Bergbahnen Wildhaus: Schwarze Null in stürmischem 2019/20

Neue Chance für regionales Ticketangebot?

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Orkanartige Stürme mitten in der Hochsaison, ein coronabedingtes, frühzeitiges Saisonende und ein weiteres Kapitel im Toggenburger Bergbahnenkrieg. Das Geschäftsjahr 2019/20 der Bergbahnen Wildhaus AG (BWH) kann im wahrsten Sinne des Wortes als stürmische Zeit beschrieben werden. In Anbetracht dieser Widrigkeiten zieht das Unternehmen im aktuellen Geschäftsbericht eine positive Bilanz zum Abschluss mit einer schwarzen Null.

Die Bergidylle trügt. Orkanartige Stürme, Corona und der Nachbarschaftskrieg mit den Toggenburg Bergbahnen liessen das Geschäftsjahr 2019/20 der Bergbahnen Wildhaus zu einer stürmischen Zeit verkommen. Bild: Bergbahnen Wildhaus AG
Externe Einflüsse senkten Betriebsertrag

Der Betriebsertrag der BWH liegt im per 31. Mai abgeschlossenen Geschäftsjahr bei 5.9 Mio. CHF und somit um rund 15% tiefer als im Vorjahr. Verschiedene Faktoren beeinträchtigten den Betriebsertrag zu ähnlich grossen Teilen. Zum einen hielten orkanartige Stürme im Februar viele Tagesgäste von einem Besuch in Wildhaus ab. Dazu fiel der insbesondere für Familien wichtige Skilift Oberdorf Mitte Februar, also mitten in der Hochsaison, wegen Sturmschäden während zwei Wochen aus, bevor Ersatzanlagen angeschafft werden konnten.

Zum anderen war die vergangene Wintersaison die Erste ohne regionale Tickets, nachdem mit den Toggenburg Bergbahnen keine gemeinsame Lösung mehr gefunden werden konnte. Zwar trat die Befürchtung von massiven Umsatzeinbussen aufgrund der fehlenden Gesamtregion nicht ein. Gäste, welche zuvor jeweils die Gesamtregion genutzt hatten, wurden jedoch enttäuscht.

Zu guter Letzt fielen die letzten Wochen der Wintersaison durch die sich anbahnende Corona-Pandemie ins Wasser. Im Zuge der vom Bundesrat verordneten Schliessung der Skigebiete mussten auch alle geplanten Veranstaltungen abgesagt werden. Allein im März kam es so zu Umsatzausfällen von über 0.5 Mio. CHF, wie einer Medienmitteilung zum Geschäftsbericht zu entnehmen ist.

Auch Sommergeschäft unter Vorjahresniveau

Dies alles geschah, nachdem bereits die umsatzmässig im Vergleich zum Winter deutlich schwächere Sommersaison witterungsbedingt unter den Vorjahreszahlen geblieben war. So ging der Ertrag Personenverkehr Sommer um knapp 7% auf 0.3 Mio. CHF zurück. Dem Umsatzverlauf ansatzweise entsprechend vermochte das Ostschweizer Unternehmen dafür auch den Aufwand um knapp 10% auf 5.3 Mio. CHF zu senken. Das resultierende EBITDA von 0.7 Mio. CHF (-40%) reicht aus, um die betrieblich notwendigen Abschreibungen auf dem Anlagevermögen vollständig vorzunehmen. Unter dem Strich verbleibt ein Jahresgewinn im positiven Bereich von 12’073 CHF, welcher auf die neue Rechnung übernommen werden soll.

Wildhaus 2.0 verläuft nach Plan

Auf Kurs befindet sich das Investitionsprojekt Wildhaus 2.0. Gemäss dem Geschäftsbericht soll die Einweihung der neuen 6er-Sesselbahn Freienalp wie geplant am 11. Oktober dieses Jahres über die Bühne gehen. Die Sesselbahn des Seilbahnherstellers Garaventa wird die erste des Typs „D-Line“ in der Schweiz sein und ist, gemäss Angaben der BWH, punkto Sicherheit und Komfort aktuell das Mass aller Dinge. Die Realisation des rund 12 Mio. CHF teuren Projekts beinhaltet unter anderem auch Optimierungen bei der technischen Beschneiung und den Rückbau von vier Skiliften im Bereich der neuen Sesselbahn zur Entlastung der Umwelt. Zur Finanzierung des Projekts wurden in den vergangenen drei Jahren Aktienkapitalerhöhungen über insgesamt 2.6 Mio. CHF durchgeführt.

Feindliche Übernahme abgewehrt

Mit Wildhaus 2.0 will sich die BWH als familienfreundliches Skigebiet für die Zukunft positionieren. Eine Zukunft, in welcher möglicherweise auch wieder ein gemeinsames Regionalticket mit der Toggenburg Bergbahnen AG Platz hat. Am 9. Mai 2020 zog das angrenzende Konkurrenzunternehmen das feindliche Übernahmeangebot per Inserat zurück. Der seit 2017 immer wieder verlängerte Übernahmeversuch zum Spottpreis von 25 CHF je Aktie (im ausserbörslichen Handel lag der Preis in diesem Zeitraum nie unter 170 CHF je Aktie) erhielt bereits den Titel Toggenburger Bergbahnkrieg.

Seit dem Waffenstillstand im Mai könnte die Tür für eine Zusammenarbeit und gemeinsame Tarife nun wieder offen stehen. Zumindest, wenn es nach Jakob Rhyner, Verwaltungsratspräsident der BWH, geht. Dieser informiert im Geschäftsbericht, dass die BWH keinen Grund sähen, wieso den gemeinsamen Toggenburger Gästen keine regionalen Tarife angeboten werden sollten. In dem Sinne appelliert er an die Aktionäre, diese Idee an der schriftlich stattfindenden Generalversammlung vom 12. September zu unterstützen. Möglicherweise steht das nächste Kapitel des Krieges also im Zeichen der Friedensschliessung.

Fazit

Verwaltungsratspräsident Rhyner schreibt im Geschäftsbericht zurecht von einer emotionalen Achterbahnfahrt im vergangenen Berichtsjahr. Stürme, Corona, der abgewehrte feindliche Übernahmeversuch und der erfolgreiche Start von Wildhaus 2.0 stehen für eine wahre Berg- und Talfahrt für das gesamte Unternehmen. Unter diesen Umständen darf die letztlich erwirtschaftete schwarze Null als durchaus positiv gewertet werden. Auch der Cashflow bleibt positiv, ist mit 610’000 CHF aber klar zu niedrig, um hohe Investitionen ohne weitere Finanzierung zuzulassen. Dank der durchgeführten Kapitalerhöhungen scheint die Finanzierung von Wildhaus 2.0 trotzdem sichergestellt zu sein. Dass das Projekt trotz der unsicheren Corona-Lage planmässig umgesetzt wird, ist auch ein Vertrauensbeweis des Unternehmens in die eigene Substanz.

Zu hoffen bleibt ein künftig friedlicheres Verhältnis mit den Toggenburg Bergbahnen. Die Wiederaufnahme eines gemeinsamen Tickets für die gesamte Region wäre durchaus wünschenswert, führt das Unternehmen doch ein Drittel der Umsatzeinbusse des vergangenen Jahres auf das fehlende Regionalticket zurück. Eine engere Kooperation der beiden Unternehmen bietet ausserdem beträchtliches Kostensenkungspotenzial . Ob dies jedoch tatsächlich geschieht, ist in Anbetracht der jüngeren Vergangenheit fraglich.

Die Aktien der BB Wildhaus werden äusserst selten gehandelt, was zu erratischen Kursstellungen führt. Chart: www.otc-x.ch

Die Aktien der BWH werden ausserbörslich auf der Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Der letztbezahlte Kurs des äusserst selten gehandelten Titels beträgt 185 CHF, was deutlich unter dem ausgewiesenen Buchwert von 305 CHF liegt. Eine Bewertung auf Basis des Jahresgewinns oder des EBITDA ist aufgrund der ausserordentlichen äusseren Einflüsse nicht aussagekräftig. In Zukunft scheinen Resultate im Bereich vom Geschäftsjahr 2018/19 wieder realistisch, gerade auch, falls eine Wiederaufnahme der Kooperation mit den Toggenburg Bergbahnen zustande kommen sollte. Grosse Kursavancen sind kurzfristig nicht zu erwarten, da der Tourismus von der Corona-Krise doch stark gebeutelt wurde und wird. Auch mit der Aufnahme einer Dividendenzahlung sollten Anleger nicht rechnen. Zusammen mit der geringen Liquidität dürften sich die Titel der BWH somit nur für Anleger mit persönlichem Bezug zum Gebiet und zum Unternehmen als attraktiv erweisen.

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