Lange Zeit wurde Nachhaltiges Investieren als Modeerscheinung belächelt. Die grossen Finanzinstitute und Anlagefonds scherten sich wenig um die ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen, die ihre Anlagestrategie zur Folge hat. Nachhaltigkeitsfonds wurden als Nischenprodukte abgetan. Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet.
Der Klimawandel, schärfere gesetzliche Bestimmungen und vor allem die Nachfrage privater und institutioneller Anleger nach einem sinnvollen Einsatz ihrer Gelder bewirken derzeit ein Umdenken in der Finanzindustrie. Dass dabei auch viel Marketinggetöse im Spiel ist und von den Anbietern etwas geschummelt wird, überrascht nicht. Wir haben uns deshalb die zwei ESG-Indizes der Schweizer Börse SIX genauer angeschaut und inrate-CEO Christoph Müller zu den Kriterien befragt.
In Europa sollen ESG-konforme Geldanlagen zum Standard werden und letztlich auch den «Green Deal» von der Finanzseite unterstützen. Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister müssen seit dem 10. März 2021 ihre Kunden über nachhaltige Produkte informieren, wenn diese danach fragen. Weitere Offenlegungen sind ab dem 1. Januar 2022 verpflichtend. In der Konsequenz haben diese Verordnungen aber auch Auswirkungen auf international ausgerichtete, börsenkotierte Schweizer Unternehmen mit einem breit abgestützten Aktionariat oder Schweizer Fondsanbieter mit Vertriebszulassung in der EU.
Bei einer Analyse der Schweizer Unternehmen stellt sich schnell heraus, dass es Firmen gibt, die bereits aufgrund des Drucks am Kapitalmarkt auf den Nachhaltigkeits-Trend reagieren. Dazu gehört auch der Nahrungsmittelhersteller Nestlé, der noch vor wenigen Jahren aufgrund seines Wassergeschäfts öffentlich kritisiert wurde. Auch heute noch hat Nestlé beispielsweise mit der Problematik Verpackungsmüll zu kämpfen.
Anders sieht es gerade bei – im Vergleich zu Nestlé – kleineren Firmen aus, wie etwa der Metall-Zug-Gruppe. Das Traditionsunternehmen sagt zu Recht, dass Nachhaltigkeit in der DNA des Unternehmens verankert sei. Kein Wunder, hat doch die teilabgespaltene Haushaltsgerätetochter V-Zug in den letzten Jahrzehnten den Energie- und Wasserverbrauch für ihre Geräte deutlich reduziert. Nach einem exzellenten Jahresergebnis für 2020 sprang der Kurs der V-Zug-Aktie letzte Woche um über 15% an. Gut möglich, dass die Aktie nun auch auf dem Radar von Nachhaltigkeitsfonds auftaucht und weiter profitiert.
Erhebliche Vorschusslorbeeren hat hingegen das Solarunternehmen Meyer Burger erhalten. Die Marktkapitalisierung liegt bei über 1 Mrd. CHF. Dabei ist heute noch nicht sicher, ob der strategische Wechsel vom Maschinenbauer zum Hersteller von Solarmodulen gelingt. Fondsmanager Marc Possa setzt jedenfalls auf das Gelingen, wie er im Portfoliotalk mit schweizeraktien.net verrät.
Wir begleiten das Thema Nachhaltiges Investieren schon seit mehreren Jahren auch aus Überzeugung. Für den OTC-Markt stellen wir regelmässig eine Studie mit den Nachhaltigkeits-Leadern zusammen. In den kommenden Monaten werden wir unsere Aktivitäten in diesem Bereich noch intensivieren.
Nächste Woche beschäftigen wir uns allerdings erst einmal mit den Schweizer Medienunternehmen, die, wie die NZZ und CH Media, vor allem auch dank staatlicher Unterstützung gut durch die Krise gekommen sind. Dies wirft, ebenso wie das Übernahmeangebot der AZ Medien, einige Fragen auf.
Wir wünschen Ihnen eine erfolgreiche Woche.
Aktuelle Artikel vom schweizeraktien.net-Team
Nachhaltiges Investment: SIX lanciert ESG-Indizes für den SPI
Seit dem 1. Februar 2021 gibt es zwei ESG-Indizes der SIX Swiss Exchange, die den SPI Index als Basis haben. Unser Autor Karim Serrar hat die Zusammensetzung der Indizes genauer unter die Lupe genommen und sich mit Inrate-CEO Christoph Müller über das ESG-Rating der Schweizer Nachhaltigkeits-Ratingagentur unterhalten, auf das die SIX zurückgreift …
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Marc E. Possa, Sara Select: «Die Gewinner von gestern sind auch die Gewinner von morgen»
Der Fondsmanager Marc Possa investiert mit seinem Sara-Select-Fonds in Schweizer Nebenwerte mit Fokus auf Qualität und Stabilität. Warum er nun Aktien von Meyer Burger Technology ins Depot aufgenommen hat und was ihm an Bachem und Klingelnberg gefällt, erklärt er im Portfoliotalk mit Tobias Wolff …
AZ Medien: Die Familie Wanner will ihre Kleinaktionäre loswerden
Die Badener AZ Medien AG hat rund 500 Kleinaktionäre. Jetzt unterbreitet die Verlegerfamilie Wanner diesen ein freiwilliges Kaufangebot, um ihren Anteil von 91,5% in Richtung 100% aufzustocken. Der Zeitpunkt scheint günstig: Das Newsportal watson schreibt erstmals schwarze Zahlen und der Unternehmensgewinn erreichte 2020 trotz Pandemie 10.1 Mio. CHF …
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Immobilien Schweiz: Corona mit geringem Einfluss auf Performance von Renditeliegenschaften
Die Auswirkungen der Covid-19-Krise auf den Immobilienmarkt sind erstaunlich gering. Zu diesem Schluss kommt das Beratungsunternehmen IAZI …
Schweizer Sustainability Leaders: Warum es sich auszahlt, auf nachhaltige Marktführer zu setzen
Im August 2019 haben wir in der Serie Schweizer Sustainable Leaders auf das Anlage-Potenzial für nachhaltige Anlagen hingewiesen. Die Kurse von Weleda (PS), SIG Combibloc und Belimo entwickelten sich seither besser als der Markt und konnten auch den Corona-Crash unbeschadet überstehen …
Was uns im Netz sonst noch aufgefallen ist…
Anleger wollen keine Investments in Waffen, Kinderarbeit und Pelze
In der seit dem 10. März 2021 gültigen neuen EU-Offenlegungsverordnung werden zahlreiche Nachhaltigkeitskriterien genannt. Die Frankfurter Kapitalverwaltungsgesellschaft Acatis Investment wollte wissen, welche der Indikatoren für Anlegerinnen und Anleger besonders wichtig sind und führte eine entsprechende Umfrage durch. Darüber berichtet das auf nachhaltige Finanzanlagen spezialisierte Portal ECOreporter.de…
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Neue EU Offenlegungsverordnung 2019/2088 zur Nachhaltigkeit im Finanzbereich
Die Banking-Plattform bankinghub.de setzt sich in einem eher «technischen» Beitrag mit der neuen EU-Offenlegungsverordnung 2019/2088 auseinander, die auf eine Erhöhung der Transparenz im Bereich Nachhaltigkeit in den Finanzmärkten zielt… Der Artikel veranschaulicht zugleich die Komplexität des Themas auf verschiedenen Ebenen und signalisiert, dass hier ungeachtet aller guten Absichten auch eine «Nachhaltigkeitsbürokratie» in der Entstehung ist… Juristen, Berater und Bürokraten dürfen sich über zusätzliche Arbeit freuen!
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Der mühsame Weg zum ESG-Fonds (Immobilienwirtschaft)
Kritisch setzt sich das deutsche Branchenportal immobilien-zeitung.de mit der neuen EU-Regulierung in Sachen Nachhaltigkeit aus der Sicht von Immobilienfonds auseinander. Die Immobilien-Zeitung erwartet, dass sich idealistische Ziele für die Fondsmanager, die sie umsetzen müssen, in sehr viel Papier verwandeln – vermutlich nicht nur im Immobilienbereich. Viele Fragen sind noch ungeklärt… Die Branche stellt sich in den nächsten Jahren auf viele weitere Regulierungsschritte und einen «Papierkrieg» ein.
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Nestlé will Aktionäre zu Nachhaltigkeitsplänen konsultieren
Bis 2025 will Nestlé 3,2 Mrd. CHF in die «Grüne Null» investieren und beabsichtigt, seine Nachhaltigkeitspläne künftig der Generalversammlung vorzulegen. Bereits anlässlich der kommenden GV im April 2021 sollen die Aktionäre im Zuge einer Konsultativabstimmung über den im Dezember 2020 vorgestellten «Aktionsplan» zur Senkung des CO2-Ausstosses befinden… [Link zur «Net Zero-Roadmap» von Nestlé]
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V-Zug demonstriert Leistungsfähigkeit
Im Juni 2020 wurde der Haushaltsgerätehersteller V-Zug aus der Metall-Zug-Gruppe abgespalten und ist seither als eigenständiges Unternehmen kotiert. V-Zug konnte 2020 den Gewinn stark steigern, wie fuw.ch berichtet. Zum neuen Wachstumstreiber wird das Auslandsgeschäft…(Login notwendig)
Martin Blessing: «Spacs sind wie ein High-Speed-Lift»
Im Gespräch mit finews.ch erläutert der ehemalige Commerzbank-CEO und ex-UBS-Top Banker Martin Blessing seine Motivation zur Lancierung des Fintech-SPAC EFIC1, der ab Ende Monat an der Börse in Amsterdam gelistet sein soll. Blessing erklärt auch, warum das SPAC-IPO an der Schweizer Börse SIX nicht funktioniert hätte…
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Lenzburg – «Hypi» verschenkt 2700 Gastro-Gutscheine an ihre Aktionäre
Aktionäre der «Hypi», die ihr Stimmrecht anlässlich der «Geister-GV» vom 20. März 2021 ausgeübt haben, erhalten nach einem Bericht der Aargauer Zeitung einen Gastro-Gutschein im Wert von 50 CHF für zwei lokale Restaurants, in denen in regulären Zeiten zum traditionellen GV-Mittagessen geladen wird. Damit unterstützt die in Lenzburg verwurzelte Bank auch die von der Krise stark betroffene lokale Gastronomie…
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Hauptversammlungen: Der Aktionär darf Video-Schnipsel schicken
In Deutschland können sich Aktionäre künftig auch vereinzelt auf virtuellen Hauptversammlungen «zu Wort melden». Der börsenkotierte Chemie- und Pharmakonzern Bayer lässt auf seiner virtuellen HV Ende April auch Video-Statements von Aktionären zu. Aktionäre können ihre Aussagen schriftlich oder per Video – maximal zwei Minuten – auf eine Aktionärsplattform hochladen. Bayer will Aktionären zudem während der HV auch Nachfragen möglich machen und somit mehr Spontanität erlauben. Auch andere Unternehmen bieten vergleichbare Angebote, um Aktionären den Austausch mit «ihren» Firmen zu ermöglichen, wie faz.net berichtet. Ein Vorbild für die Schweiz und künftige «virtuelle Generalversammlungen»?
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