Die Woche | 06. September 2021: Hochdorf, BLS und TX Group im Fokus

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Vergangene Woche sorgte der börsenkotierte Milchpulverhersteller Hochdorf für Schlagzeilen, vor allem in den Regionalmedien. Durch eine ungestüme Akquisitionspolitik sowie strategische und finanzielle Fehlentscheidungen war das Unternehmen mit Sitz im Luzerner Seetal in Schwierigkeiten geraten. Jetzt muss offenbar das «Tafelsilber verkauft» werden, um dringend notwendige Liquidität zu beschaffen und die angeschlagene Bilanz der Hochdorf-Gruppe zu sanieren. Bei diesem «Tafelsilber» handelt es sich um das Grundstück am Bahnhof der Gemeinde, auf dem sich seit 1895 eine der zwei Produktionsstätten des milchverarbeitenden Unternehmens befindet. Die Produktion soll ins thurgauische Sulgen verlagert werden – 120 Jobs gehen verloren.

Die Ausgangslage für die Hochdorf-Aktionäre ist heute nach wie vor unbefriedigend: Der Verkauf des Immobilienbesitzes in Hochdorf – unter finanziellem Druck – ist am Ende auch ein Offenbarungseid und ein äusseres Signal für eine in der Vergangenheit an vielen Stellen gescheiterte Unternehmensstrategie sowie schlechte Corporate Governance. Für die freien Aktionäre wäre es vermutlich besser, auf den Verkauf des «Tafelsilbers» zum jetzigen Zeitpunkt zu verzichten und stattdessen in einem ersten Schritt eine tiefgreifende Finanzsanierung etwa über eine kräftige Kapitalerhöhung ins Auge zu fassen. Offenbar scheinen die Grossaktionäre – Ende 2020 war Amir Mechria (Pharmalys) mit 20.6% grösster Aktionär, vor ZMP Invest (Genossenschaft der Zentralschweizer Milchproduzenten) mit knapp 18.0% und dem auf den Grand Cayman Islands domizilierten Bermont Master Fund LP mit 14.5% – dazu aktuell nicht bereit. Zumindest nach aussen ist – auch mangels Kommunikation der Aktionäre mit der Öffentlichkeit – völlig unklar, welche Interessen und welche Pläne die Kernaktionäre von Hochdorf überhaupt für das Unternehmen verfolgen und wie diese Pläne, so es sie gibt, umgesetzt werden sollen, damit Hochdorf in die Erfolgsspur zurückfindet.

Aus der Verantwortung stehlen werden sich im Kanton Bern wohl auch die Regierungsräte in Sachen BLS Subventionsskandal. Obwohl die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates Mängel in der Aufsicht festgestellt hat, liess sich der Regierungsrat mit einem von ihm bestellten Gutachten nun bescheinigen, dass keine Mängel in Bezug auf das Bestellverfahren im regionalen Personenverkehr festgestellt wurden. Dennoch stellt sich die Frage, ob die frühere Berner Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer (SP), in deren Amtszeit von 2002 bis 2018 der Subventionsskandal fällt, als BLS-Verwaltungsrätin ihre Aufgabe richtig wahrgenommen hat. Schliesslich vertrat sie nicht nur den Mehrheitseigentümer Kanton Bern, sondern auch den Besteller im Verwaltungsrat. Sie muss sich aber nicht mit Fehlern, die während ihrer Amtszeit geschehen sind, auseinandersetzen, weil sie seit 2018 nicht mehr im Amt ist. Egger-Jenzer sitzt hingegen seit 2019 im Verwaltungsrat der Stadler Rail Group – dotiert mit einem Honorar von 154’000 CHF im Jahr 2020. Übrigens: Während ihrer Amtszeit als Regierungsrätin und VR-Mitglied von BLS erhielt Stadler Rail u.a. einen Grossauftrag des Berner Bahnunternehmens für 58 Züge über 650 Mio. CHF.

Unternehmen, die erfolgreich an der Börse sind, verfügen in der Regel auch über eine gute Corporate Governance. Die Aktienkurse von Hochdorf und auch von den ausserbörslich gehandelten BLS sprechen eine andere Sprache. Ein Unternehmen, das ebenfalls Defizite in der Governance aufweist, ist das Medienkonglomerat TX Group. Bereits im letzten Jahr haben wir die Aktie genauer analysiert und auf die Defizite des mehrheitlich in Familienbesitz befindlichen börsenkotierten Unternehmens – sowohl aus strategischer als auch aus Governance-Optik – hingewiesen. Nun kommt Bewegung in den Medienkonzern. Wie letzte Woche bekannt wurde, soll der Digitalbereich in ein Joint Venture eingebracht werden. Die Börse jubilierte, und der Aktienkurs schoss um mehr als 50% in die Höhe. Wer schon früher in den damals unterbewerteten Titel eingestiegen ist, konnte seinen Einsatz zwischenzeitlich verdoppeln.

Verdoppelt hat sich seit Anfang Jahr auch der Aktienkurs von Swissquote, einer Aktie, die seit Jahresbeginn auf der Favoritenliste von schweizeraktien.net steht. Auch andere Favoriten konnten zweistellige Kursgewinne verbuchen. Wir schauen uns in der kommenden Woche die Aktie des regionalen Versorgers WWZ nochmals genauer an, da diese am Ende unserer Favoritenliste steht. Weitere Beiträge erwarten Sie zu den Davos Klosters Bergbahnen sowie eine Zusammenfassung des Webinars zu unserer ESG-Umfrage. Sie können sich zu dem Webinar am 8. September um 16.30 Uhr noch anmelden.

Und nun wünschen wir einen erfolgreichen Start in die Woche.


Hochdorf

Seit 1895 wurde in Hochdorf Milch verarbeitet. Damit wird bald Schluss sein. Bild: hochdorf.com

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schweizeraktien.net hat in diesem Frühjahr 171 OTC-X gelisteten Firmen 30 Fragen zu Umwelt, sozialen und Governance-Themen gestellt. Wir informieren in einem Webinar am 8. September 2021 über die Ergebnisse und die Nachhaltigkeits-Strategie bei der BEKB. Melden Sie sich jetzt an…

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TX Group: Schlafender Value?

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In der letzten Woche gab die TX Group nicht nur ihr Semesterergebnis, sondern auch die Gründung eines Joint Ventures für den Digitalbereich mit Ringier, der Mobiliar und dem Wachstumsinvestor General Atlantic bekannt. Wir haben schon im April 2020 die Aktie der TX Group als «schlafenden Value» bezeichnet und auf die Chancen einer Abspaltung des Digitalbereiches hingewiesen…

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Was uns im Netz sonst noch aufgefallen ist…




Hochdorf verlagert Produktion in den Thurgau

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Die börsenkotierte Hochdorf-Gruppe verlagert ihre Produktion von dem seit 1895 bestehenden Werk im luzernischen Hochdorf in den Thurgau – 120 Arbeitsplätze werden abgebaut. Mit der Verlagerung will die bilanziell angeschlagene Hochdorf ab 2024 jährlich 7 bis 9 Mio. CHF sparen. Gleichzeitig soll das zentral am Bahnhof Hochdorf gelegene Grundstück bis Ende dieses Jahres an einen Investor verkauft werden; der Verkaufsprozess wurde eingeleitet. Geplant ist, dass Hochdorf das Areal bis zum Auszug vom Käufer anmietet. In Hochdorf bleiben nur noch Hauptsitz und Verwaltung. luzernerzeitung.ch berichtet…

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BLS-Affäre – Gutachter sieht bei BLS keine Mängel im Bestellverfahren

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derbund.ch berichtet aktuell über ein vom Regierungsrat des Kantons Bern in Auftrag gegebenes Gutachten. Dieses sieht beim Bestellverfahren im öffentlichen Regionalverkehr keine gravierenden Mängel und nimmt den Regierungsrat rund um die Causa BLS in Schutz. Ganz anders sieht es die Geschäftsprüfungskommission des bernischen Grossen Rates, die ihrerseits zum Ergebnis kommt, dass die Aufsicht der Kantonsregierung über die BLS nicht gut funktioniert habe. Die wohl nur auf dem Papier «privatwirtschaftliche» BLS ist längst tief in die Mühlsteine der Berner Politik geraten… Ende offen.

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IPO - Reuters: Elektroauto-Zulieferer Brusa will an die Schweizer Börse

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In das IPO-Karussell an der SIX kommt in Richtung Jahresende zunehmend Bewegung. Offenbar strebt nun auch der Elektroauto-Zulieferer Brusa Elektronik mit Sitz im St. Galler Rheintal an die SIX und hat nach einem Bericht von cash.ch ein schlagkräftiges Bankenkonsortium hinter sich vereint. Das Geschäftsmodell verspricht – sprichwörtlich – Spannung: Brusa entwickelt und produziert unter anderem Antriebe oder Ladegeräte für Elektroautos. Noch spannender aus Sicht künftiger Aktionäre dürfte jedoch die Bewertung zum Börsengang werden. Diese ist bisher nicht bekannt…

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«Der Immobilienmarkt ist am Brennen»

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Nicht nur das Engadin ist einer der Orte in der Schweiz, in denen der Immobilienmarkt zu überhitzen droht. Dr. Fritz Zurbrügg, Vize-Präsident der SNB, warnte bei einer Veranstaltung der Universität Luzern vor wenigen Tagen vor den «hohen Verwundbarkeiten» auf dem Schweizer Immobilienmarkt und sprach von «deutlichen Anzeichen» einer übermässigen Hypothekarvergabe, wie swissinfo.ch berichtet. Immer mehr Bankbilanzen, deren Wachstum in den letzten Jahren immer stärker vom Hypothekargeschäft geprägt waren, sind stille Mahner und erinnern an die Worte von Dr. Zurbrügg…

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Klewenalp: Verein schlägt Neuanfang vor

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Bei der im Vergleich zu den benachbarten «Bergbahnriesen» am Pilatus und der Rigi kleinen Nidwaldner Bahngesellschaft Bergbahnen Beckenried-Emmetten AG in der Tourismusregion Klewenalp ist nach einem Bericht von luzernerzeitung.ch zwischen einem lokalen Verein und dem amtierenden Verwaltungsrat ein Streit entbrannt um die Unternehmensstrategie. Die kommende GV am 30. September 2021 könnte vor diesem Hintergrund «hitzig» werden, so die Vermutung der Zeitung. Konkret geht es auch um einen Kapital- und Schuldenschnitt und einen kompletten Neuanfang, mit neuen Investoren und einem neuen Verwaltungsrat…

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Pekings Crackdown lässt Chinas Tech-Riesen schlottern

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Die chinesische Führung zieht die Daumenschrauben gegenüber den heimischen Technologie-Konzernen an und verschärft die Regulation. Der «Kapitalismus chinesischer Prägung» steht offenbar vor einer tiefgreifenden Zeitenwende. Technologie-Investoren im Reich der Mitte werden zunehmend nervös, haben doch auch die Aktien chinesischer Technologiekonzerne zuletzt massiv an Wert verloren. Tech-Aktien «Made in China» sind längst kein Garant mehr für das «schnelle Geld». nau.ch berichtet – ausgehend von den Technologie-Konzernen – über ein Land in Transformation…

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