Token statt Aktien: Wird Eigentum künftig digital aufbewahrt?

Webinar von schweizeraktien.net

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Kryptowährungen wie der Bitcoin, Infrastrukturen wie die Blockchain, ein Wertrecht wie der Token – wie können sich Unternehmen die digitalen Möglichkeiten zunutze machen?  Im zweiten, von schweizeraktien.net veranstalteten Webinar, stellte Björn Zern die Frage: „Sind digitale Wertrechte das nächste grosse Ding?“

Alle drei Speaker, ein Banker, ein Unternehmer und ein Infrastruktur-Provider, waren sich einig, dass Eigentum künftig verstärkt digital aufbewahrt und übertragen wird. So sei es in Zukunft denkbar, dass man mittels eines Token einen Anteil an einem Picasso oder an einem Oldtimer erwerben könne, so Peter Schnürer, CEO der Daura AG. Das mache den Token so revolutionär.

Die Teilnehmer des Webinars: Vladimir Cmiljavonic, Swiss Rockets; Alain Kunz, Bank Cler; Peter Schnürer, Daura, und Björn Zern, Moderator, schweizeraktien.net. Bild: schweizeraktien.net
Kein „Double Spending“

Zunächst warf Alain Kunz, seit kurzem Leiter Digital Assets der Bank Cler, einen kurzen Blick zurück auf die Entstehungsgeschichte der Kryptos, der Digitalwährungen wie z.B. dem Bitcoin. Und hob dabei die entscheidende Rolle der Blockchain hervor. Denn die Problematik in der digitalen Welt ist die der Vervielfältigung. Dateien, Videos, Podcasts – sie alle lassen sich mit ein paar wenigen Clicks kopieren. Wenn Geld digital fliesst, entsteht die Gefahr des „Double spending“. Mit der Blockchain ist diese Gefahr gebannt, es gibt kein „Copy paste“. In dem Moment, in dem Rechte an einen anderen übertragen werden, sind sie für den Veräusserer bzw. Verkäufer weg.

Dabei ist die Blockchain die Plattform, auf der z.B. Kryptos oder Token aufbewahrt und gehandelt werden. Schnürer zieht eine Parallele zum Internet. Nicht das Internet habe die Welt verändert, sondern Unternehmen wie Google, Amazon und Co. mit ihren Anwendungen. So sei auch die Blockchain wie das Internet „nur“ die Technologie, das Spannende seien die Anwendungen darauf, z.B. die fortschreitende Tokenisierung.

Fortschreitende Tokenisierung

Die von Schnürer geführte Daura AG ist ein Infrastruktur-Provider, auf dem sich die digitalen Rechte verwalten lassen. Diese digitalen Rechte, Eigenschaften und Funktionen sind im Token gespeichert, z.B. die Anzahl der Aktien, die von einem Unternehmen im Umlauf sind. Die Aktie sei also nichts weiter als ein Software-Produkt bzw. -Vermögenswert, so Schnürer.

Der Token sei das Spannende gerade für Start-ups und kleinere Unternehmen, die mittels Crowdfunding und Fundraising zu Kapital kommen müssten, erklärte Kunz. Denn Kapitalbeschaffung auf dem herkömmlichen Weg ist teuer. Auf dem digitalen Weg betragen die Kosten ein Bruchteil.

Digitale Vermögenswerte erlaubten geringe Transferkosten, die gerade für Micro-Investments interessant seien, sagt auch Schnürer. Darüber hinaus sei so der weltweite Zugang zu Investoren geebnet, Geschäfte liessen sich in Realtime abwickeln und die Verfügbarkeit auf einer digitalen Plattform betrage 7/24.

Digitale Aktienbücher

Schnürer spricht aber nicht nur Start-ups an, er will  vor allem auch Aktiengesellschaften zu einer digitalen Verwaltung ihrer Aktienbücher bewegen. „60% der Aktiengesellschaften halten ihr Aktienbuch nicht up to date“, gerade bei einer Kapitalerhöhung könnten hier Fehler fatal sein. Digital gebe es eine viel höhere Rechtssicherheit als in der analogen Welt.

Es verwundert daher nicht, dass immer mehr Banken in den Aufbau der Verwaltung von digitalen Vermögenswerten investieren. Gerade haben die Berner Kantonalbank (BEKB) und die Hypothekarbank Lenzburg den Ausbau ihrer dahingehenden Kooperation bekannt gegeben. Parallel dazu hat die BEKB, die mit ihrer elektronischen Handelsplattform OTC-X führend im Handel der nichtkotierten Schweizer Aktien ist, mit der Daura AG eine Absichtserklärung für die Schaffung eines digitalen Aktienbuches unterzeichnet. Dieses soll ebenfalls mit der neuen Handelsplattform verbunden werden. Urs Grunder, Leiter Handel BEKB, sagte im Interview mit schweizeraktien.net: «Digitale Wertrechte haben das Potenzial, eine neue Epoche einzuleiten.»

Vereinfachte und beschleunigte Prozesse

Für Vladimir Cmiljavonic, CEO des Life Sciences- und Medtech-Inkubators Swiss Rockets, ist diese neue Epoche bereits angebrochen. Aus seinen Erfahrungen über Finanzierungen von Start-ups kann er ein Lied über die damit verbundenen Kosten singen. So hat Swiss Rockets, das auf die Aufbaufinanzierung von Onkolgie-Unternehmen spezialisiert ist, für einen Hersteller von Krebsmedikamenten in vier Jahren 150 Mio. CHF eingesammelt. Dazu waren 10 Finanzierungsrunden nötig, der administrative Aufwand sei riesig, so Cmiljavonic. 50‘000 CHF veranschlagt er an Kosten für eine einzige Runde.

Deshalb sei er Kunde bei Daura, sowohl mit seinem Unternehmen Swiss Rockets als auch mit einigen seiner Beteiligungen. Er habe eine solche Plattform seit Jahren gesucht, denn er wolle vor allem eines: den Prozess beschleunigen und vereinfachen.

So auch für seine nächste Firma. Mit der Neugründung „Rocketvax“ und in Zusammenarbeit mit der ETH will er ein Second-generation Corona-Vakzin herstellen. Das Unternehmen solle aber in der Schweiz bleiben; die Gefahr sei gross, die Mehrheit zu verlieren, wenn sich Venture-Capital-Unternehmen z.B. aus den USA beteilige. Cmiljavonic setzt auch hier auf Daura, über die Plattform will er Partizipationsscheine herausgeben, in die jeder Schweizer von 1 CHF bis zu einer Million CHF investieren kann.

Fazit

Die Digitalisierung von Assets wird weiter voranschreiten, das Tempo wird zunehmen. Dabei kommt sicher den Millenials eine besondere Bedeutung zu, sind sie doch wesentlich aufgeschlossener gegenüber Bitcoin, Blockchain und Co. als die älteren Semester, von denen sich viele gerade mal so ans E-Banking gewöhnt haben.

Fragen der Sicherheit dürften dabei für die Anwender im Vordergrund stehen. Allerdings hat die Blockchain bisher bewiesen, dass sie eine sehr sichere digitale Speicher- und Transaktionstechnologie ist.

Für Start-ups, die z.B. über Crowdfunding den Aufbau ihres Geschäft finanzieren wollen, ist die Tokenisierung auf der Blockchain ein Segen. Viel weniger Zeit- und Kapitalaufwand ist vonnöten, als wenn sie sich im herkömmlichen Sinne mit Geld eindecken müssten.

Alteingesessene Aktiengesellschaften könnten den Weg zum digitalen Aktienregister ebenfalls einschlagen (auch angesichts der Verlässlichkeit eines digitalen Aktienregisters vs. eines analogen). Hier mag noch beim einen oder anderen die Vorsicht und der Respekt gegenüber neuen Technologien vorherrschen.

Die komplette Aufzeichnung des Webinars finden Sie hier: https://zoom.us/rec/play/PtYKdX9p1QtkP7Y972c09LHbXbPZuDyRZghK6HBVIPsgonlEQiI6U9uiouHgEaPXGQsBhOy3c9rGys8.J1LyKYXAEAZ2iWKq

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