Dass eine klassische Winterdestination wie die Weisse Arena AG im Geschäftsbericht des Geschäftsjahrs 2020/21 (zum 30.4.2021) den Sommer feiert, sagt manches aus über die Zeiten, in denen wir leben.
Es habe sich eine touristische Sommersaison entwickelt, wie man sie im Gebiet Laax/Flims noch nie gesehen habe, schreibt CEO Markus Wolf im Vorwort zum Geschäftsbericht. Das Rekord-Vorjahr sei noch einmal übertroffen worden, die Ersteintritte legten um 35% auf 172‘000 zu, die Logiernächte zogen gar um 63% an. Ein weiteres Merkmal des Rekordsommers macht Wolf in der gesteigerten Nachfrage nach Ferienwohnungen aus, ein Trend, der durch Corona noch verstärkt worden sei. Das rocksresort, an dem die Weisse Arena mit gut 60% beteiligt ist, konnte die Logiernächte auf 46‘000 gegenüber dem Vorjahr verdoppeln.
Es ist keine Frage, dass die Weisse Arena eine jener Ferien-Destinationen ist, die im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern von der Pandemie und dem damit geänderten Reiseverhalten profitiert. Einerseits lebt das Gebiet vor allem vom inländischen Tourismus und in geringem Masse vom Europäischen Gast. Die Fernmärkte wie China und Indien, auf die z.B. die Jungfraubahn oder die Titlisbahnen setzen, und die auf so dramatische Weise weggebrochen sind, spielen in der Surselva praktisch keine Rolle.
Ideale Bedingungen für das Homeoffice
Die grosse Zahl an Ferienwohnungen im Einzugsgebiet Laax/Flims führte während der Pandemie dazu, dass viele Schweizerinnen und Schweizer aus dem Unterland ihr Homeoffice kurzfristig in die Berge verlegten. Und dank der seit zwei Jahrzehnten verfolgten Digitalisierungsstrategie von Wolfs Vorgänger Reto Gurtner ideale Bedingungen fürs Homeoffice vorfinden, z.B. mit dem flächendeckenden 5G-Mobilfunk-Standard.
Schwieriger Start in den Winter
Der Start in den Winter sei im Gegensatz zum Sommer nicht nur politisch schwierig gewesen, so Wolf. Die schlechte Schneesituation sowie ständig wechselnde behördliche Rahmenbedingungen hätten der Organisation stark zugesetzt. So verzeichnete die Weisse Arena alleine über die Weihnachtszeit einen Verlust von rund 7 Mio. CHF. Dann allerdings kam ein Steigerungslauf, wie es Wolf formuliert. Selbst die Schliessung der Terrassen Ende Februar hätte dem weiteren guten Saisonverlauf nichts mehr anhaben können. Insgesamt stiegen die Ersteintritte gegenüber dem Vorjahr, das coronabedingt nur schlecht zu vergleichen ist, um 105‘000 auf 981‘000 Besucher.
Rückkehr in die Gewinnzone
Damit kehrt die Weisse Arena im vergangenen Geschäftsjahr wieder in die Gewinnzone zurück. Auch wenn der Umsatz nur leicht um 1,4% gegenüber dem Vorjahr zulegte und damit immer noch um knapp 10% unter dem Rekordjahr 2018/19 notiert, erwirtschaftete die Weisse Arena einen Reingewinn von 2.6 Mio. CHF, was der Leistung der Pandemieversicherung entspricht. Im Vorjahr musste noch ein Verlust von 1.7 Mio. CHF ausgewiesen werden.
Dass ein Gewinn erzielt wurde, hängt auch mit der Ausgabendisziplin zusammen. Trotz höherem Umsatz lagen Personalaufwand und der übrige Betriebsaufwand mit 58 Mio. CHF um 2 Mio. CHF unter den Vorjahresausgaben.
Ausblick
Noch ist unklar, wie sich der kommende Winter entwickelt. Kommt eine Zertifikatspflicht auch für Bergbahnen? Dürfen dann nur 2G- oder aber auch 3G-Zertifizierte ins Skigebiet? Die Weisse Arena begegnet diesen Unsicherheiten mit einer Reihe von Massnahmen, um einer weiteren pandemischen Welle eine sichere touristische Wintersaison entgegenzusetzen. So werden sämtliche Selbstbedienungs-Gastronomien vollständig neu konfiguriert und umgebaut. Via App sollen künftig die Gäste von ihrem Platz aus Essen und Getränke bestellen können. Anschliessend wird es ihnen an ihren Platz gebracht. Damit könne die Weisse Arena wesentlich besser auf das stark schwankende Gästeaufkommen reagieren, so Wolf.
Bereits seit Mitte Dezember hat die Weisse Arena ein von ihr selbst entwickeltes Covid-Testsystem für Mitarbeitende und Gäste implementiert. Stolz vermerkt Wolf, dass die komplett selbstständig durchführbare Testabnahme sowie das Pooling-Verfahren im Labor und die Systematik für Unternehmenstestungen zum schweizweiten Standard geworden sei.
Ab diesem Winter wird die Weisse Arena Tagesskipässe nur noch online verkaufen. Somit können Kontingentierungen im Verkauf vorgenommen und, wenn nötig, eine Limitierung der Gästezahl im Gebiet erreicht werden. Mit diesem Schutzkonzept sei man bestens auf den Winter vorbereitet, heisst es aus Laax.
Markus Wolf zu den Massnahmen, die die Weisse Arena wegen Covid-19 ergriffen hat.
Auch die Investitionspolitik soll nach den Worten des VRP Reto Gurtner neu ausgerichtet werden. Die Menschen wollten weniger denn je in Grosskabinen befördert werden, lässt sich Gurtner im Interview im Geschäftsbericht zitieren. Davon betroffen sei auch das Projekt zur Cassons-Erschliessung, bei dem völlig neue Wege des Seilbahnbaus gegangen werden sollen.
Fazit
In Laax hat man vieles antizipiert, um auch in Nach-Corona-Zeiten auf die sich ändernden Bedürfnisse der Gäste eintreten zu können. Dabei ist es hilfreich, dass die Digitalisierungsstrategie seit zwei Jahrzehnten fest in der DNA des Unternehmens verankert ist. Davon kann sich manch anderer Bergbahnbetreiber noch ein Stückchen abschneiden.
Daneben gehört natürlich auch ein bisschen Glück dazu. – Wer hätte gedacht, dass z.B. das Homeoffice die tägliche Routine von Bewegungsmustern über den Haufen schmeissen würde? Die vielen Ferienbetten und Zweitwohnungen im Einzugsgebiet der Weissen Arena sind jetzt wie geschaffen dafür, seinen Arbeitsplatz von Zürich, Bern oder Basel zumindest temporär in die Berge zu verlegen.
Auch das Thema Nachhaltigkeit wird in Laax grossgeschrieben. Hier hat man verstanden, dass mit Aktionen wie dem Last Day Pass Project ein hoher Marketingeffekt erzielt und gleichzeitig aktiv etwas zum Schutz der Natur beigetragen werden kann.
Die Aktionäre freut es: Die Aktie der Weissen Arena AG, die auf OTC-X der BEKB gehandelt wird, hat alleine in diesem Jahr um knapp 20% auf 165 CHF zugelegt.
Dividende zahlen wird das Unternehmen in diesem Jahr nicht. Die Mittel wollen die Macher der Weissen Arena lieber in Zukunftsprojekte investieren.