Der rasante Anstieg der Energiepreise war nicht nur in unserem letzten Newsletter das grosse Thema. Auch in anderen Medien wurde über Ursachen und Folgen dieser Entwicklung berichtet. Die grosse Frage, die sich nun stellt: Bleiben die Preise auf diesem Niveau oder steigen sie gar noch weiter?
Vieles deutet darauf hin, dass der fulminante Preisanstieg seit Jahresbeginn in erster Linie eine Folge des Wiederhochfahrens der Weltwirtschaft nach den Lockdowns in Kombination mit mehreren «Sonderfaktoren» ist. Doch es gibt auch gute Gründe, dass Energie grundsätzlich teurer wird. Und auf dieses Szenario sollten sich Investoren einstellen. Ob es allerdings eine gute Idee ist, jetzt auf die sehr günstig bewerteten und dividendenstarken Mineralölaktien zu setzen, bleibt fraglich. Geht man davon aus, dass wir unsere Zukunft zumindest langfristig ohne fossile Brennstoffe gestalten werden, so ist ein solches Investment auf Dauer wohl wenig sinnvoll.
Zudem müssen sich Investoren generell die Frage stellen, inwieweit sie überhaupt noch in Branchen und Geschäftsmodelle investieren möchten, die keinen oder nur einen geringen Beitrag in Richtung einer nachhaltigeren Gesellschaft leisten. Institutionelle Investoren und Kapitalsammelstellen wie Pensionskassen dürfen aufgrund ihrer Anlagerichtlinien und politischer Initiativen – Stichwort «EU-Taxonomie für nachhaltiges Finanzwesen» – immer seltener in nicht nachhaltige Anlagen investieren, was zu entsprechenden Portfolioumschichtungen führen wird – sofern nicht längst geschehen.
Teilweise auf ein Geschäftsmodell von gestern setzt auch der Schweizer Turnschuhhersteller On, der gerade erst in New York an die Börse gegangen ist. Schuhe billig in Asien produzieren lassen und teuer mit viel Marketingaufwand in der westlichen Welt verkaufen – das ist nicht mehr zeitgemäss. Jetzt kollabiert offenbar auch noch die viel beschworene «faire Produktion» der Schuhe in Vietnam. Wegen Corona sind die Werke in dem südostasiatischen Land geschlossen. Unter Hochdruck wird nun nach Alternativen gesucht. Ob diese dann schnell, in der gleichen Qualität und zu ähnlich «fairen» Bedingungen produzieren können, bleibt abzuwarten.
Gut möglich, dass die ehrgeizigen Businesspläne des ehemaligen Schweizer Start-ups korrigiert und um einige Jahre nach hinten verschoben werden müssen. Hinzu kommen immer mehr kritische Stimmen insbesondere im Heimmarkt Schweiz zur Qualität der Schuhe. Nach dem fulminanten Börsendebut mit einer 10-Mrd.-USD-Bewertung hat die Realität das Unternehmen schon nach wenigen Tagen eingeholt. Berichte über eine mögliche Pleite des Turnschuhherstellers sind natürlich Unsinn. Mit einem Brutto-Emissionserlös von 750 Mio. USD, welchen der Börsengang On in die Kassen spülte, kann das Unternehmen noch so einige hohe Hürden überwinden, bis das Geld ausgeht.
Wer die Aktien gezeichnet und zum Ausgabepreis von 24 USD erhalten hat, kann sich noch trotz der jüngsten Kursverluste noch über einen Zeichnungsgewinn freuen. Vielleicht wäre es aber auch an der Zeit, diesen mitzunehmen. Denn nicht nur die kritischen Berichte zur On Holding AG, sondern auch das Börsenumfeld ist rauer geworden. Dass sich IPOs nicht mehr ganz so einfach platzieren lassen, musste auch das Sulzer-Spin-off Medmix erfahren. Die im Verhältnis 1:1 aus der Sulzer AG abgespaltenen Papiere notieren schon am ersten Tag mit 44 CHF leicht unter dem Ausgabepreis von 45 CHF, zu dem eine Kapitalerhöhung platziert wurde. Allerdings hatte die Sulzer-Aktie im Vorfeld des Spin-offs in den letzten Monaten stark zugelegt, was den Medmix-Kursrückgang leicht unter den Ausgabekurs zumindest für bisherige Sulzer-Aktionäre, die schon länger dabei sind, relativiert.
Mit Spannung erwarten wir nun die Quartalszahlen bei den börsenkotierten Titeln. Viel wichtiger als die Zahlen selbst, die sicherlich noch recht erfreulich ausfallen dürften, wird der Ausblick auf das Gesamtjahr und 2022 sein. Zeigen sich dunkle Wolken am Horizont, so dürfte sich die Korrektur an den Börsen fortsetzen.
Dies könnte dann die Kurse der Kryptowährungen weiter beflügeln, auch wenn das Damoklesschwert Regulierung nach wie vor über deren Zukunft hängt. Doch angesichts von sinkenden Aktienkursen, anziehender Inflation und wachsender Skepsis an der Politik der Notenbanken können Kryptowährungen für geneigte Anleger eine valable Alternative sein. Der Bitcoin-Kurs hat sich von seinem kurzfristigen Tief bei knapp über 40’000 USD wieder gelöst und ist letzte Woche erneut in Richtung 50’000 USD marschiert – die anderen Kryptowährungen im Schlepptau. Klar ist: Anleger, die in Kryptowährungen investieren, dürfen sich vor Volatilität nicht fürchten und brauchen angesichts der teilweise hohen Kursschwankungen «Nerven wie Drahtseile»…
Wir beschäftigen uns in der kommenden Woche mit den Auswirkungen der Strommarktpreise auf die Schweizer Energieunternehmen und nehmen das IPO des Uhren-Onlinehändlers Chronext unter die Lupe.
Aufgrund der Herbstferien erscheint unser nächster Newsletter erst am 25. Oktober.
Wir wünschen einen erfolgreichen Start in die Woche.
Da war die Welt für On und die Aktionäre noch in Ordnung: am Tag des IPO in New York. Jetzt hat das Unternehmen die harte Realität des Börsenalltags eingeholt.
Aktuelle Artikel vom schweizeraktien.net-Team
schweizeraktien.net: Favoriten 2021 – September-Niederschläge
Mal wieder so richtig durchgeschüttelt wurden die Aktienmärkte im September. Nachdem die Inflationszahlen gestiegen sind, es zu einer neuerlichen Trendwende bei den US-Staatsanleihen kam und zudem der chinesische Immobilienkonzern Evergrande wankt, reagierten die Märkte mit einer Korrektur. Auch die Favoriten von schweizeraktien.net verzeichneten Rückschläge. Insgesamt ist die Performance jedoch mit Spitzenreiter Swissquote für 2021 weiterhin sehr positiv…
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Macro Perspective: Der chinesische Drache lässt die Börsen beben
Gebannt blicken die Investoren weiterhin nach China. Auch wenn die Krise beim Immobilienriesen Evergrande fürs erste abgewendet scheint, bleibt ein Crash-Risiko weiter bestehen. Der chinesische Real-Estate-Markt wackelt. Wird Evergrande noch zum «Lehman-Moment» für die chinesische Regierung? Dieser Frage gehen wir in der aktuellen Macro Perspective nach…
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Medmix: Interessanter Equity Carve-out mit IPO
Das Fenster für Börsengänge war in diesem Jahr weit offen. In der Schweiz nutzten es bisher nur vergleichsweise wenige Unternehmen. Der Gang des Sulzer-Spin-offs Medmix aufs Parkett verlief nicht ganz so fulminant wie erwartet. In seinem Beitrag beschreibt unser Autor Karim Serrar das Unternehmen noch vor dem IPO und attestiert der Medmix-Aktie durchaus Potenzial…
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Bergbahnen Sörenberg: An hohen Investitionen wird trotz Millionenverlust 2020/21 festgehalten
Die Corona-Pandemie habe Werte verschoben, meint Theo Schneider, VR-Präsident der Bergbahnen Sörenberg AG, im Geschäftsbericht 2020/21. Gesundheit und Sicherheit seien für Gäste zu den wichtigsten Kriterien bei der Auswahl der Feriendestination mutiert. Trotz Millionenverlust 2020/21 halten die Bergbahnen Sörenberg an den geplanten Investitionen fest – finanziert durch eine Kapitalerhöhung und neue Kredite. Eine Analyse von unserem Autor Daniel Eichenberger…
Was uns im Netz sonst noch aufgefallen ist…
Hohe Energiepreise abwehren: EU soll gemeinsam Strom und Gas einkaufen
Die stark gestiegenen Energiepreise in Europa rufen die europäische Politik auf den Plan. An vielen Orten überlegt man sich, wie es gelingen könnte, den Preisanstieg zu begrenzen. Spanien und Frankreich setzen auf direkte Unterstützung der Haushalte: In Spanien wird die Mehrwertsteuer auf Strom halbiert, Frankreich setzt auf Markteingriffe und «Tarifbremsen» mit einer Deckelung der Strompreisanstiege für Verbraucher. Daneben setzt sich Frankreich für ein koordiniertes Vorgehen in der EU ein und fordert die EU-Kommission zum schnellen Handeln auf. Spanien und Italien fordern zudem eine gemeinsame Strombeschaffung in der EU, um bessere Konditionen zu erzielen. faz.net berichtet…
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On: Wegen Lieferengpässen in Vietnam droht On der Absturz
Kaum mit vielen Vorschusslorbeeren und einer traumhaften Bewertung an der Börse gelandet, wacht On schon nach kurzer Zeit in der nüchternen Realität der Finanzmärkte auf. Aufgrund der anhaltend hohen Covid-Fallzahlen in Vietnam hatte die dortige Regierung die pandemiebedingte Schliessung fast aller Schuhfabriken verfügt – mit weitreichenden Folgen für On, aber auch für andere Schuhhersteller, die kostengünstig in Vietnam produzieren. Die Situation vor Ort präsentiert sich heute unübersichtlich. nzz.ch berichtet (Login notwendig)…
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Industriekonzern – Aktie von Sulzer gerät unter den Analysten-Hammer
Der traditionsreiche Industriekonzern Sulzer aus Winterthur steht nach der Abspaltung von Medmix vor einer Neubewertung durch die Analystenzunft. So hat etwa Vontobel das Rating für Sulzer auf «Hold» von «Buy» und das Kursziel auf 94 von 142 CHF gesenkt. Dies bedeutet praktisch, dass Vontobel den Wert des abgespaltenen Medmix-Geschäfts auf etwa 48 CHF schätzt. Für das verbliebene Sulzer-Geschäft mit einem starken Standbein in den Öl- und Gasmärkten sieht der zuständige Analyst trotz eines bereits eingeleiteten Konzernumbaus in Richtung eines höheren Wasser-Anteils auch ESG-Risiken, wie cash.ch berichtet…
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Ungünstiges Umfeld – Salt-Börsengang fürs erste auf Eis gelegt – aber weiterhin Option
Der Telekom-Konzern Salt hat die für Herbst geplante Einführung an der Schweizer Börse SIX verschoben. Begründet wird die Verschiebung nach einem Bericht von bernerzeitung.ch mit dem aktuell «ungünstigen Umfeld für Börsengänge». Allerdings bleibt ein IPO weiterhin eine Option, so heisst es – aber eben nicht kurzfristig…
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Autonomes Fahren: Der Sixt-Plan: Robo-Autos sollen bald in 25 europäischen Städten rollen
Es tut sich etwas im Bereich neuartiger Mobilitätskonzepte. Der weltweit tätige und in Deutschland börsenkotierte Autovermieter Sixt startet in der 2. Jahreshälfte 2022 am Heimatstandort München eine Testflotte mit zunächst bis zu 25 vollautonomen Taxis. Dieser Service soll in den nächsten 5 Jahren auf europäische Metropolen ausgeweitet werden, wie Gründersohn Alexander Sixt, neben seinem Bruder Konstantin Co-CEO der Gesellschaft, im WirtschaftsWoche-Podcast Chefgespräch verrät. wiwo.de berichtet über die Pläne…
Finanzmarktaufsicht erteilt erstem Krypto-Fonds die Genehmigung
Die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma hat dem ersten Fonds für digitale Assets – mit einigen Auflagen – eine Genehmigung erteilt und damit die vergleichsweise junge Anlageklasse der Kryptowährungen inhaltlich aufgewertet. Manch einer spricht gar von einem Ritterschlag für die hiesige Kryptoszene. Allerdings steht der Fonds bisher nur qualifizierten Anlegern offen, Privatanleger bleiben zunächst aussen vor. Je mehr solcher «Krypto-Fonds» zugelassen werden, desto stärker dürfte auch die Nachfrage nach Kryptowährungen anziehen. nzz.ch berichtet (Login notwendig).
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Wandern im Herbst: 10 Tipps aus der Ostschweiz
Wie gut kennen Sie die Ostschweiz? tagblatt.ch hilft, den östlichen Landesteil zu entdecken und hat zehn bunte Herbstwanderungen aus der Ostschweiz zusammengestellt, darunter eine «aussichtsreiche Tour» von Brülisau auf den «OTC-X-Berg» Hoher Kasten mit der gleichnamigen Luftseilbahn und einem Drehrestaurant. Die Eckdaten der Wanderung: 7 Kilometer, 3 Stunden und 930 Höhenmeter. Für den Abstieg kann der geneigte Wanderer dann knieschonend die Luftseilbahn nehmen…
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