Das Anlageziel des Schroder (CH) Swiss Small & Mid Cap Fund besteht hauptsächlich darin, einen langfristigen Kapitalzuwachs des investierten Vermögens zu erreichen. Der Anlagefonds mit einem Volumen von 250 Mio. CHF orientiert sich an der Performance des Swiss Performance Index Extra Total Return (SPIEX) und strebt an, den SPIEX als Benchmark zu übertreffen. Es wird eine angemessene Diversifikation angestrebt, indem in verschiedene Unternehmen und in verschiedene Sektoren investiert wird.
Herr Lenz, das Jahr 2020 war und ist gezeichnet von der weltweiten Pandemie. Was sind die Herausforderungen für einen Portfoliomanager in so unsicheren Zeiten und angesichts so volatiler Märkte?
Wir standen kurz vor dem Bersten der Technologieblase, als ich meine Karriere im Jahr 2000 als Aktienanalyst begann. Ich habe als Fondsmanager den lang anhaltenden Bärenmarkt von 2000-2003, die Finanzkrise, die Eurokrise 2011, den Schweizerfranken-Schock 2015 sowie weitere weniger gravierende Börsenrückschläge erlebt. Auch wenn jede Situation neu beurteilt werden muss, gibt es Gemeinsamkeiten, beispielsweise, dass Aktienmärkte in schwierigen Phasen zu starken Übertreibungen neigen. Dies gilt noch viel mehr für einzelne Titel als für den Gesamtmarkt. Für mich als langfristig orientierten Investor ergeben sich daraus immer äusserst attraktive Einstiegsmöglichkeiten. Das war auch diesmal nicht anders. So konnten wir im Frühling unter anderem Aktien wie SoftwareOne, ams oder Georg Fischer zu tiefen Kursen kaufen. Selbst Logitech, ein Gewinner der Pandamie, ist kurzfristig stark gefallen. Wir konnten dies für Zukäufe ausnützen. Seither hat sich die Aktie mehr als verdoppelt.
Sie haben im Jahr 2020 mit Ihrem Fonds mit +4,2% eine überzeugende Performance hingelegt, während der Benchmark SPIEX um 0,7% nachgab. Was sind die Gründe für diese Outperformance?
Wir konnten während der Marktkorrektur im ersten Quartal dank unseres Fokus auf Qualitätswerte besser als die Benchmark abschneiden. Während der Krise nutzten wir die Volatilität und ergänzten unser Portfolio mit stark gefallenen Werten. So konnten wir in der Folge die positive relative Performance ausbauen. Neben langfristigen Kernpositionen im Fonds wie Tecan, Logitech, BKW, Daetwyler oder VZ Holding haben auch die erwähnten Portfolioveränderungen im Frühling zum positiven Resultat beigetragen.
Bei unserem letzten Gespräch im Juli 2019 ging es bereits um die Übergewichtung Ihres Fonds in Industrietiteln. Weiterhin besteht fast ein Drittel ihrer Positionen aus solchen Werten. SFS, Georg Fischer und Schindler haben Sie seither ausgebaut. Was ist das Interessante an diesen Titeln?
Insgesamt finden wir im Schweizer Small & Mid Cap Universum sehr viele attraktive Qualitätsfirmen aus verschiedenen Branchen, aber auch zahlreiche im Industriesektor. Es handelt sich dabei meist um globale Marktführer mit starker Bilanz und gutem Management. Die Qualität vieler Firmen zeigt sich dieses Jahr eindrücklich: Trotz teilweise schwachen Endmärkten entwickelt sich die Gewinnsituation besser, als in einer solchen Krise hätte erwartet werden müssen. Unsere grössten Positionen im Industriesektor, Schindler, Daetwyler, SIG Combibloc, SFS und Georg Fischer, haben alle seit Mitte Juli 2019 eine positive Aktienperformance erzielt, die deutlich, teils um bis 75% über dem Index lag. Diese Übergewichte haben also für den Fondsinvestor Wert geschaffen.
Im Gegensatz zu den Industrietiteln haben Sie Finanztitel deutlich untergewichtet. Partners Group haben Sie zurückgefahren, dafür haben Sie Versicherer wie Baloise oder Helvetia ausgebaut. Werden Sie die Umschichtung von Finanzdienstleistern zu Versicherungsunternehmen weiter ausbauen?
Das Untergewicht im Finanzsektor kommt von unserem sehr kleinen Anteil im Immobilienbereich. Unsere grössten Gewichte halten wir in den Versicherern Baloise und Helvetia, gefolgt von VZ Holding und Cembra Money Bank. Bei den Versicherern haben wir jüngst dazugekauft, da sie aus unserer Sicht klar unterbewertet sind. Der Markt ist aber noch zurückhaltend und sieht momentan vor allem Anlagerisiken, z.B. durch mögliche höhere Schäden durch die Coronakrise. Deutlich reduziert haben wir Banque Cantonal Vaudoise – eine gute Firma, aber sehr teuer bewertet. Verkauft haben wir Partners Group, die in den SMI aufgenommen wurde und somit nicht mehr unserem Universum angehört. Wir sind da konsequent und investieren strikt nur in Firmen des Small&Mid-Cap-Segments.
Bleiben wir noch kurz bei der Untergewichtung. Auch Healthcare-Titeln geben Sie in Ihrem Fonds ein wesentlich geringeres Gewicht als im Benchmark. Was sind die Gründe für diese Strategie gerade in Zeiten, wo man der Ansicht sein könnte, dass Gesundheitstitel eher überzugewichten wären?
Wir investieren «bottom-up» in die aus unserer Sicht langfristig attraktivsten Firmen unseres Universums. Unsere wichtigsten Kriterien sind die Bewertung einer Aktie und die Qualität der Firma. Unsere grösste Position im Gesundheitssektor ist Tecan, die im Bereich Labor-Automatisierung und Diagnostik sehr gut positioniert ist und von der Pandemie profitiert. Daneben sind wir in Sonova, Galenica und Vifor Pharma investiert. Wir haben aber keine Biotech-Firma im Portfolio und sind nicht in Straumann investiert. Biotech-Firmen hängen von Erfolgen bei Produktentwicklungen ab, welche stets binär sind. Straumann ist von der Pandemie negativ betroffen, im Frühjahr sind die Umsätze für Dentalimplantate eingebrochen. Das Geschäft erholt sich nun wieder; die Aktie ist aber noch teurer bewertet als vor der Pandemie. Man zahlt 11-mal den Umsatz. Trotz respektablen Gewinnmargen von rund 20% wird also ungefähr 50-mal der kommenden Gewinn bezahlt. Entsprechend mager ist die Dividendenrendite von 0,6%.
Der stärkste Titel Ihres Fonds ist Logitech mit 5,4% Anteil am Fondsvolumen. Dazu sind Sie im vergangenen Jahr in ams eingestiegen. Bei Logitech sehen wir seit März nur eine Richtung, und die geht nach oben. Bei ams sind die Erwartungen etwas diffuser. Wie sehen Sie diese beiden Engagements?
Logitech halten wir schon lange in unserem Fonds. Die Firma ist ein klarer Gewinner der Pandemie, aber dies ist nicht der Grund, weshalb wir vor Jahren eingestiegen sind. Die Firma profitiert von Produktkategorien, die auch nach Corona weiter wachsen werden. ams haben wir im Frühling nach der Kapitalerhöhung zu attraktiven Preisen ins Portfolio aufnehmen können. Die Produktlebenszyklen bei ams sind kurz, für die nächsten 2 Jahre erwarten wir jedoch ein starkes Umsatzwachstum, u.a. dank Sensoren für Mobiltelefone. Nach der Akquisition von Osram ist der Automobilanteil bei ams deutlich höher als früher; von einer möglichen Erholung des Sektors würde die Firma zusätzlich profitieren.
Wenig Freude dürfte Ihnen Ihr Engagement in Flughafen Zürich bereiten, eine Aktie, die Sie vor gut einem Jahr noch positiv herausgestrichen hatten. Flughafen Zürich hat sich zwar nach dem Absturz im März wieder leicht erholt, ist aber immer noch um rund 30% unter ihrem Jahreshoch und gar um 45% unter dem Allzeithoch vor drei Jahren. Wie sehen Sie dieses Investment durch die Covid-19-Brille?
Wir haben den Grossteil unserer Position in Flughafen Zürich im Herbst 2019 verkauft, so weit, dass die verbleibende Position niemals mehr die vorher über Jahre erzielten Gewinne neutralisieren könnte. Der Grund dafür waren regulatorische Veränderungen, welche die Gewinnaussichten auf mittlere Sicht schmälerten.
Bleiben wir noch kurz beim Problemfall Luftfahrt. Sie haben sich von den Papieren des Duty-Free-Anbieters Dufry getrennt, was bei dessen Kursperformance gut nachvollziehbar ist. Wann würden Sie hier wieder Einstiegschancen sehen?
Die Risiken bei Dufry sind hoch. Die Umsätze sind um 70% eingebrochen, die Firma verliert jeden Tag Geld. Zudem ist Dufry hoch verschuldet. Natürlich, die Kapitalerhöhung verbessert die Finanzsituation leicht, und die angekündigte Partnerschaft mit Alibaba könnte sich langfristig positiv entwickeln. Die Hauptfrage für mich ist aber, ob sich das Geschäft von Dufry wieder erholt, bevor die Firma aufgrund der hohen Verschuldung wieder neues Aktienkapital braucht.
Gehen Sie davon aus, dass sich die Luftfahrt und ihre Industrien wieder auf ein Vorpandemie-Niveau erholen oder muss man langfristig davon ausgehen, dass sie strukturellen Schaden genommen haben und wir schon froh sein können, wenn wir 2021 50% des Verkehrsaufkommens von vor der Pandemie erreichen?
Industrieexperten gehen davon aus, dass sich die Luftfahrt erst 2023 oder 2024 wieder auf das Niveau vor Corona erholen könnte. Dabei wird sich der Privatkunde schneller erholen als der Geschäftskunde. Asien wird sich schneller erholen als Europa. In der Tat würde ich nicht ausschliessen, dass das Geschäftskundensegment strukturellen Schaden genommen hat.
Wir befinden uns kurz vor den US-Wahlen. Gehen Sie davon aus, dass die Wahlen überhaupt einen nachhaltigen Einfluss auf die Börsen haben werden? Oder ist nicht viel mehr entscheidend, wann ein weiteres Billionen-Konjunkturprogramm verabschiedet wird?
Die Aktienmärkte reagieren auf Unsicherheit. Da die Prognosen momentan ein ziemlich klares Resultat voraussagen, haben die Wahlen keinen grossen Einfluss. Für die Aktienmärkte bleiben die Politik der Zentralbanken sowie fiskale Stimuli die viel wichtigeren Einflussfaktoren. Insofern erachten wir den mittel- und langfristigen Ausblick für Aktien als positiv – eine Abkehr von der expansiven Zentralbankpolitik halten wir für äusserst unwahrscheinlich.
Herr Lenz, herzlichen Dank für dieses Gespräch.