Die jüngsten Öffnungsschritte des Bundesrates lassen die Akteure in der Veranstaltungs- und Gastrobranche leicht aufatmen. Denn sie erhalten nun etwas Planungssicherheit. Planungssicherheit, die es in den letzten zwölf Monaten nur unzureichend gab. Auch Kevin Kunz, CEO der Kursaal Bern AG, freut sich über diesen Schritt. Das traditionsreiche Berner Unternehmen wurde in 2020 in allen drei Geschäftsbereichen – Kongresszentrum, Hotel & Gastronomie und Casinos – schwer von den behördlich verordneten Schliessungen aufgrund der Corona-Pandemie getroffen. Unter dem Strich resultierte ein Verlust von 8.4 Mio. CHF.
Silberstreif am Horizont
Jetzt sieht Kunz allerdings wieder mehr als einen ersten Silberstreif am Horizont: Die Buchungen im Kongressgeschäft haben jüngst kräftig angezogen. «Im vierten Quartal 2021 liegt der Buchungsstand heute schon über der Anzahl im Vergleichsquartal von 2019», freut sich der CEO, auch wenn ihm bewusst ist, dass ein neues Aufflammen der Pandemie diese Entwicklung wieder abrupt stoppen kann. Auch in den zwei landbasierten Casinos in Bern (A-Casino) und Neuenburg (B-Casino), an denen die Gesellschaft beteiligt ist, läuft es seit der Öffnung wieder besser. «Die terrestrischen Casinos erholen sich schneller, als wir erwartet haben», so Kunz.
Casinos in Bern und Neuenburg erholen sich
Für die Kursaal Bern AG sind die Spielerträge generell sehr wichtig, weil sie jahrelang die «Cash Cow» der Gruppe waren. Im Onlinecasinogeschäft ist die Kursaal-Gruppe erst später als die Wettbewerber gestartet: Das Onlinecasino «7melons.ch» öffnete im September 2020, in Neuenburg wird noch in diesem Quartal mit der Öffnung von «hurrahcasino.ch» gerechnet. Von dem Boom, den andere Online-Spielbanken wie Luzern und Baden im Coronajahr 2020 verzeichneten, konnten die Berner bisher wenig mitnehmen. Doch dies soll in diesem und den nächsten Jahren anders werden. Denn Geschäftsleitung und Verwaltungsrat haben die Zeit der Schliessung genutzt, um mit dem «All-in-one-Konzept» der neu unter Kursaal Bern AG firmierenden Gruppe vorwärts zu machen.
40’781 neue Aktien sollen zu 350 bis 380 CHF platziert werden
Dazu benötigen sie auch frisches Kapital. Aus diesem Grund konkretisierte das Unternehmen heute seine Pläne für eine Kapitalerhöhung und die Kotierung der Aktien an der BX Swiss. Bisher wurden die Aktien ausserbörslich gehandelt. Von dem Schritt erhoffen sich die Verantwortlichen mehr Liquidität und den Zugang zu neuen Investoren. Insgesamt werden 40’781 Aktien in einer Preisspanne zwischen 350 und 380 CHF den bestehenden Aktionären im Bezugsverhältnis 2:1 angeboten. Die Bezugsfrist uns das Bookbuilding beginnt am 11. Juni und läuft bis zum 24. Juni (12 Uhr) bzw. 25. Juni (12 Uhr). Als erster Handelstag an der BX Swiss ist der 29. Juni vorgesehen. Nach Abzug der IPO-Kosten könnte dem Unternehmen ein Nettoerlös von 13.8 Mio. CHF an frischem Kapital zufliessen. Für die nicht gezeichneten Aktien sei Interesse bei institutionellen Investoren vorhanden, erklärt Finanzchef Oliver Schmutz. Ein Bezugsrechtshandel finde jedoch nicht statt.
Auch die meisten der bisherigen Ankeraktionäre werden sich an der Kapitalerhöhung beteiligen. Aktuell halten die Unternehmer Willy Michel (u.a. Ypsomed) und Hansjörg Wyss sowie die Patronale Fürsorgekasse der Securitas Gruppe, Bruno Marazzi, Elisabeth Marazzi und Etienne Jornod sowie der Berner Schänzli-Verein je mehr als 3% der Stimmrechte der Gesellschaft. Nicht mehr mit von der Partie ist die Gebäudeversicherung Bern (GVB). Sie verkaufte auf Anfang 2021 ihr Aktienpaket an den Unternehmer und Mäzen Hansjörg Wyss.
Kapital fliesst in die Renovation der Gastronomie und Digitalisierung
Nachdem die Renovation des Hoteltrakts im Frühling 2021 abgeschlossen wurde, soll mit dem frischen Kapital die Erneuerung der Restaurants finanziert und auch in die weitere Digitalisierung investiert werden. Auch in das Marketing für die zwei Online-Casinos werden Mittel fliessen. «Der Erfolg von Online-Casinos hängt sehr stark mit dem Zusammenspiel von Marketing, Spieleangebot und den Bonusprogrammen zusammen», fasst Oliver Schmutz die ersten Erfahrungen zusammen. Hier sieht er noch deutliches Optimierungspotenzial. Denn die bisherigen Spielerträge aus dem Online-Gaming sind noch nicht dort, wo sie der CFO gerne sehen würde. Allerdings, betont CEO Kevin Kunz, dass die Kursaal-Gruppe «nicht mehr nur abhängig von den Casinos sein möchte». Punktuelle Zukäufe in allen drei Bereichen schliesst Kunz ebenfalls nicht aus.
Wachstum mit nationalen und internationalen Kongressen
Im Kongressbereich zielt der Kursaal neben regionalen Veranstaltungen vor allem auf nationale und internationale Kongresse. Der Fokus liegt auf Wissenschaft, Medizin, Wirtschaft, Kultur und Politik sowie Sport- und Musikveranstaltungen. So werden zum Beispiel Ende Juni die erfolgreichen Berner Musiker Lo & Leduc zwei Konzerte im Kursaal Bern geben. Erreicht werden soll das Wachstum durch eine enge Zusammenarbeit mit der Vermarktungsorganisation «Bern Welcome» und der Bernexpo Groupe. Über einen Technik-Partner, die Firma Habegger, werden heute schon sogenannte «hybride» Events angeboten. Jüngst nahmen rund 100 Ärzte aus Japan an einem hybriden Kongress in Bern teil, berichtet er.
Dass unter den hybriden Events die Wertschöpfung in den anderen Bereichen, wie Gastronomie oder Vermietung von Flächen, leiden könnte, sieht Kevin Kunz zwar schon. Allerdings sei die Organisation durch Corona ohnehin flexibler aufgestellt, was sich auf der Fixkostenseite positiv bemerkbar mache. «Uns ist die Rentabilität wichtiger als der reine Umsatz», erklärt er. Schon in den vergangenen Jahren konnte die operative Marge – unter Hoteliers als Gross operating profit (GOP) bekannt – von 16 auf 22% gesteigert werden. Auch in Zukunft sehen Kevin Kunz und Oliver Schmutz hier weiteres Verbesserungspotenzial. Im Hotelbereich – hier betreibt die Gruppe das neue Swissôtel Kursaal Bern – sind dank der Zusammenarbeit mit der Accor-Gruppe auch weitere Optimierungen möglich. Allein durch die Buchung über den Accor-Verbund könne die Auslastungen von rund 70% vor der Krise deutlich verbessert werden, weiss Kunz.
Vorerst keine Bardividenden
Die Optimierungen sind allerdings auch zwingend nötig. Denn das Unternehmen hat aufgrund der Corona-Krise 3.6 Mio. CHF an Covid-Krediten bezogen. Ausserdem flossen und fliessen zur Abfederung der Krisenfolgen Härtefallgelder an den Kursaal und einzelne Tochtergesellschaften. Voraussichtlich bis 2024 müssen alte und neue Aktionäre daher auf eine Bardividende verzichten. Beibehalten werden soll allerdings das bei Aktionärinnen und Aktionären beliebte Nachtessen im Kursaal Bern. Denn sobald es wieder möglich ist, möchte Kevin Kunz seine Kunden und Aktionäre auch wieder persönlich zur Generalversammlung in der Arena des Berner Kursaals begrüssen: «Der Kursaal Bern bleibt eine Volksaktie, und wir haben uns vorgenommen, dass sie eine Dividendenperle wird».