Digitale GV: Wie Covid-19, das neue Aktienrecht und digitale Technologien das Aktionärstreffen verändern

Grosses Interesse am 4. Webinar von schweizeraktien.net

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Verwaltungsratsvorsitzende, CEOs und CFOs, Investor-Relations Verantwortliche und Portfoliomanager bedeutender Fonds – über 70 Verantwortungsträger aus kotierten und nicht kotierten Aktiengesellschaften nahmen am 4. Webinar von schweizeraktien.net teil.

Teilnehmer am Webinar (im Uhrzeigersinn): Christian Wilk, Aequitec; Björn Zern, Moderation; Ines Pöschel, Kellerhals Carrard; Sven Huber Trost, ShareCommService; Adrian Bürgy, schweizeraktien.net; Claudio Tognella, daura. Bild: schweizeraktien.net

Das grosse Interesse zum Thema „Digitale Generalversammlung“ beruht einerseits auf der aktuellen Lage, die Präsenzveranstaltungen bis mindestens in den Sommer hinein unter den Covid-Verordnungen unmöglich macht. Andererseits gibt es Unternehmen, die bereits vor Ausbruch der Pandemie an der Durchführung von virtuellen, digital abgehaltenen GVs arbeiteten und entsprechende Lösungen anbieten.

Generalversammlung in 10 Minuten  

Und deren Zeit scheint jetzt zu kommen. Auch wenn man sich, wie es Claudio Tognella, Partner Manager der Daura AG formulierte, noch in einer fünfjährigen Transformationsphase befinde, beschleunige sich die Nachfrage durch exogene Schocks wie Covid-19 deutlich. Das Angebot von Daura, die Abwicklung von der Eintragung ins Aktienbuch über die Abhaltung der GV bis hin zur Abstimmung komplett digital über die Blockchain umzusetzen, brachte dem jungen Unternehmen im letzten Jahr sechs neue Kunden, wobei nicht nur Aktiengesellschaften, sondern auch Vereine wie Bio Suisse die Dienste von Daura nutzten.

Noch sind es meist kleinere und jüngere Unternehmen, die auf Firmen wie Daura oder Aequitec zurückgreifen. Eine GV in 10 Minuten abzuhalten, da schluckt so mancher GV-Traditionalist. Ines Pöschel, Rechtsanwältin bei Kellerhals und Carrard, geht nicht davon aus, dass Konzerne und grosse an der SIX kotierte Unternehmen kurzfristig auf den Zug der Virtualität aufspringen werden. Da würden juristische Risiken wie z.B. mögliche Anfechtungen von GV-Beschlüssen befürchtet.

GV über Blockchain ab 1. Februar Finma-konform

Pöschel geht davon aus, dass das neue Aktienrecht, das letztes Jahr verabschiedet wurde, im Laufe des Jahres 2022 zum Einsatz kommt. Und damit wird der Weg für virtuelle GVs geebnet. Schon ab 1. Februar werde der Einsatz von Token, wie sie Daura anbietet, im Obligationenrecht verankert, ergänzt Claudio Tognella. Ab dann sei die Abwicklung bzw. Datenspeicherung über die Blockchain Finma-konform.

Sportliche Herausforderungen für klassische Anbieter
Quelle: schweizeraktien.net

Sven Huber Trost, CEO der Firma ShareCommService, ist einer der eher traditionellen Anbieter im Bereich der GV-Services. Er sieht sportliche Herausforderungen auf seine Firma zukommen. Die Digitalisierung sei schon immer der Treiber gewesen, mit Covid verschnellere sich diese Entwicklung. Angesichts von Herausforderern wie Daura und Aequitec prophezeit Huber seinem Unternehmen Muskelkater nach dem Rennen, das er jetzt aufnehmen muss.

Die klassische GV wird nicht verschwinden

Viele Aktiengesellschaften, so die einhellige Einschätzung, warten ungeduldig darauf, wieder mit ihren Aktionärinnen und Aktionären in direkten Kontakt zu treten. Also zurück zur GV als Präsenzveranstaltung, wo die Stakeholder mit Geselligkeit, gastronomischer Umsorgung und kleinen anderen Aufmerksamkeiten verwöhnt werden.

Die Präsenz-GV ist keineswegs tot und wird nach Corona Auferstehung feiern. Dennoch werden sich die Vergangenheit und die Zukunft vermischen. Hybride GVs, wo manche Aktionäre physisch anwesend sind, andere digital, werden sich durchsetzen. schweizeraktien.net Researcher Adrian Bürgy hat zusammengestellt, welche Unternehmen welche GV-Dienstleistungen anbieten.

Fazit

Die rechtlichen Leitplanken für die virtuelle GV sind gesetzt, auch wenn sich derzeit noch Verzögerungen abzeichnen. Doch spätestens im Laufe des Jahres 2022 dürfte auch die Durchführung einer rein virtuellen GV möglich sein. Bis Ende 2021 ist noch die GV unter Ausschluss der Aktionäre nach der Covid-19-Verodnung möglich. Für die Übergangszeit müssen noch Lösungen gefunden werden. Schon heute stehen Dienstleister in den Startlöchern, um die komplette Abwicklung von der Führung des Aktienbuchs bis zur GV und den damit verbundenen Abstimmungen digital abzuwickeln. Der Bedarf an solchen Lösungen, der auch durch die Covid-GVs geweckt wurde, dürfte nach Inkrafttreten des neuen Aktienrechts jedenfalls zunehmen.

Worauf aber die wenigsten Unternehmen verzichten wollen, auch wenn eine rein digitale GV sehr viel billiger zu haben ist: den direkten Kontakt zum Aktionär! Die Präsenz-GV wird weiterleben, sobald es die Corona-Situation wieder zulässt.

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