Heute beschäftigen wir uns schwerpunktmässig mit zwei Themen, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Darin liegt aber auch der Charme. Einerseits ist dies eine zunehmend erkennbare «Elektrifizierung» der Autowelt, die mittel- bis längerfristig auch für Schweizer Zulieferer wie Huber+Suhner, Inficon, Komax, Georg Fischer, Autoneum und einige andere viele Chancen bereithält. Andererseits ist dies die noch immer schwierige Situation in den Schweizer Skigebieten. Sie sehen schon: Das Spektrum ist diesmal sehr breit…
Zunächst zu den E-Autos. Die Aussicht auf eine «Elektrifizierung» der Mobilität gibt der traditionsreichen, zuletzt aber unter immer neuen regulatorischen Auflagen leidenden und «skandalgeplagten» Automobilindustrie plötzlich wieder einen Sinn im Leben. Es scheint, wenn man genau hinschaut, an vielen Stellen aktuell eine Renaissance der Autoindustrie erkennbar, deren Hoffnungen auf eine bessere Zukunft primär auf der Elektromobilität basieren. Kräftige Steigerungsraten bei den Zulassungen von Elektro- und Hybridautos – noch von tiefer Basis aus – gehen damit einher, wie etwa die letzten Statistiken aus Deutschland zeigen. Auch der besonders von der «Dieselthematik» getroffene Volkswagen-Konzern will in diesem Bereich wachsen und hat seine E-Mobilitäts-Ziele bis 2030 ehrgeizig verdoppelt. Verschiedene Autohersteller planen attraktive E-Modelloffensiven. Der Zeitpunkt könnte günstig sein: «Corona» und die Begleiterscheinungen der Pandemie dürften manch einem den «strategischen Wert» eines Autos nochmals sehr deutlich vor Augen geführt haben, was die künftigen Zulassungszahlen positiv beeinflussen könnte, wenn denn die Autohäuser – ausserhalb der Schweiz – «eines Tages irgendwann» mal wieder öffnen… Umso besser, wenn die Autos der neuen Generation auch noch umweltfreundlicher sind, trifft dies doch den Zeitgeist.
So will etwa der grosse deutsche Autozulieferer Schaeffler den Konzern verstärkt in Richtung Elektromobilität umbauen. Als Spezialist für Präzisionsmechanik gehört Schaeffler bisher zu den Unternehmen, die noch besonders stark vom Verbrennungsmotor abhängig sind. Allerdings produziert das Unternehmen schon länger Elektro-Achssysteme und startet in diesem Jahr die Serienproduktion von Elektromotoren!
Der ebenfalls börsenkotierte südbadische Autozulieferer Progress-Werk Oberkirch AG berichtete vor wenigen Wochen, dass am deutschen Standort in Oberkirch Nähe Offenburg ab 2021 diverse Neuaufträge anlaufen, u.a. für die Belieferung von elektrisch angetriebenen SUVs und Pickups. Ausserdem sollen ab 2022 auch «zwei renommierte internationale Neukunden» für wichtige Modellreihen ihrer Premium-Fahrzeuge einschliesslich der elektrisch angetriebenen Modelle beliefert werden.
Es tut sich also etwas bei der europäischen bzw. «deutschen» Elektromobilität – und das sollte auch gut sein für die Schweizer Zulieferer!
Wer in der Schweiz – rein optisch – einen Eindruck von diesen Marktveränderungen bekommen möchte, dem sei explizit eine Autobahnfahrt von Zürich nach Zug/Luzern mit Stop an der MyStop-Autobahnraststätte A 4 empfohlen. Besonders eindrücklich ist ein solcher Stop bei Nacht, wenn die insgesamt 12 neuen Tesla-Supercharger der Generation V3 futuristisch leuchten. Weitere 12 Supercharger gibt es in der Gegenrichtung. Diese neue Tesla-Supercharger-Generation gibt es erst seit November 2020 an der MyStop-Raststätte, zugleich die grösste Autobahn-Supercharger-Station des Landes.
So hell die Elektromobilität als Hoffnungsschimmer der Automobilindustrie und ihrer Zulieferer aktuell auch leuchten mag, so düster scheint die Lage umgekehrt in der Tourismusindustrie. «Der Letzte macht das Licht aus», so die Stimmung an vielen Orten…
Dunkle Wolken sind in den letzten Wochen über den Schweizer Skigebieten aufgezogen, wie aus einer aktuellen Analyse von Seilbahnen Schweiz für die Zeit bis Ende Februar 2021 hervorgeht. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Ersteintritte durchschnittlich um 20,7% zurückgegangen, die Umsatzzahlen gar um 24,3%. Das sind massive Verwerfungen in einer Branche, die es an vielen Orten – natürlich nicht überall – gewohnt war, stets kräftig in die Infrastruktur, den gerne zitierten «Gästekomfort» und weiteres «Wachstum» zu investieren und deshalb häufig auch über nur geringe finanzielle (Liquiditäts-)Reserven für schlechte Zeiten verfügte. An nicht wenigen Stellen macht sich die Investitionsneigung der Vergangenheit nun zunehmend negativ in den Bilanzen und Erfolgsrechnungen bemerkbar, und die Pandemie deckt hier – wie auch in anderen Wirtschaftssektoren – einige systemische Schwächen auf.
Bei den Umsatzeinbussen besonders hart getroffen wurden bis Ende Februar die Skigebiete im Wallis (-30,8%) und in der Zentralschweiz (-29,5%). Die Gründe hierfür sind unterschiedlicher Natur: Die Zentralschweizer Skigebiete waren zeitweise im Dezember und Januar von kantonal beschlossenen temporären Betriebsschliessungen betroffen, ein faktischer «Wettbewerbsnachteil» gegenüber Graubünden, Bern oder dem Wallis, der die Vergleichbarkeit erheblich erschwert. Kantonale Betriebsschliessungen setzten auch den Ostschweizer Skigebieten zu (Umsatz -27,5%). In dem bei internationalen Skitouristen in normalen Jahren besonders beliebten Wallis – mit geöffneten Skigebieten wohlgemerkt – machten sich dagegen weitgehende Reisebeschränkungen innerhalb Europas negativ bemerkbar.
Seilbahnen Schweiz warnt im aktuellen Saison-Monitoring vor weiter steigenden Verlusten im Winter, die viele Bergbahnen vor grosse wirtschaftliche Herausforderungen stellen und, so der Verband, den «Tourismus ganzer Regionen» zum Erliegen bringen könnten. Deshalb wird zur Vermeidung eines «systemrelevanten Schadens» auch nach einer Unterstützung durch die öffentliche Hand gerufen.
So nachvollziehbar diese Rufe einerseits mit Blick auf den volkswirtschaftlich bedeutenden Bergtourismus an vielen Orten sind, so handelt es sich doch – da öffentliche Mittel eingesetzt werden sollen – um ein zweischneidiges Schwert. Unterstützungen nach dem Giesskannenprinzip erscheinen wenig zielführend und wären letztlich auch nicht «gerecht» gegenüber anderen Branchen, die ebenfalls «systemrelevant» sind, aber nicht die Lobby der Tourismusindustrie haben. Wenn überhaupt, so bräuchte es ein differenziertes und zugleich differenzierendes Unterstützungs- und Förderungsmodell der öffentlichen Hand, das auch die Qualität (!) der Investitionen der zurückliegenden Jahre und ihren (volks-)wirtschaftlichen Nutzen berücksichtigt. Man könnte dieses Modell auch auf zukünftige Investitionen ausweiten – und ihren betriebs- und volkswirtschaftlichen Nutzen! Denkbar wäre etwa, dass sich Unterstützungen für notleidende Gebiete erst dann in «à-fonds-perdu»-Beiträge umwandeln, wenn bzw. solange bestimmte volks- und/oder betriebswirtschaftliche Leistungskennziffern erreicht und eingehalten werden. Andernfalls würden es rückzahlbare Darlehen bleiben, die auch besichert sein sollten, um Fehlanreize bei den Empfängern von Darlehen zu vermeiden.
«Gästekomfort» und der «Think Big»-Gedanke alleine dürfen jedenfalls nicht das Förderkriterium sein. Es sollte auch nicht sein, dass alle (Fehl-)Investitionen der Vergangenheit nun auf Kosten der öffentlichen Hand – und damit der Steuerzahler – unter dem Verweis auf die spezielle Corona-Lage quasi risikofrei «repariert» werden. Hier bräuchte es in jedem Fall ein differenziertes Vorgehen, das auch die kleineren Destinationen stärker unterstützt als die grossen Skigebiete, die schon in den letzten Jahren mit höheren Gästefrequenzen und «Skaleneffekten» – teilweise auch über das Sommergeschäft – deutlich mehr Möglichkeiten hatten, ihre Erfolgsrechnung zu steuern und die Bilanzen wetterfester zu machen. Davon losgelöst bleiben die Zeiten für den heimischen Tourismus sehr herausfordernd.
Wir bleiben aber zuversichtlich, dass auch wieder bessere Zeiten kommen. Gerade der Schweizer Tourismus hat auch im europäischen Kontext den Vorteil seiner grossen kulturellen Vielfalt auf vergleichsweise engem Raum und eine bisweilen fast schon unwirkliche Schönheit der Natur. Das ist ein Pfund, mit dem die Schweiz wuchern kann. National wie international.
Nun wünschen wir Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre der kuratierten Artikel.
Aktuelle Artikel vom schweizeraktien.net-Team
schweizeraktien.net: Favoriten 2021 – Februar-Überraschungen
Weiter kräftig nach oben ging es im Februar mit Swissquote und Coltene, die nun seit Jahresanfang um jeweils über 20% zulegten. Mit Barry Callebaut liegt nur eine der acht Aktien der Favoritenliste im negativen Bereich. Plaston gab nach dem Anstieg im Januar geringfügig nach, alle anderen Aktien liegen minimal höher…
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Acrevis Bank: Ostschweizer Regionalbank plant Sonderdividende nach gesundem Wachstum 2020
Die acrevis Bank verzeichnete im schwierigen Geschäftsjahr 2020 ein solides Wachstum in beinahe allen Bereichen. Bis jetzt hat die Corona-Pandemie die Geschäftszahlen der Regionalbank nicht signifikant beeinträchtigt. Aktionäre der Ostschweizer Regionalbank profitieren für das abgelaufene Geschäftsjahr von einer Sonderdividende von 3 CHF anlässlich des 10-jährigen acrevis-Jubiläums, zusätzlich zur regulären Dividende von 34 CHF je Aktie…
Samuel Sigrist, CEO SIG Combibloc: “Wir haben die Ambition, ein „netto-positives“ Verpackungssystem zu schaffen.“
Im schweizeraktien.net-Interview beantwortet Samuel Sigrist, seit Jahresanfang CEO von SIG Combibloc, Fragen zum Zahlenwerk, zur Wachstumsdynamik und Expansion sowie zu ESG-Themen wie Artenschutz und Vermeidung von Plastikmüll…
Infrastruktur Investment: Energie und Elektromobilität – Grosse Herausforderungen und Chancen (1/2019)
Seit Anfang 2019 ist viel passiert, in Deutschland genauso wie in der Welt. Unser Ausflug ins schweizeraktien.net-Archiv dokumentiert dies eindrücklich, wenn man die damaligen Zahlen und Fakten unvoreingenommen auf sich wirken lässt und mit der aktuellen Situation vergleicht, die wir im kuratierten Teil des heutigen Newsletters beschreiben. Geduld ist eine Tugend…
Elektroautos: In den Medien präsent, aber noch nicht auf den Strassen (1/2019)
Unser Artikel vom Januar 2019 benannte beim Thema Elektroautos einige der «üblichen Verdächtigen» aus der Auto-Zuliefererindustrie: Bossard, Autoneum, Georg Fischer, Feintool, Ems-Chemie… Doch daneben beschrieben wir auch, dass gerade die E-Mobilität verschiedenen weniger bekannten Gesellschaften in der Schweiz neue Wachstumsmöglichkeiten eröffnet. Beispiele sind Huber+Suhner mit Hochvoltverteilsystemen sowie mit Verbindungs-, Kabel- und Schnellladesystemen, Inficon mit Leckdetektoren für Batteriezellen und -pakete, Schaffner mit Filtern gegen elektromagnetische Störungen sowie im erweiterten Ökosystem beispielsweise ABB mit Ladestationen und Ladeinfrastrukturlösungen… Jetzt ist die Zeit reifer als 2019.
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Energie Zürichsee Linth: GV ohne Aktionäre, aber mit viel Zuversicht für 2021
Am 4. März 2021 sank die physische Beteiligung an der GV auf 5 Teilnehmer. VRP, CEO, CFO, der unabhängige Stimmrechtsvertreter und der Vertreter der Revisionsstelle trafen sich zur wohl kürzesten GV in der Geschichte des ausserbörslich gehandelten Energieversorgers der Region Zürichsee Linth. Nach gerade mal 35 Minuten waren die formellen Traktanden behandelt… Und trotzdem ist die Gesellschaft für 2021 zuversichtlich!
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Was uns im Netz sonst noch aufgefallen ist…
Elektroauto- & Hybridauto-Zulassungen 2/2021 (Deutschland)
Über kräftige Zuwachsraten für Elektroauto- und Hybridauto-Zulassungen in Deutschland zum Jahresanfang 2021 berichtet das E-Mobilitäts-Portal ecomento.de, gestützt auf aktuelle Daten des deutschen Kraftfahrt-Bundesamts. Die Anzahl benzinbetriebener Neuwagen ging demnach im Stammland des Automobils im Vergleich zum Vorjahr um 41,4% zurück, bei einem Marktanteil von 37,7%. Der Diesel-Anteil in der Zulassungsstatistik fiel um 35,0% auf einen Marktanteil von 25,4%. Bei den alternativen Antrieben kamen E-Pkw mit 18’278 Neuzulassungen – von tiefer Basis aus – auf einen Zuwachs von 124,2% und einen Marktanteil von 9,4%…
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Doppelt so viel wie bisher geplant: VW will E-Auto-Anteil bis 2030 auf 70 Prozent erhöhen
Volkswagen gibt Gas – allerdings nur noch im übertragenen Sinne, denn der Wolfsburger Konzern sieht seine Zukunft verstärkt bei den elektrischen Antrieben und rüstet in diesem Bereich kräftig auf. Wie das deutsche Branchenportal automobilwoche.de aktuell berichtet, will Europas grösster Automobilkonzern – neben Toyota zugleich einer der beiden grössten Autokonzerne der Welt – den europäischen E-Auto-Anteil an den verkauften Neuwagen bis 2030 auf 70 Prozent erhöhen, eine Verdopplung gegenüber der bisherigen Zielvorgabe. In den USA und China peilt VW mindestens eine Quote von 50 Prozent an. Neben der Transformation hin zur Elektromobilität ist die digitale Transformation ein grosses Thema. VW will diese beiden «Transformations-Welten» verbinden…
Schweizer Autozulieferer: Noch nicht ganz aus der Krise
E-Mobilitäts-Initiativen wie jene von Volkswagen werden die globale Automobilindustrie in den nächsten Jahren grundlegend verändern und betreffen auch direkt die Schweizer Zuliefererindustrie. In dieser Konstellation liegen neben allen Risiken naturgemäss auch Chancen begründet. Am Beispiel der stark von der Autoindustrie abhängigen Schweizer Zulieferer Feintool, Georg Fischer und Autoneum zeigt nzz.ch in einer Analyse auf, wo diese Zulieferer nach der «Corona-Krise» heute stehen und wie sich die zunehmende Elektrifizierung künftig auf das Geschäft auswirken könnte…
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Trotz Sportferien fehlende Gäste in den Skigebieten
Wie aus dem aktuellen «Saison Monitoring Winter 20/21» des Verbands Seilbahnen Schweiz hervorgeht, fehlen in den hiesigen Wintersportregionen trotz Sportferien im Februar weiterhin die Gäste. Im Vergleich zum Vorjahr wurden rund 20% weniger Ersteintritte verzeichnet. Nach dem Branchenverband braucht es jetzt die Unterstützung der öffentlichen Hand, um einen «systemrelevanten Schaden für den Tourismus» zu vermeiden…
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Weichenstellung für die nächste Generation: Verlegerfamilie Wanner macht Kleinaktionären ein Übernahmeangebot
Die Verlegerfamilie Wanner will die auf OTC-X gelistete AZ Medien AG zu 100 Prozent übernehmen und unterbreitet den Kleinaktionären ein Kaufangebot zu 1’200 CHF pro Aktie, wie die zu AZ Medien gehörende Aargauer Zeitung unter Bezugnahme auf einen aktuellen «Aktionärsbrief» berichtet. Aktuell hält die Familie rund 91.5% der Aktien…
Anlage-Brief der Investorenlegende – Buffetts besondere Art, Exzesse an den Börsen anzuprangern
Den Abschluss des heutigen Newsletters überlassen wir der Investorenlegende Warren Buffet und seinem aktuellen Anlage-Brief an Berkshire Hathaway-Investoren, über den die Basler Zeitung berichtet. Wer hätte es gedacht: Mit der aktuellen Entwicklung an den Kapitalmärkten kann Buffet nur wenig anfangen – und er rät von Investitionen in Staatsanleihen und Anleihen ab…