Die meisten repräsentativen Aktien-Indizes bleiben auf Rekordkurs, vereinzelt, wie in Japan, geht es aber auch nur seitwärts. Die Unternehmensgewinne liegen zumeist über den Erwartungen, der Renditeanstieg an den Anleihemärkten hat sich zuletzt wieder abgeflacht. Alles bestens also? Kommt auf die Auswahl an, denn ein Favoritenwechsel liegt in der Luft.
Das erste Halbjahr ist zu Ende. Das ist traditionell auch die Zeit für eine Zwischenbilanz. Das laufende Jahr ist jedoch in vielerlei Hinsicht atypisch. In den Wintermonaten war noch ein weitreichender Lockdown installiert, erst allmählich kehrte im Frühjahr eine Normalisierung der Bedingungen ein. Die veröffentlichten Zahlen sprechen für sich. So zeigt die Fremdenverkehrsbilanz für 2020 einen Rückgang der Umsätze um 47,8% auf 9.4 Mrd. CHF, so das Bundesamt für Statistik.
Schweizer Börse in Rekordlaune
Doch die Börse scheint das alles bisher wenig zu kümmern. Der SPI kletterte seit Jahresbeginn um weitere 15%, der SMI um 12%. Allerdings verläuft die Kursentwicklung einzelner Aktien und Industrien durchaus differenziert. Das Luxusgüter-Segment übernahm die Führung: Richemont legte um über 40% in den ersten sechs Monaten zu, Swatch um über 30% und Givaudan um immerhin 16%. Partners Group zählte mit einem Plus von 35% zu den besten Performern. Aber auch Schwergewichte wie Nestlé mit 11% gewannen deutlich. Fast alle Aktien legten zu, doch CS liegt um mehr als 12% hinten. Die Archegos- und Greensill-Debakel waren wohl doch zu viel des Schlechten. So entfällt mehr als die Hälfte der von der Finanzindustrie erlittenen Verluste durch das Archegos-Desaster allein auf CS.
Alternative Szenarien denkbar
Dabei ist aber im hohen Kursniveau und in den oft ambitionierten Bewertungen bereits die beste aller Welten eskomptiert. Die BIZ in Basel hat zwei weitere Szenarien entwickelt: Die Inflation könnte doch höher als gemeinhin angenommen ausfallen und länger andauern oder, alternativ, das Virus könnte die Weltwirtschaft länger und stärker im Griff behalten, als es sich in den gegenwärtig optimistischen Annahmen widerspiegelt, was die wirtschaftliche Erholung verzögern würde. Sollte die weitere Entwicklung der Unternehmensgewinne zu wünschen übrig lassen, wäre die Börse für signifikante Korrekturen anfällig.
Geringe Schwankungen der Favoriten
Doch ob nun zyklische Aktien ihren Gipfelsturm fortsetzen oder sich die beginnende Wiederentdeckung defensiver Aktien verstärkt, am Ende kommt es bei der Performance doch auf die Auswahl und die Perspektiven der Einzeltitel an. Im Juni kam es bei den Valoren der Favoritenliste von schweizeraktien.net nur zu geringen Kursveränderungen in beide Richtungen. Während Ypsomed wieder zurückgefallen ist, konnte Barry Callebaut Boden gutmachen. Die beiden Starperformer Swissquote und Coltene haben sich trotz Gewinnmitnahmen auf dem erhöhten Niveau halten können. Der Ausblick bei beiden Unternehmen bleibt positiv. Das gilt bei allen Favoriten, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. So sollte die Tatsache, dass inzwischen fast alle US-Amerikaner geimpft sind, dazu führen, dass die durch die Pandemie aufgehaltene Markteinführung der YpsoPump durch den Partner Eli Lilly in den USA nun beschleunigt von statten gehen wird.
Durchschnitts-Performance
Bei den kotierten Aktien der Favoritenliste liegt die durchschnittliche Performance nach sechs Monaten bei 24,7%, bei den ausserbörslich gehandelten Aktien beträgt sie 11,7%, bezogen auf alle Titel sind es 18,9%. Dividenden bleiben unberücksichtigt.
Einstiegschance bei Vifor Pharma
Gibt es Gelegenheiten für das Portfolio, so sollte man sie nutzen. Das ist gegenwärtig angesichts des allgemein hohen Kursniveaus nicht einfach. Doch beim Pharma-Konzern Vifor bietet sich eine solche Einstiegschance. Die Aktie ist nach mehreren Durchstartversuchen doch immer wieder zurückgefallen. So auch zuletzt. Der Kurs rutschte kurzzeitig unter 120 CHF. Am 24. Juni meldete Vifor, dass der bisherige CEO Stefan Schulze zurücktritt und am 16. August sein Nachfolger Abbas Hussain übernimmt. Vielleicht gab es Differenzen zur weiteren Strategie. Doch der neue CEO ist ein ausgewiesener Pharma Executive mit langjährigen Stationen bei Eli Lilly und GSK. Dort war er in den letzten fünf Jahren Global President Pharmaceuticals and Vaccines.
Neue Besen kehren gut
Bei der Globalisierung von Vifor, schlagkräftigen Partnerschaften und der Skalierung des Produktportfolios könnte er nun den Sprung aufs nächste Level bewirken. Hilfreich könnte dabei auch der Private-Equity-Hintergrund des Kandidaten sein. Mehr zum Unternehmen findet sich in der schweizeraktien.net Evaluierung „Vifor Pharma: Wachgeküsst?“ von Ende November 2020. Die Aktie wird mit einem 2-Jahres-Anlagehorizont per Anfang Juli der Favoritenliste 2021 hinzugefügt.