Einmal wurde der Versuch in der Schweiz gemacht – und er ging fürchterlich in die Hose. Die Rede ist vom Börsengang des Zürcher Fussballclubs Grasshoppers Zürich 1997 und dem Ende des Spiels auf dem Börsenparkett im Jahr 2000.
In der Zeit des dreijährigen Listings lief vieles schief, zu hohe Ausgaben, ausbleibender sportlicher Erfolg und wechselndes Personal unter dem langjährigen Präsidenten und Sponsor Werner H. Spross führten dazu, dass die Aktien des Schweizer Rekordmeister am Ende nur noch „Altpapier“ waren, wie der „Beobachter“ schrieb.
Seither gab es keinen Spitzenverein mehr hierzulande, der den Schritt an die Börse gewagt hätte. Auf was ist das zurückzuführen? Wäre nicht gerade in Corona-Zeiten, wo den Profivereinen die Zuschauereinnahmen fehlen und die Sponsoren zurückhaltend sind, der Gang an die Börse der beste Weg, um an dringend benötigtes Kapital zu gelangen?
Kein IPO in Sicht
Vereinsverantwortliche winken ab. Der Präsident des FC Basel, Bernhard Burgener, stellt gegenüber schweizeraktien.net kurz und knapp fest: «Für mich kommt ein Going Public des FC Basel nicht in Frage. Die Anforderungen und Auflagen für eine Börsennotierung eines Schweizer Fussballclubs stehen in keinem realistischen Verhältnis zum Marktpotenzial im Schweizer Fussball.» Der Präsident eines anderen Schweizer Grossvereins, der ungenannt bleiben will, weist darauf hin, dass Sport ein emotionales und saisonales Produkt sei, das sich schlecht in die Quartals-Reportings der Analysten einfügen liesse. Und, da geht er mit Burgener einig, mit Sport sei in der Schweiz schlichtweg zu wenig zu verdienen.
Allerdings muss ein Listing nicht unbedingt teuer sein: Eine Alternative zu einem aufwendigen IPO an der SIX und dem grossen Aufwand im Bereich Reporting könnte z.B. eine Notierung auf OTC-X der BEKB sein. Im ausserbörslichen Handel auf der Plattform der Zürcher Privatbank Lienhardt und Partner werden Aktien der SCB Eishockey AG gehandelt, dem Vorgängerverein der SCB Group. Allerdings sind die Aktien zu 70% in Besitz der SCB Group und nur zu 30% in Publikumsbesitz bei sehr geringen Handelsvolumina. Die Aktionärs-Präsenz bei der jährlichen GV sei äusserst gering, sagt ein Insider, deshalb sei die Aktie für Kapitalerhöhungen untauglich.
Zwei Fussballvereine an der Börse, die unterschiedlicher nicht sein könnten
Etwas anders sieht das Bild in Deutschland aus. Hier gibt es zwei sehr unterschiedliche Vereine, die auf das Börsenparkett gegangen sind. Da ist zum einen Borussia Dortmund mit ihrem Börsengang im Jahr 2000 zu nennen.
130 Millionen Euro spülte das Going Public damals in die Vereins-Kasse, allerdings verlor die Aktie schon am ersten Handelstag um über 8%; 13 Mio. waren futsch. Und in der Folge sollte die Aktie zum Penny-Stock mutieren. Nach Jahren des sportlichen Niedergangs in den Nullerjahren kostete sie 2009 noch 85 Cents, worauf der Kicker die Aktie als „Ramschpapier“ bezeichnete.
Die Wende kam mit dem neuen Trainer Jürgen Klopp und dem mit ihm verbundenen Erfolg. 2012 wurde sogar erstmals eine Dividende ausbezahlt.
Drei Kapitalerhöhungen und der Rückkauf des Stadions machten den BVB in der Folge krisenfest. Das zeigte sich mit dem Einbruch der Corona-Pandemie in diesem Jahr. Der Aktienkurs halbierte sich zwar und liegt zurzeit bei 5.66 EUR, aber Dortmunds Macher bleiben optimistisch. Der Präsident Hans-Joachim Watzke betont, dass die Liquidität, die der Verein sich besorgt habe, auch weit über die Saison hinaus vorhanden sei.
Erst im Juli 2019 bekommt Borussia Dortmund Gesellschaft auf dem Parkett. Aber nicht etwa von einem Grossclub wie Bayern München, sondern von einem drittklassigen Verein aus der Münchner Peripherie. Die Spielvereinigung Unterhaching platziert ihre Aktien im Mittelstandssegment der Börse München. 2.7 Mio. EUR nimmt der Verein ein und möchte mit dem Kapital über die drei nächsten Jahre den Aufstieg in die zweite 2. Liga schaffen. Der Kurs kennt aber seit dem Börsengang nur eine Richtung – gen Süden.
Emotionale Produkte generieren emotionale Investoren
Im Gegensatz zu Deutschland ist die Schweiz für Börsengänge von Sportvereinen zu klein und nicht so fussball- oder eishockeyaffin wie die Deutschen. Immerhin denkbar ist aber die Volksaktie nach dem Vorbild von Ambri Piotta – «das geht aber nur bei ganz starker Verbindung zwischen Club und Region, was im Bereich Eishockey nur Langnau, Gottéron und Davos offen lässt, die aber andere Modelle haben», so der Präsident eines schweizerischen Eishockey-Vereins.
Emotionale Produkte generieren emotionale Investoren oder Mäzene; somit brauchen diese Sportclubs gar keine Börsennotierung. Diejenigen, die wirklich die Kapitalbasis stärken, werden meist direkt angesprochen. Zumindest im Fall von hiesigen Sportclubs ist es eher ein Irrglaube, davon auszugehen, dass man über einen Börsengang leichter zu Kapital kommt.
Fazit
Der Tessiner Eishockey Verein Ambri-Piotta hat kürzlich beschlossen, digitale Aktien herauszugeben. Damit kann möglicherweise eine neue, junge Zielgruppe angesprochen werden. Denn digital ist hip, und das Tessin hat neben Zug eine gute Cryptolandschaft, das passt also für den Tessiner Kultverein.
Für kleinere Vereine wie Ambri oder die SPvGG Unterhaching gilt: Die Zielgruppe ist in erster Linie der Fan, der sich am Verein beteiligen will. Der ein emotionales Verhältnis zu „seinem“ Verein hat. Deshalb handelt es sich auch nicht um eine klassische Investition mit Renditeerwartungen.
Der Aktien-Kurs wird immer abhängig von der sportlichen Entwicklung sein. Die Spieler sind das Kapital des Vereins, aber an der Grösse eines Kaders lässt sich nur sehr beschränkt schrauben. Eine Fussballmannschaft benötigt nun mal 11 Spieler. Auch kann ein Verein nicht über M&A wachsen. In diesem Sinne bleiben Aktien von Sportvereinen immer eine Spezialität, die nur bedingt den Marktprinzipien folgt. Oder mit der Trainerlegende Otto Rehagel gesagt: «Geld schiesst keine Tore».