Die Kursaal Bern AG strebt Ende Juni eine Kotierung an der BX Swiss an. Bisher werden die Aktien ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Nach einem rabenschwarzen Jahr mit einem Verlust von 8 Mio. CHF legt das Kongress-, Hotel- und Casinounternehmen mit Sitz in der Bundesstadt nach dem Zufluss von frischem Kapital den Vorwärtsgang ein. Verwaltungsratspräsident ist seit 2016 der international renommierte Zahnmediziner und Implantatchirurg Prof. em. Dr. Daniel Buser. Er sieht grosses Potenzial für nationale und internationale Kongresse in Bern, insbesondere im medizinischen Bereich. Wo er genau ansetzen will und warum die anderen Schweizer Kongressstandorte nun zittern müssen, verrät er im Interview mit schweizeraktien.net.
Herr Buser, die Kursaal Bern AG möchte sich rund 14 Mio. CHF neue Mittel durch eine Kapitalerhöhung und einen Börsengang an der BX Swiss beschaffen. Wie sind die Gespräche mit potenziellen Investoren bisher gelaufen, und welches Feedback haben Sie erhalten?
Das Feedback war bisher sehr gut. Die Kursaal Bern AG ist eine Perle, die es in dieser Form kein zweites Mal gibt. Das haben auch die Investoren erkannt. Sie verstehen, dass wir wegen der Pandemie unverschuldet eine massive Abschwächung des Ergebnisses hinnehmen mussten, nachdem wir noch 2019 ein tolles Ergebnis verzeichnen konnten. Ohne die Pandemie hätten wir 2020 ein Topergebnis erzielt. Danach sah es Anfang 2020 auch aus. Dann kam die Pandemie und hat uns in allen Tätigkeitsfeldern massiv getroffen. Im Bereich Kongresse und Events sehen wir grosse Opportunitäten und wir werden unsere Marktpositionen deutlich stärken. Mit der Neueröffnung des Swissôtel Kursaal Bern im März 2021 verbessern wir auch im Hotelgeschäft unsere Marktposition. Das sehen auch unsere Kernaktionäre, weshalb ich überzeugt bin, dass die Aktienplatzierung überzeichnet sein wird.
Warum führen Sie einen Börsengang durch, statt das Kapital durch eine Privatplatzierung zu beschaffen? Das Emissionsvolumen ist relativ klein, die Kosten für das IPO mit rund 1 Mio. CHF sind recht hoch…
Einige Kernaktionäre wünschen seit längerem einen Gang an die Börse. Auch für neue Aktionäre ist eine Börsenkotierung attraktiv. Der Aufwand für die Platzierung rechtfertigt sich auch mit dem tollen PR-Effekt und einer höheren Visibilität durch die Kotierung an der BX Swiss. Zudem haben wir auch gleich die Statuten einer Totalrevision unterzogen.
Warum gehen Sie nicht gleich an die Schweizer Börse SIX?
Das wäre der nächste logische Schritt. Dazu müssen wir allerdings erst einmal den Umsatz deutlich steigern. Aber eins nach dem anderen. Wir machen jetzt mal den Schritt an die BX Swiss.
Mit den Mitteln aus dem Börsengang wollen Sie die Marktposition der Kursaal Bern AG national und international stärken. Wie sieht Ihre Strategie konkret aus?
Wir sehen grosse Chancen im Kongresswesen. Bisher hat sich der Kursaal Bern nicht als Kongresszentrum verkauft. Das wird sich jetzt ändern. Wir wollen das führende Kongresszentrum in unserer Grössenordnung in der Schweiz werden. Die Pandemie hat zu einer kompletten Veränderung in der Kongresslandschaft geführt. Mit unserem topmodernen hybriden Angebot, der einmaligen Architektur der Arena und dem hervorragenden Standort inmitten einer der schönsten Städte Europas werden wir viele nationale und internationale Kongresse nach Bern holen. Es bestehen auch Pläne, Kongresse in anderen Bereichen der Wissenschaft oder Wirtschaft aufzubauen. So finden erste Gespräche statt, mit der Wyss Academy for Nature einen grossen internationalen Kongress mit weltweiter Ausstrahlung durchzuführen. Das geht natürlich nur über ein hybrides Kongressformat.
Befürchten Sie nicht, dass die Anzahl Teilnehmer an den Präsenzanlässen und damit die Wertschöpfung für den Kursaal wegen der Verbindung mit Online-Anlässen geringer wird?
Nein. Kongressteilnehmende wollen sich auch in Zukunft treffen, da besteht kein Zweifel. Aber nicht alle wollen in Zukunft physisch präsent sein. Mit dem Online-Angebot können wir die Gesamtzahl an Teilnehmenden erhöhen.
Nehmen wir die zahnmedizinische Ausbildung als Beispiel: Hier liegt der Anteil Studentinnen heute bei 60-70%. Viele dieser Zahnärztinnen arbeiten später nicht 100%, sondern Teilzeit. Nicht alle werden reisen können – und wollen, auch aus familiären und organisatorischen Gründen. Sie haben nun die Möglichkeit, mit einem Online-Ticket das Fortbildungsangebot trotzdem zu nutzen. Wir setzen dabei nicht nur auf Live-Streaming, sondern auf on-demand-Lösungen. Alle gestreamten Inhalte werden in der Regel für zwei bis drei Monate nach der Veranstaltung online verfügbar bleiben und können von den Teilnehmenden jederzeit angeschaut werden. Das ist wie bei Netflix. Da bestimmen auch Sie den Zeitpunkt, wann Sie einen Film schauen.
Sie haben viel Erfahrung im Bereich von medizinischen Kongressen, die Sie auch selber organisiert haben. Wie gross ist das Potenzial in der Schweiz, und welchen Anteil vom Kuchen werden Sie sich holen?
Es gibt eine grosse Anzahl von Fachkongressen für 500, 800, 1’200 und 1’500 Teilnehmende. Wenn ich nur an die medizinischen und zahnmedizinischen Fachgesellschaften denke, sind das allein rund 50 Kongresse im Jahr, die wir nach Bern holen können. Und genau dort haben wir ein Bombenangebot. Schauen Sie sich unsere Arena an, in der man von jedem Platz aus einen sehr guten Blick auf die Bühne hat.
Also müssen sich die anderen Kongressstandorte in der Schweiz in Acht nehmen?
Ich denke ja. Das ist die grosse Chance für Bern. Zusammen mit BernExpo und Bern Welcome arbeiten wir intensiv an einem Konzept, Bern als Kongressstadt zu positionieren. Bern kann für verschiedenste Kongresse in unterschiedlicher Grösse ein attraktives Angebot bieten. Für Kongresse bis 1’500 Teilnehmende bietet sich der Kursaal Bern als Kongresszentrum an. Grössere Kongresse mit mehr als 1’500 Teilnehmenden vor Ort können in den Hallen von BernExpo durchgeführt werden, wo ab 2024 eine topmoderne Eventhalle verfügbar sein wird.
Welche weiteren Pläne haben Sie?
Unser Brand muss gestärkt werden. Da fliesst auch ein Teil des frischen Kapitals rein. Denn wir wollen in allen Bereichen Marktanteile gewinnen. Das neue Kapital ist aber auch wichtig, um unsere Bilanz weiter zu stärken. Die Kursaal Bern Gruppe verfügt nach wie vor über eine solide Eigenkapitalquote von rund 60%, obwohl wir gerade die Renovation des Hotels mit Investitionen von rund 21 Mio. CHF abgeschlossen haben. Die neuen Mittel fliessen unter anderem in die weitere Digitalisierung unserer Kongresstechnik. Sicherlich werden wir nicht alles Geld auf einmal ausgeben.
Zukäufe schliessen Sie aber nicht aus. Wo sehen Sie hier national und international Opportunitäten?
International haben wir keine Ambitionen. Wenn es uns gelingt, das Konzept Kongressstadt Bern umzusetzen, schliessen wir nicht aus, ein kleineres Hotel an einem weiteren Standort in Bern zu integrieren.
Und im Casino? Dort steht auch die Erneuerung der Casino-Konzessionen in 2024 an.
Die terrestrischen Casinos laufen schon heute wieder gut. Mit den Online-Casinos hatten wir einen schleppenden Start und brauchten lange, bis wir grünes Licht von der ESBK erhielten. Jetzt werden wir noch ein wenig Anlaufzeit benötigen, bis wir auch mit dem Online-Casino in Bern und dem Online-Casino in Neuenburg, das diesen Monat an den Start geht, erfolgreich sind. Auf jeden Fall werden wir bei der Erneuerung der Konzessionen wieder für Bern und Neuenburg ein Gesuch einreichen und dabei alles unternehmen, damit wir die Casinos weiter betreiben können.
Wie sehen Ihre finanziellen Ziele in den nächsten drei bis fünf Jahren aus, und wo liegt der grösste Hebel für die Unternehmensgruppe?
Die Krise hat dazu geführt, die Kostenstruktur in unserer Gruppe zu überdenken. Wir sind viel effizienter geworden. Hier liegt auch in Zukunft noch einiges Potenzial. So wird der Gastronomiebereich im Erdgeschoss im nächsten Jahr umgebaut und neu organisiert, um die betrieblichen Abläufe vorteilhaft einzurichten. Die Zielmarge für das EBIT der Kursaal Bern Gruppe liegt mittelfristig bei 10 bis 15%.
Investoren haben heute die Möglichkeit, in dividendenstarke SMI-Titel zu investieren. Ebenso gibt es Casino-Aktien bspw. der Stadtcasino Baden AG oder der Kursaal-Casino AG Luzern. Warum sollten sie in die Aktie der Kursaal Bern AG investieren?
Ich bin überzeugt, dass unsere Aktie bis in vier Jahren eine Dividendenperle sein wird. Wir streben dannzumal eine Ausschüttungsquote von mindestens 30% des Reingewinns oder höher an. Vor der Krise, im Jahr 2019, lag der Gewinn bei 4.4 Mio. CHF. Mit den eingeleiteten Massnahmen dürften wir bei einer normalen wirtschaftlichen Entwicklung darüber liegen. Und als Vorteil für unsere Aktionäre: Die Dividendenzahlung wird bis auf weiteres zu 50% aus einer verrechnungssteuerfreien Ausschüttung aus Kapitaleinlagereserven bestehen.
Vielen Dank für das Gespräch.