgreiche Spin-off der Tochter V-Zug an der SIX Swiss Exchange. Pro Metall-Zug-A-Aktie, die auf OTC-X gehandelt wird, gab es eine V-Zug-Aktie als Sachdividende. V-Zug wurde erstmals am 25. Juni gehandelt. Zum Monatsultimo liegt der Kurs bei 78 CHF. Die Metall-Zug-Aktie war vor dem Spin-off bis auf 235 CHF geklettert. Der Einfachheit halber wird zukünftig in der Favoritenliste unter Metall Zug der Kurs beider Aktien erfasst und die Performance auf Basis des addierten Wertes ermittelt. Stand 30. Juni liegt die Performance mit 3,7% im positiven Bereich. Die Transaktion hat somit für die Aktionäre sogar kurzfristig Wert geschaffen. Am 30. Juni meldete Metall Zug auch eine weitere Übernahme in den USA. Die Tochter Schleuninger erwirbt die Cirris Systems, die mit Test- und Prüftechnologien 13.5 Mio. USD Jahresumsatz verzeichnete.
Bernexpo – Messepark-Transaktion verschafft Luft
Deutlich erholt hat sich unter den OTC-X Aktien auch Bernexpo, die von 360 CHF auf 390 CHF anstieg. Den Hintergrund bildet der erfolgreiche Verkauf einer 45%-Beteiligung an der Messepark Bern AG, in der die Messehallen und Anlagen des Immobilienvermögens gehalten werden. Einer der Gründe für die Wahl von Bernexpo in die Favoritenliste war, vor der Pandemie, dass durch einen Verkauf oder Teilverkauf des Immobilienportfolios der schlummernde Wert der Gesellschaft sichtbar wird. Der Buchwert von 635 CHF zeigt immer noch die Diskrepanz. Allerdings wird es aufgrund des dramatischen Einbruchs des Event- und Messegeschäfts nun wohl keine Sonderausschüttung geben. Stattdessen wird die Liquidität erhöht, um handlungsfähig zu bleiben.
Weleda glänzt mit Umsatzanstieg in 2019
Wenig verändert waren Weleda, Bad Schinznach und WWZ. Weleda steigerte den Umsatz in 2019 um 4,1% auf 429.3 Mio. CHF, das EBIT gab jedoch um 5.2 Mio. CHF auf 15.9 Mio. CHF nach. Auf aktueller Kursbasis liegt das KGV knapp über 9, womit der PS unverändert attraktiv bewertet ist. Seit dem Stichtag 3. Januar hat der OTC-X Liquidity Index um 5,3% verloren, die fünf OTC-X-Aktien der Favoritenliste haben im Juni die Kluft verringert und liegen nun durchschnittlich um 6,2% im Minus.
Indizes vs. Baskets
Bei den fünf kotierten Aktien fällt die Zwischenbilanz ähnlich aus. Während der SPI Extra seit Jahresanfang um 7,2% verlor, erreicht die durchschnittliche Performance der fünf Favoriten nun -8%. Nur geringfügige Kursänderungen gab es im Juni bei Idorsia, SIG Combibloc und Ypsomed, die jeweils nahe den Kursen von Jahresanfang pendeln. Es gab auch keine News im Juni.
Konjunkturprogramm „European Green Deal“
Abwärts ging es dagegen bei Vetropack, die nun um 14,7% unter dem Einstandskurs liegt. Die Aktie bewegt sich jedoch schon seit drei Monaten, nach Überwindung der März-Tiefs, im Kursband zwischen 50 CHF und 62 CHF. Auch bei Vetropack gab es scheinbar keine kursbewegenden News. Mit dem Blick nach vorne ist jedoch der Start der europäischen Initiative „close the glass loop“ mit Vetropack als wichtigem Gründungspartner als Indikator und Teil eines langfristigen Wachstumsschubes für die verbliebenen Glashersteller zu sehen. Auf die Umbrüche in der Verpackungsindustrie und die entsprechenden Chancen für Investoren war auf schweizeraktien.net bereits im Dezember 2019 hingewiesen worden.
Recyclingquote bei Glas soll auf 90% steigen
Konkret geht es bei der Initiative nun darum, den von der EU verabschiedeten „European Green Deal“ in die Tat umzusetzen. Die Recyclingquote bei Glas beträgt europaweit 76% und soll bis 2030 auf 90% gesteigert werden. 12 europäische Verbände und zahlreiche Industrievertreter – das „who is who“ der europäischen Glasindustrie – sind neben den Regierungen der wichtigsten Mitgliedsländer die Inititiatoren, weshalb auch eine hohe und schnell entfesselte Durchsetzungskraft erwartet werden kann. Neben den Umweltaspekten und der Stärkung der Kreislaufwirtschaft können die Zielsetzungen jedoch auch als Konjunkturprogramm für die Glasindustrie verstanden werden.
Comeback von Glas
Glas ist auf dem Vormarsch, was jeder Investor selbst sehen kann. So werden im Zug-Bistro nun wieder Coca-Cola-Glasflaschen verkauft, statt, wie in den letzten Jahren, PET-Flaschen – und das ist nur ein richtungsweisendes Beispiel. Vetropack hat im Juni auch den prestigeträchtigen neuen Auftrag erhalten, für die bereits im 14. Jahrhundert gegründete Südtiroler Weinkellerei Birgl die neuen ästhetisch ansprechenden Borgognotta-Flaschen für den begehrten Pinot Bianco zu produzieren. Die 750-ml-Flaschen werden im Werk Trezzano sul Naviglio hergestellt.
Neue Wachstumsperspektiven nach Ende der Konsolidierung
Aus Börsianersicht zeichnet sich die Glasindustrie auch dadurch aus, dass ein über Jahrzehnte währender Konsolidierungsdruck zu einer sehr begrenzten Anzahl von relevanten Playern geführt hat und dass es sehr schwer wäre, einen neuen Konkurrenten aufzubauen. Glasherstellung ist kapital- und energieintensiv. Nur technologisch fortgeschrittene und CO2-neutrale Produzenten haben eine Zukunft. Dazu kommt, dass es immer noch viele Geheimnisse und Geheimverfahren gibt, die sich Branchenfremden nicht erschliessen. Die berühmten Glasbläser von Murano waren in venezianischen Blütezeiten zwar reich und gut gestellt, jedoch auch bei Androhung der Todesstrafe auf ihre bewachten Inseln in der Lagune verbannt, um sicherzustellen, dass das äusserst lukrative venezianische Monopol erhalten bleibt.
Schlusslicht TX Group
Leicht erholt hat sich die Aktie der TX Group, liegt aber immer noch mit 25,2% im Minus. Die ehemalige Verlagsgruppe setzt nun ab 1. Juli auch an der Unternehmensspitze die Neu-Organisation in vier eigenständige Tochterunternehmen um. Davon verspricht sich TX Group-Chef Supino eine höhere Agilität im „erst begonnenen Transformationsprozess“. Auch wenn vieles, vor allem der tiefe Kurs, auf einen „Liquidity Event“ wie ein Taking Private oder eine Übernahme hinweist, Supino weist in einem aktuellen Interview mit persönlich.com solche Pläne ebenso wie ein IPO von TX Markets, wie in der Schweizer Finanzpresse unterstellt, weit von sich.
In den kommenden Monaten wird schweizeraktien.net jede einzelne Aktie der Favoritenliste einmal gesondert evaluieren und die seit Jahresbeginn doch recht stark veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen sowie die weiteren Perspektiven kritisch be- und durchleuchten. TX Group wird einer der ersten Kandidaten sein, denn auf dem ermässigten Kursniveau ist der Value-Case umso attraktiver.
Kurs 03.01.2020 | Kurs 30.06. | Performance | |
SIG Combibloc | 15.50 | 15.33 | -1.10% |
Vetropack | 61.40 | 52.40 | -14.70% |
TX Group | 94 | 70.30 | -25.20% |
Idorsia | 30.52 | 30.30 | -0.70% |
Ypsomed | 131.80 | 134.20 | 1.80% |
SPI Extra | 4 667,89 | 4 330,17 | -7.20% |
WWZ | 14 000 | 13 600 | -2.90% |
Bernexpo | 465 | 390 | -16.10% |
Metall Zug A + V-Zug | 215 | 145 + 78 | 3.70% |
Bad Schinznach | 2 275 | 2 140 | -5.90% |
Weleda N-PS | 4 500 | 4 050 | -10.00% |
OTC-X Liquidity | 1 242,02 | 1 176,27 | -5.30% |
V-Zug wurde als Sachdividende 1:1 an die A-Aktionäre von Metall Zug verteilt und am 25.06. erstmals an der SIX gehandelt. Wir addieren die Kurse, um so die Performance des ursprünglichen Investments zu messen.