Anfangs war die Diskussion noch verständlich und nachvollziehbar. Und die Argumente einleuchtend: Bewegung in der freien Natur ist gerade in Corona-Zeiten eine willkommene Abwechslung, das Infektionsrisiko auf den Skipisten gering. Und die Möglichkeit einer Ansteckung während der Bergfahrt in einer Gondel oder beim Anstehen am Lift mit Schutzmaske ist nicht grösser als im öffentlichen Verkehr. Für die Bergrestaurants lag ein für die Gastronomie bewährtes Schutzkonzept vor. Und sowieso: Eine ausgeprägte Après-Ski-Kultur wie in Österreich gibt es hierzulande nicht. Warum sollte also Wintersport in Corona-Zeiten in der Schweiz nicht möglich sein?
Politiker und Touristiker haben sich verrannt
Doch in der Diskussion um den Skitourismus haben sich Politiker und Vertreter der Tourismusindustrie verrannt. Zu lange hielten sie an ihren Mantras «Bei uns ist Skifahren sicher» und «Wir lassen uns von der EU nicht reinreden» fest. Diese Haltung ist zwar politisch sehr gut nachvollziehbar. Doch damit hat sich die Schweiz zwischenzeitlich selbst isoliert.
In kürzester Zeit wurden von den umliegenden Ländern Fakten geschaffen: Italien verhängt Reisesperren auch im Inland vom 21. Dezember bis 6. Januar. Frankreich will zurückkehrende Skitouristen für 7 Tage in Isolation schicken. Österreich verhängt sogar vom 7. Dezember bis 10. Januar eine zehntägige Quarantänepflicht für Reisende, die aus Risikoländern wie der Schweiz nach Österreich einreisen – auch für Rückkehrer. Mittlerweile ist auch Österreich eingeknickt und lässt die Hotels bis am 7. Januar geschlossen. Damit wird Skifahren in Österreich wohl nur als Tagesausflug für Einheimische möglich sein.
«Clean& save» ist die Schweiz schon lange nicht mehr
Dass die Schweiz über die Feiertage ausländische Skitouristen anziehen wird, ist somit nahezu ausgeschlossen. Kommt hinzu, dass unser Land immer noch zu den Ländern mit den weltweit höchsten Neuinfektionen gehört. Ein weiterer Rückgang der Zahlen ist derzeit nicht in Sicht. «Clean & save» ist das Land in puncto Covid-19 schon lange nicht mehr, auch wenn es die Touristiker immer noch so verkaufen.
Die hohen Infektionszahlen haben auch dazu geführt, dass sich das renommierte World Economic Forum (WEF) mit den Gedanken trägt, das diesjährige Treffen der Wirtschaftsbosse und Politgrössen nach Singapur zu verlegen. Plötzlich kämpfen jene Politiker, die sich noch für eine Öffnung der Skigebiete eingesetzt haben dafür, dass das WEF doch bitte in der Schweiz bleiben soll. Offenbar haben sie nicht gemerkt, was sie mit ihrer uneinsichtigen Haltung bei der Frage des Skitourismus ausgelöst haben. Einen Kompromissvorschlag in Richtung EU-Nachbarländer wäre vor einer oder zwei Wochen die richtige Reaktion gewesen.
Hoffentlich kein dauerhafter Image-Schaden
Es ist zu befürchten, dass das lange Beharren auf einer Öffnung der Skigebiete dem Image des Schweizer Tourismus mehr schaden wird, als es nutzt. Hoffentlich entsteht daraus kein dauerhafter Schaden für das Image des Tourismuslandes Schweiz.
Fazit
Ein kluger Entscheid wäre es nun, bis zum 10. Januar die Skigebiete nur für inländische Touristen zu öffnen. Dies mit den bewährten Schutzkonzepten, möglicherweise noch weiterführenden Restriktionen in der Berggastronomie. Da ein Urlaub im Ausland für Schweizer in diesem Winter ohnehin fast nicht möglich ist, dürften viele einheimische Gäste die vorhandenen Betten und Skipisten in den Bergregionen füllen. Werden die harten Massnahmen unserer Nachbarländer Mitte Januar aufgehoben und gehen die Infektionszahlen auch nachhaltig zurück, könnten ausländische Gäste in der verbleibenden Skisaison bis Mitte April wieder willkommen geheissen werden. Und dazu beitragen, dass die Skisaison 2020/21 weder zum Desaster für die Gesundheit der Gäste noch für die heimische Tourismuswirtschaft wird.
Transparenzhinweis: Der Autor des Beitrages ist seit zwei Wochen im Besitz eines Ski-Saisonabos und würde ein komplettes Schliessen aller Anlagen bis im Januar sehr bedauern.