In den vergangenen Jahren hat das Management der Siegfried Gruppe immer wieder bekräftigt, dass man nicht nur organisch, sondern auch durch Übernahmen wachsen wolle. Aber dass man auch vorsichtig sei, was die Übernahmeziele anbelangt. Alle warteten gespannt darauf, wann Siegfried Vollzug melden würde.
Gross ist deshalb die Genugtuung in Reihen des Managements der Sigfried AG, dass im September 2020 die lange angekündigten Akquisitionen getätigt werden konnten. Das in Zofingen ansässige Unternehmen übernahm zwei Werke von Novartis in Barcelona mit 1‘000 Mitarbeitenden und genügend freien Produktionskapazitäten, um an den neuen Standorten Umsatzwachstum zu erzielen.
Anlässlich der virtuellen Pressekonferenz, an der CEO Wolfgang Wienand über das Geschäftsjahr 2020 berichtete, war diese Übernahme denn auch eines der zentralen Themen. Denn damit katapultiert sich Siegfried sozusagen auf den Olymp der Vertragshersteller für die pharmazeutische Industrie (auch Contract Development and Manufacturing Organization, kurz CDMO genannt) und rangiert jetzt unter den Top Five CDMOs.
Aktienkurs klettert und klettert
Gute Aussichten also für das Unternehmen und seine Aktionäre, was das Jahr 2021 anbelangt. Das spiegelt auch der Kurs der an der SIX gehandelten Aktie wider, der nach Bekanntgabe der Geschäftszahlen deutlich in die Höhe schoss und mit einem Tagesgewinn von über 7% aus dem Markt ging.
In dem von Corona geprägten Geschäftsjahr 2020 hat die Siegfried Gruppe einen Umsatz von 845.1 Mio. CHF erzielt. Dies entspricht einer Zunahme von 1,4% in CHF und 4,5% in Lokalwährungen. Das Wachstumspotenzial konnte aber wegen der Corona-Krise nicht voll ausgeschöpft werden, so Wienand. So seien insbesondere Wirkstoffe für die Ophthalmologie (Augenheilkunde) weniger nachgefragt worden.
Der Betriebsgewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Core-EBITDA) lag bei 149.4 Mio. CHF, ein Plus von 6,2% gegenüber dem Vorjahr. Die Core-EBITDA-Marge beträgt damit 17,7% (+0,8 Prozentpunkte). Der Core-Reingewinn fiel mit 72.2 Mio. CHF ebenfalls höher aus als im Vorjahr (65.7 Millionen) – ein Anstieg von 10,4%.
Einen deutlichen Rückgang gab es auf der Kostenseite, was u.a. auf den Wegfall von Geschäftsreisen, den Ausfall von Messen und andere Pandemie-bedingte Gründe zurückzuführen sei, sagt Wienand.
Genug „Dry Powder“ für weitere Akquisitionen
Man habe 2020 sehr viel Cash generiert und, nach den Worten des CFO Reto Suter, genug „Dry Powder“, um weitere Akquisitionen zu tätigen. 400 Mio. CHF, wovon 250 Mio. sofort verfügbar, stünden für weiteres anorganisches Wachstum zur Verfügung.
Und ja, die Ausschüttung an die Aktionäre werde gesteigert, der GV im April wird eine Erhöhung auf 3 CHF vorgeschlagen, das sind 20 Rappen oder in etwa 7% mehr als im Vorjahr. Wobei es sich nicht um eine Dividende handelt, sondern eine Nennwertreduktion von 3 CHF auf neu 21.20 CHF pro Aktie – die somit steuerfrei ist.
Übernahme der Novartis Werke führt zu Umsatzsprung
Siegfried hat mit der deutschen Firma Biontech einen Kooperations- und Liefervertrag zur aseptischen Abfüllung („Fill & Finish“) und Verpackung grosser kommerzieller Mengen des COVID-19-mRNA-Impfstoffs unterzeichnet. Das Unternehmen werde damit ab Mitte 2021 mit der Produktion in seinem Werk in Hameln einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie leisten, so Wienand. Der Vertrag sei zunächst auf bis Ende 2022 befristet. Aber wer weiss, wie sich Corona und damit der Bedarf an Impfstoffen weiterentwickelt.
Für das laufende Geschäftsjahr 2021 erwartet Siegfried einen bedeutenden Umsatzsprung auf deutlich über eine Milliarde Schweizer Franken, getragen durch organisches Wachstum in allen Geschäftsfeldern, im Bereich Drug Products zusätzlich angetrieben durch die Akquisition der beiden Novartis-Standorte und das Zusatzgeschäft mit Coronavirus-Impfstoffen am Standort in Hameln. Damit verschiebt sich auch der Umsatzanteil zugunsten der Drug Products, die 2020 noch einen vergleichsweise geringen Anteil von 23% hatten, während die Drug Substances 77% erzielten.
Die Profitabilität werde sich mittelfristig weiter in Richtung des Zielbereichs einer Core-EBITDA-Marge um 20% steigern, so das Ziel von Siegfried.
Fazit
Das Geschäftsportfolio der Siegfried Gruppe ist hinsichtlich der Bedeutung einzelner Kunden und Produkte gut diversifiziert. Der grösste Kunde trägt lediglich 6 Prozent, das grösste Produkt nur 5 Prozent zum Umsatz bei, die 10 grössten Kunden machen zusammen 37 Prozent der Verkäufe aus.
Die Übernahme der beiden Novartis-Werke in Barcelona wird weitere Umsatzsteigerungen über nicht ausgeschöpfte Auslastungskapazitäten bringen. Auch hat Siegfried einen längerfristigen Vertrag mit Novartis zur Herstellung von Medikamenten geschlossen.
Das weltweite Wachstum im CDMO-Markt beträgt 6% pro Jahr, daran will und wird Siegfried teilhaben. Mit der gut gefüllten „Kriegskasse“ sind weitere Akquisitionen jederzeit möglich.