Die Anzeichen, dass wir uns dem Höhepunkt der aktuellen Hausse an den Aktienmärkten nähern, häufen sich. In der vergangenen Woche gaben z.B. gleich drei Schweizer Firmen – Vetropack, Huber+Suhner und SoftwareOne – bekannt, dass sich deren Grossaktionäre von ihren Aktien trennen werden. Offenbar erachten sie den Zeitpunkt und die aktuelle Bewertung als günstig, um sich aus dem Investment zu verabschieden. Die Kurse reagierten mit entsprechenden Abschlägen, wobei dieser bei Huber+Suhner mit rund minus 10% am heftigsten ausfiel.
Weitere Signale für einen möglichen Höhepunkt sind das Ende des SPAC-Booms in den USA, die rekordhohe Anzahl an Firmenübernahmen und die nicht enden wollende Flut an Börsengängen. Dass Investoren allerdings offenbar nicht mehr bereit sind, jeden Preis für eine tolle «Equity Story» zu zahlen, zeigt das IPO des Schweizer Turnschuhherstellers «On». Bei einem Ausgabepreis zwischen 18 und 20 USD würde die Marktkapitalisierung «nur» rund 5.5 Mrd. USD betragen und damit deutlich weniger als die zeitweise kolportierten 6 bis 8 Mrd. USD. Auch in der Schweiz läuft die IPO-Maschinerie weiter: Die Pipeline scheint mit Firmen wie dem Sulzer-Spin-off Medmix, Skan, Brusa, Chronext u.v.m. sehr gut gefüllt. Wie hiess es in einem NZZ-Kommentar letzte Woche so schön: Man soll «tanzen, solange die Musik noch spielt».
Dass Grossaktionäre ihre Anteile abstossen, trifft allerdings nicht für alle Schweizer Firmen zu. Gerade beim SMI-Schwergewicht Roche zeigt sich eine gegenteilige Entwicklung. Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums der Firma kündigten die mehrheitlich beteiligten Familienstämme Hoffmann und Oeri an, dass sie «auch die nächsten 125 Jahre» an Roche beteiligt bleiben wollen. Dass der Kurs trotz dieser positiven Nachricht ins Rutschen geriet, könnte mit (Fehl-)Spekulationen auf Veränderungen im Aktionariat zusammenhängen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Roche selbst zum Übernahmeziel wird, scheint damit für die nächsten 125 Jahre zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht besonders wahrscheinlich. Gegen die Stimmrechtsmehrheit der Roche-Erben wird auf lange Sicht, obwohl die Familien Hoffmann und Oeri nur 9.3% des Kapitals halten, aufgrund der besonderen Struktur der Roche Holding AG mit den börsenkotierten Genussscheinen keine Übernahme möglich sein.
Dabei ist ein solches Commitment der Grossaktionäre grundsätzlich positiv zu bewerten. Sie glauben an die Zukunft «ihrer» Firma und werden alles daran setzen, dass diese auch in 125 Jahren noch besteht. Kein Wunder, gehört Roche auch zu den Nachhaltigkeits-Leadern an der Schweizer Börse. Während sich andere grosse SMI-Unternehmen wie Credit Suisse oder Holcim krampfhaft bemühen, sich ein «grünes Mäntelchen» umzulegen, um dann doch wieder mit Skandalen rund um Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen konfrontiert zu werden, hat es Roche offenbar geschafft, auch intern einen Kulturwandel zu erreichen.
Wir vom schweizeraktien.net-Team freuen uns, dass es gelungen ist, mit unserer ersten ESG-Umfrage das Engagement der Firmen in Sachen Nachhaltigkeit auch im ausserbörslichen Bereich visibel zu machen. In unserem Webinar wurde vergangene Woche deutlich, dass bei den teilnehmenden Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit schon länger verankert und auch ein Kundenbedürfnis ist. Nur verzichten diese Firmen auf umfangreiche Berichterstattungen und Marketingaktionen: Sie handeln, statt nur zu reden. Das ist vorbildlich.
In der kommenden Woche steht der Tourismussektor im Fokus unserer Berichterstattung. Denn am Dienstag findet der Branchentalk Tourismus auf dem Titlis statt, an dem wir über 60 Chefs von Bergbahnen und Hotels sowie Investoren erwarten. Vielleicht ist der eine oder andere Leser unseres Newsletters auch dabei.
Wir wünschen einen erfolgreichen Start in die Woche.
Nachhaltiges Investieren wird immer beliebter. schweizeraktien.net hat daher die auf otc-x.ch gelisteten Unternehmen genauer zu ESG-Themen befragt.
Aktuelle Artikel vom schweizeraktien.net-Team
WWZ: Zuger Energieunternehmen weiter im Investitionsmodus
Der Zuger Versorger WWZ AG investiert weiter in zwei Fernwärmeprojekte. Zur Finanzierung der Investitionen von rund 200 Mio. CHF nimmt das Unternehmen nun eine 12-jährige Anleihe über 100 Mio. CHF auf, die mit 0.2% (!) verzinst wird. Mit den Projekten will WWZ den CO2-Ausstoss in der Wärmeerzeugung kräftig senken. Mehr dazu und zum Semesterabschluss in unserem aktuellen Beitrag…
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Lenzerheide Bergbahnen: Verlust in Grenzen gehalten
Da es sich bei den Lenzerheide Bergbahnen um ein Touristikunternehmen handelt, waren die Befürchtungen berechtigt, dass das Geschäftsjahr 2020/21 (zum 30. April) pandemiebedingt ein «annus horribilis» werden könnte. Das ist so nicht eingetreten. Das Unternehmen verzeichnete den besten Sommer aller Zeiten und erzielte Rekord-Vorverkäufe der Jahreskarten, wie unser Autor Tobias Wolff schreibt…
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ESG-Umfrage: Nachhaltiges Wirtschaften entsteht oft aus einem Kundenbedürfnis
Unser Autor Daniel Eichenberger hat letzten Mittwoch die Erkenntnisse aus der ESG-Umfrage unter ausserbörslich gehandelten Unternehmen in einem Webinar präsentiert. Ausserdem stellte Claudia Lanker den Nachhaltigkeitsansatz der Berner Kantonalbank (BEKB) vor. Eine Zusammenfassung sowie die Aufzeichnung des Webinars finden Sie in unserem Beitrag…
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Nachhaltiges Investment: ESG-Indizes für den SPI
Im Frühjahr berichteten wir über die Lancierung von zwei ESG-Indizes an der Schweizer Börse SIX. Unser Beitrag zeigt die Methodik auf, wie der Index zusammengesetzt wird. Angesichts der Vielzahl an Produkten, die derzeit auf den Markt geworfen werden und den unterschiedlichen Ratingagenturen, lohnen sich diese tieferen Einblicke für den Investor…
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Was uns im Netz sonst noch aufgefallen ist…
Huber+Suhner verliert mit Metrohm seinen grössten Aktionär
tagblatt.ch berichtet über den weitgehenden Rückzug der «seit Jahrzehnten» als Kernaktionärin beteiligten Metrohm AG aus dem Aktionariat der Huber+Suhner AG und gibt Einblicke in die historisch gewachsenen, auch familiären Verbindungen beider Gesellschaften. Offen bleibt, aus welchen Motiven die langjährigen Kernaktionäre gehandelt haben. Fragen zum Verkauf der Aktien wurden nicht beantwortet…
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Roche-Erbe: «Wenn jemand verkaufen will, ist es schon zu spät.»
Der Roche-Konzern befindet sich im Übergang von der vierten zur fünften Generation seit Gründung des Unternehmens 1896 durch Fritz Hoffmann-La Roche. handelszeitung.ch gewährt in einem lesenswerten Bericht interessante Einblicke in die Gedankenwelt der beiden Verwaltungsräte
André Hoffmann und Jörg Duschmalé, die zugleich die beiden, mehrheitlich an Roche beteiligten Familienstämme Hoffmann und Oeri repräsentieren. Besonders bemerkenswert in diesen bisweilen schnelllebigen Zeiten ist dabei sicherlich der Hinweis, dass das Management an die nächsten Jahre denke, der Verwaltungsrat «etwas länger», die Familien sich aber überlegen müssen, «wie wir ein Unternehmen aufbauen können, das für die nächsten 100 Jahre resilient» sei…
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Fusionen und Übernahmen, M&A: Tanzen, solange die Musik spielt
Nach einem Bericht von nzz.ch (Login notwendig) erinnert die seit fast 18 Monaten anhaltende Aktienhausse in Kombination mit der hohen M&A-Aktivität an die «Rekord-Bonanza des Jahres 2007». Die NZZ mahnt Anleger, dass «die Musik plötzlich enden könnte»…
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Details zum IPO von On: So viel Geld will On an der Börse einsammeln
Das deutsche Branchenportal textilwirtschaft.de widmet sich – erneut – dem IPO des Turnschuhherstellers On, das für den 15. September 2021 geplant ist. textilwirtschaft.de zeigt, neben den Eckdaten des kleiner als ursprünglich erwartet ausfallenden Börsengangs, auch die künftige Aktionärsstruktur auf. Aus Sicht neuer Investoren ist die zweiteilige Kapitalstruktur mit Aktien A und B ein Risiko, haben die Stimmrechtsaktien Klasse B der Gründer doch faktisch das zehnfache Stimmrecht. Neue Investoren haben beim Kauf der On-Aktien nur geringe Mitspracherechte. Dies muss – siehe Roche – langfristig nicht immer falsch sein in «Familienunternehmen», doch muss On den Beweis erst noch erbringen, dass die Interessen der Gründer und jene der anderen Aktionäre nicht allzu stark auseinanderlaufen…
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Luxusuhren: Schweizer Onlinehändler Chronext bereitet Börsengang vor
Online-Luxus läuft, trotz oder vielleicht sogar gerade wegen «Corona». Der Schweizer Luxusuhren-Händler mit Hauptsitz in Zug und operativem Sitz in Köln strebt offenbar bereits im 4. Quartal 2021 an die Schweizer Börse SIX. Die 2013 gegründete Chronext setzt auf ein «hybrides Geschäftsmodell»: Einerseits werden gebrauchte und neue Uhren von Luxusmarken wie Rolex, Omega oder Patek Philippe über eine Online-Plattform verkauft, andererseits bietet Chronext den Zugang zu «11 exklusiven Lounges weltweit». Die angestrebte Börsenbewertung «soll» nach einem Bericht bei manager-magazin.de bei bis zu einer Mrd. EUR liegen, was rund dem 10-fachen des Umsatzes (Umsatzes!) 2020 entsprechen würde. «Günstig» ist sicherlich etwas anderes…
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Bettina Bisswanger zu nachhaltigen Investments: «Teilweise irreführend»
In einem Interview mit dem deutschen Anlegermagazin Börse-Online äussert sich Bettina Bisswanger von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zu «nachhaltigen Investments» und spart nicht an klaren Worten. «Greenwashing» sei in der Industrie sehr verbreitet, auch, weil viele Kunden «sowieso wenig Lust» hätten, sich mit dem Thema Geldanlage zu beschäftigen und sich von grünen Schlagworten und «Nachhaltigkeit» beruhigen liessen… Auch wundert sich Bisswanger (wie wir uns auch), warum in vielen nachhaltigen Fonds noch Aktien etwa von McDonalds oder Nestlé enthalten sind…
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«SIX digital Exchange» – Finma gibt grünes Licht für SIX Digitalbörse
Die Finanzmarktaufsicht Finma erlaubt der Schweizer Börse SIX künftig, unter dem Label «SIX digital Exchange» mit Blockchain-Technologie digitalisierte Wertpapiere aufbewahren und handeln zu können. srf.ch berichtet über eine neue Handelsplattform, die in einer ersten Entwicklungsstufe nur institutionellen Anlegern wie Pensionskassen oder Versicherungen offenstehen wird…
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Skifahrer zahlen am Titlis bald dynamische Preise
Was in anderen Skigebieten schon länger Realität ist, soll ab der kommenden Wintersaison auch am Titlis Einzug halten: «Dynamic Pricing». Die Titlis-Bergbahnen führen neben einem Online-Buchungstool für Tages- und Mehrtageskarten neu auch ein dynamisches, d.h. unter anderem von der Saisonphase und der Nachfragesituation abhängiges Preismodell ein, wie zentralplus.ch berichtet…
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Wegen Brandgefahr – EU will Schweizer Bergbahnen das Fondue in der Gondel verbieten
Auch das noch! Den Schweizer Bergbahnen bleibt nichts erspart. Eine nur wenig bekannte EU-Norm aus dem Jahr 2019 verbietet «eigentlich» die Verwendung von Fondue-Brennsprit und offenem Feuer – dazu zählen auch Kerzen – in Seilbahnen. Dies könnte im kommenden Winter auch Auswirkungen auf die Schweiz haben, wurde das Bundesamt für Verkehr doch jetzt aktiv und informierte die Seilbahnbetreiber über die Vorschrift. Einzelne Walliser Bahnen haben bereits ihr Bedauern über ein mögliches Ende dieser feurigen Angebote geäussert, wie 20min.ch berichtet. Die gute Nachricht für alle Gondel-Fondue-Freunde: Es wird fleissig nach bürokratiegerechten Alternativen gesucht. En Güete!
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