Der Weleda N-PS befindet sich auch 2021 wieder auf der Favoritenliste von schweizeraktien.net. Die Performance seit Jahresanfang beläuft sich auf immerhin 6,4% – und auch die Betrachtung über 3 Jahre, 5 Jahre oder seit Aufnahme des Handels auf OTC-X vor genau 9 Jahren bei 280 CHF zeigt eine positive Entwicklung. Wie sind die weiteren Kurschancen des Nachhaltigkeits-Lieblings im ausserbörslichen Aktienmarkt der Schweiz?
Wie bereits seit Publikation der vorläufigen Zahlen des Geschäftsjahres 2020 im Februar klar war, hat die Corona-Krise bei Weleda kaum negative Spuren hinterlassen. Der geringfügige Umsatzrückgang um 1,2% auf 424.1 Mio. Euro (453.9 Mio. CHF) zeigt bei genauerer Betrachtung ein differenziertes Bild. Ohne Wechselkurseffekte lag der Umsatzrückgang bei lediglich 0,2%. Im wichtigeren Segment Naturkosmetik stieg der Umsatz um 1,9% auf 333.2 Mio. Euro, im Segment anthroposophische Arzneimittel war dagegen wiederum ein Rückgang um 11,2% auf nun 90.9 Mio. Euro zu verzeichnen. Dieses Segment steuert somit noch 21,4% zum Gruppenumsatz bei.
Arzneimittelsegment verliert weiterhin Umsatz
Während das Wachstum im Naturkosmetik-Bereich breit über die Regionen und die Produktsegmente abgestützt ist, liegt die Ursache für den rückläufigen Arzneimittelumsatz hauptsächlich an der veränderten Erstattungspraxis der Krankenkassen in Frankreich, die nun von Heilpraktikern verordnete anthroposophische Arzneien nicht mehr erstatten. Ein weiterer Grund ist das Ausbleiben der üblichen Grippe-Wellen durch die Quarantäne- und Abstandsregeln, was den Absatz der relevanten Arzneimittelproduktgruppen stark reduzierte.
Länderspezifische Entwicklungen
Frankreich ist mit Südamerika neben den Hauptmärkten Deutschland und Schweiz der wichtigste Absatzmarkt, da die anthroposophische Medizin historisch in diesen Ländern die höchste Verbreitung aufweist. In Deutschland und der Schweiz erstatten die Versicherungsträger dagegen unverändert ganz oder teilweise anthroposophische Therapien. Während in vielen Ländern wie Spanien, Schweden und Ukraine der Länderumsatz zu 100% auf Naturkosmetik entfällt, weist Frankreich bei den anthroposophischen Arzneimitteln eine Quote von 33% auf, was angesichts des gesamten Umsatzvolumens von 78 Mio. Euro durchaus in der Konzernrechnung ins Gewicht fällt. In der Schweiz liegt der Anteil sogar bei 36% des Jahresumsatzes von 37.6 Mio. Euro, in Deutschland sind es 18% von 175 Mio. Euro. Demgegenüber liegt der Arzneimittel-Anteil in Brasilien mit 80% von 10 Mio. Euro weltweit am höchsten, dicht gefolgt von Chile und Argentinien.
Internationale Expansion auf starkem Kurs
Ein wichtiger Aspekt des Zahlenwerks 2020 ist der Beleg für die erfolgreiche internationale Expansion. Die höchsten Zuwachsraten erzielten die Märkte, die neu bearbeitet werden und wie Südkorea, Australien und USA mit Wachstumsraten zwischen 13% und 27% geografisch weit entfernt sind. Zwar fällt auch der Basiseffekt ins Gewicht, dennoch sind die Märkte in Osteuropa, Asien-Pazifik und Nord- und Südamerika zu den vorrangigen Wachstumstreibern avanciert. Auf die DACH-Länder entfallen 50% des Umsatzes. Weleda hat somit nach weniger erfolgreichen Expansionsbemühungen in der Vergangenheit nun bewiesen, dass man auch die globale Expansion beherrscht, ohne die finanziellen Ressourcen überzustrapazieren. Eine Rolle spielt dabei auch die lokale Kooperation zur Nutzung der landesüblichen Heilpflanzen wie in Südkorea. Rückschläge wie die zeitweiligen Schliessungen der Weleda-Spas infolge der Pandemie konnten gut verkraftet werden.
Differenziertes Zahlenwerk
Das EBIT konnte 2020 trotz widriger Vorzeichen durch Kosteneinsparungen um 6 Mio. Euro oder 40% auf 22.3 Mio. Euro gesteigert werden. Wegen nachteiliger Wechselkursentwicklungen sowie höherer Steuerzahlungen fiel der konsolidierte Jahresgewinn jedoch um 5 Mio. Euro oder 40,8% auf 7.7 Mio. Euro zurück. Die Eigenkapitalquote erhöhte sich um 0,9 Prozentpunkte auf 53,8%. Die Liquidität erhöhte sich massiv um 25.6 Mio. Euro auf 73.3 Mio. Euro. Die Investitionen gingen zwar leicht auf 12.4 Mio. Euro zurück, blieben jedoch innerhalb der langjährigen Bandbreite. Das sind gute Voraussetzungen, um die verfolgten Strategien fortzusetzen. Der Ausblick ist zwar wegen der Pandemie noch immer mit Unsicherheiten behaftet, doch gibt sich das Unternehmen zuversichtlich, 2021 den Umsatz leicht steigern zu können, erwartet aufgrund der Expansionskosten aber ein leicht rückläufiges EBIT sowie einen unveränderten Jahresgewinn.
Kontinuierliche ESG-Verbesserungen
Obwohl schon seit der Gründung vor 100 Jahren naturnah und nachhaltig ausgerichtet, findet Weleda immer noch viele Ansatzpunkte, um die ESG-Bilanz weiter zu verbessern. Wie darüber in dem ausführlichen integrierten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht rapportiert wird, ist vorbildlich. Die Aktionäre und Partizipanten werden ebenso wie die Mitarbeitenden, die Kunden und die Öffentlichkeit detailliert über Ziele, Massnahmen und das Erreichte informiert. Der Leser erfährt, dass auch 2020 die Wassermengen, das Müllaufkommen und der Energieverbrauch weiter abgesenkt wurden. Massnahmen wie Inspektionen und interne wie externe Audits wurden durchgeführt und Awareness-Kampagnen gestartet.
Der Klima-Fussabdruck im Detail
Weleda rechnet vor, dass vom gesamten Klimafussabdruck, gemessen an den Scope 1,2,3 Emissionen, der direkte Energieverbrauch des Unternehmens nur 1% ausmacht. Auch wenn manche der nachfolgend genannten Grössen noch nicht extern validiert sind und Schätzungen mit gewissen Unschärfen darstellen, so sind sie doch höchst verblüffend. 8% entfallen auf Faktoren wie Rohstoffbeschaffung, Warentransport und Werbung. 14% entfallen auf die Finanzen, weswegen die Vorsorgestiftung nun verstärkt auf klimaneutrale Guthaben- und Anlagemöglichkeiten setzen will. 3% entfallen auf die letzte Meile, also den Weg zum Konsumenten. Spannend ist, dass 8% auf die Verwendung der gezahlten Steuern entfällt, weil die Staaten damit u.a. in Strassenbau und konventionelle Energieerzeugung investieren. Immerhin 9% entfallen auf die Mitarbeitenden, die mit den gezahlten Löhnen Geld für Ernährung, Mobilität und vor allem Wohnen ausgeben. Die Sensibilisierung der Mitarbeitenden ist eine wichtige Säule des Klimaschutzes. Die grösste Überraschung ist aber, dass volle 58% des Klima-Fussabdrucks durch die Kunden erfolgt. Baden und Duschen verbrauchen sehr viel Wasser – und die Aufwärmung verschlingt viel Energie. Die Sensibilisierung und Aktivierung der Kunden ist daher zur Mission für Weleda geworden.
Fazit
Die schweizeraktien.net-Wachstumsprognose von einem mittleren einstelligen Prozentsatz bei gleichbleibenden Gewinnmargen im Dezember 2020 bleibt angesichts der guten Bewältigung der Covid-Krise somit intakt. Aufgrund der günstigen Bewertung der Weleda N-PS bleiben diese im gegebenen Kapitalmarktumfeld weiterhin haltenswert. Das KGV ist zwar aufgrund des Gewinnrückgangs und des Kursanstiegs auf 18 gestiegen, doch EBITDA, EBIT, Buchwert und andere Kennzahlen haben sich 2020 signifikant gebessert. Das Unternehmen ist schuldenfrei. Da bleibt für die Partizipanten auch verkraftbar, dass die Dividende mit 35 CHF gegenüber 2019 und den Vorjahren, unverändert bleibt. 2020 wurde die Dividende wegen Corona ausgesetzt.