Mit der Jungfraubahn-Gruppe hat eines der grössten Schweizer Bergbahnunternehmen einen ersten Einblick gegeben, wie schwerwiegend die Folgen der Corona-Pandemie für grosse Schweizer Tourismusunternehmen sind. Insbesondere das Geschäft mit den ausländischen Gästen hat in 2020, wie nicht anders zu erwarten war, stark gelitten. So besuchten mit 362’800 Personen 65,6% weniger Gäste das Jungfraujoch als im Rekordjahr 2019. Auch das Geschäftsfeld der Ausflugsberge verzeichnete hohe zweistellige Rückgänge bei den Besucherzahlen. Ein kleiner Lichtblick: In der Wintersaison 2020/21 lagen bis Ende Dezember die Skier Visits „nur“ um 7% unter den Vorjahreswerten.
Guter Start ins 2020 mit „bestem Januar in der Geschichte“
Wie die Jungfraubahn Holding in einer Medienmitteilung schreibt, sei das Unternehmen «mit dem besten Januar in ihrer Geschichte» ins Jahr 2020 gestartet. Mit dem Ausbruch von Covid-19 gingen die Besucherzahlen bereits zurück, bis schliesslich der Betrieb wegen des Lockdowns ab Mitte März eingestellt wurde. Nach der Wiedereröffnung am 6. Juni habe die Bahn im Juli und August 153’000 Personen aufs Jungfraujoch befördert. Im Herbst waren die Besucherzahlen durchzogen, insbesondere wegen des meist schlechten Wetters in den Herbstferien. «Insgesamt zeigen die Zahlen, dass das Fehlen der ausländischen Gäste nicht durch die Schweizerinnen und Schweizer kompensiert werden kann», schreibt das Unternehmen weiter.
Auch Erlebnisberge leiden stark
Zurückgegangen sind auch die Besucherzahlen im Bereich der Erlebnisberge. Die Firstbahn in Grindelwald verzeichnete ein Minus von 42,2%, die Mürrenbahn von 50,3%, und die Harderbahn in Interlaken zählte sogar 57,2% weniger Gäste. Deutlich weniger stark gesunken ist hingegen die Anzahl Skier Visits mit 153’700. Trotz der Unsicherheit um die Eröffnung der Skigebiete lag der Rückgang der Skier Visits in der Jungfrau-Ski-Region vom Saisonstart bis zum 31. Dezember nur bei 7%. Als Grund dafür wird auch die Fertigstellung des V-Bahn-Projektes mit der Eröffnung des Eiger-Express und des Grindelwald Terminal inklusive Parkhaus Anfang Dezember genannt. Hingegen wurden auch wegen der Unsicherheiten in Bezug auf die Skigebietsöffnungen bis zum 24. Dezember mit 28’400 deutlich weniger Top4-Skipässe abgesetzt als noch im Vorjahr. 2019 waren es 42’200. Die Jungfraubahn-Gruppe ist mit über 60% an dem Kooperationsprodukt beteiligt.
Rückkehr zur Normalität schon in 2022?
Jungfraubahn-CEO Urs Kessler gibt sich laut einem Bericht der Berner Zeitung dennoch sehr optimistisch, was die Zukunft der Jungfraubahn betrifft. Noch in diesem Jahr rechnet er mit einem ersten Aufschwung. 2022 soll die Normalität zurück sein. 2021 werde ein Übergangsjahr, in welchem das Fortschreiten der Covid-Impfungen und ein schrittweises Hochfahren der internationalen Fluggesellschaften einen markant positiven Einfluss auf die weltweite Geschäftstätigkeit haben werde, so Kessler in dem Bericht. Ebenso erwartet er auch für das Krisenjahr 2020 ein positives Betriebsergebnis auf Stufe EBITDA.
Fazit
Die Corona-Pandemie hat der Jungfraubahn-Gruppe, wie dem gesamten Schweizer Tourismus, stark zugesetzt. Schweizer Gäste allein konnten den starken Rückgang aufgrund der fehlenden ausländischen Touristen nicht einmal annähernd ausgleichen. Insbesondere vor dem Hintergrund der neu geschaffenen Transportkapazitäten mit der V-Bahn ist es nun sehr wichtig, dass die Gäste aus den Fernmärkten möglichst schnell zurückkehren. Ob dies schon 2021 der Fall sein wird, muss sich erst noch zeigen. Ebenso ist die Rückkehr zur Normalität im Schweizer Tourismus für 2022 ein wünschenswertes Ziel für alle Anbieter von touristischen Dienstleistungen. Dennoch ist es fraglich, ob diese Rückkehr wirklich so schnell erfolgen wird. Airline-Manager rechnen nicht vor 2023/24 mit einem Flugverkehr auf Vor-Krisenniveau.
Der Kurs der an der SIX kotierten Jungfraubahn-Aktie hat schon viel vom optimistischen Erholungs-Szenario vorweggenommen. Er bewegt sich bei Kursen um die 140 CHF auf dem Niveau von Anfang 2019. Dies ist sicherlich für Investoren, die einen langen Zeithorizont mitbringen, nicht zu hoch. Nachdem im letzten Jahr allerdings die Dividende kurzfristig gestrichen wurde, ist auch in diesem Jahr kaum mit einer Ausschüttung zu rechnen. Denn die höheren Abschreibungen nach der Fertigstellung des V-Bahn-Projekts dürften, zusammen mit der Corona-Situation, für tiefrote Zahlen in 2020 sorgen. Auf dem aktuellen Kursniveau steigen daher nur Anleger ein, die mit einer raschen Erholung der Tourismusmärkte rechnen. Mittelfristig dürfte die Jungfraubahn allerdings vom Nachholbedarf nach dem Ende der Krise und einer Rückkehr der Reisetätigkeiten profitieren.