Transition Gainers: Welche Banken bieten glaubhaft nachhaltiges Kurssteigerungspotenzial?

Zwischen Greenwashing und echtem Engagement – ausgesuchte Chancen bei Bank-Aktien

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2005
Nachhaltige Geschäftsmodelle sind zukunftsweisend. Bild: stock.adobe.com

Die Pandemie hat auch ihr Gutes, denn Unternehmen, Investoren, Konsumenten und Regierungen entwickeln gleichermassen einen neuen Sinn für das Wesentliche. Was nicht wirklich gebraucht wird, darauf wird verzichtet. Und bei langfristigen Projekten und Investitionen muss heutzutage grundsätzlich erwogen werden, ob diese tatsächlich noch konsistent mit den Klimazielen sind, sonst drohen herbe Abschreibungen. Eine Schlüsselrolle bei Finanzierung und Finanzierbarkeit spielen seit jeher die Banken. Deren Aktien sind aus verschiedenen Gründen noch immer niedrig bewertet. Welche Bank-Aktien bieten Kurschancen?

Das jahrelange Tiefzins-Regime ist für Banken kein ideales Umfeld. Die Margenkompression hat mehr oder weniger jede Bank dazu veranlasst, neue Geschäftsfelder zu entwickeln, die Spezialisierung voranzutreiben und die Digitalisierungsprozesse zu beschleunigen. Aus Anlegersicht stellt sich die Frage, welche Geschäftsmodelle in dem sich stark verändernden Umfeld auf längere Sicht vielversprechend sind und welche Bankaktien Steigerungspotenzial aufweisen.

Der letzte Schrei: Buy now, pay later

Das traditionelle Bankgeschäft wird schon seit Jahren mehr und mehr aus verschiedenen Richtungen torpediert. Die Kernaktivität der meisten Banken ist unverändert das Einlagen- und Kreditgeschäft. Das Wachstum ist beschränkt, die Margen stehen durch die verfestigte Notenbankpolitik unverändert unter Druck. Zudem buhlen zahlreiche Anbieter mit teils ruinösen Geschäftspraktiken sowohl um Spargelder als auch um die Kreditvergabe. Der letzte Schrei scheint «Buy now, pay later» (BNPL) zu sein, obwohl daran finanzhistorisch wirklich nichts Neues ist. Und bevor die Welle so richtig startet, sind schon die ersten Kollateralschäden aufgetreten. Von den 15 dezidierten BNPL-Aktien an den Börsen, davon 12 in Sydney, verzeichneten alle in den letzten Wochen erhebliche Kursverluste, die bis zu 96% reichten.

Klumpenrisiken als Warnsignal

Trotzdem sieht beispielsweise auch die Cembra Money Bank im BNPL-Business eine Expansionschance, die helfen soll, den Verlust der Migros-Kooperation wettzumachen. Ob dieser «Race to the bottom» tragfähig ist angesichts der zu erwartenden Ausfallwahrscheinlichkeiten im untersten Segment der Konsumentenkreditfinanzierung, bleibt fraglich. Die Lektion im Fall Cembra ist jedenfalls bisher, Klumpenrisiken zu meiden und besser auf sinnvoll diversifizierte Banken mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell zu setzen.

Kursverlauf der Aktie von Cembra in den letzten 2 Jahren. Chart: six-group.com
Breite Palette von Bank-Aktien

Die Palette der börsenkotierten Banken ist breit und bunt. Neben den internationalen Grössen CS und UBS finden sich zahlreiche Kantonalbanken, Kapitalmarktspezialisten wie Vontobel und Julius Bär, die Hypi Lenzburg und sogar die SNB. Alle genannten Bank-Aktien sind Bestandteil der ESG Aktienindizes der SIX, die zum 1. Februar 2021 lanciert wurden. Sind sie deshalb Leader im ESG-Banking? Manche vielleicht, beispielsweise einige der Kantonalbanken, die erkennbar daran gehen, die Bedürfnisse der Kunden und Mitarbeitenden zu erfüllen, aber auch bestrebt sind, ihrer gesellschaftlichen Rolle gerecht zu werden. Konkret heisst das, die bestehenden und zu erwartenden Regularien zu erfüllen und im Einklang mit den Zielen der Energiestrategie und den Klimazielen zu handeln.

Bei CS und UBS stehen die Ambitionen der ESG-Marketingabteilungen zu stark im Kontrast zu zahlreichen wenig nachhaltigen Aktivitäten, wie der fortgesetzten Finanzierung von Carbon-Projekten, selbst in der Arktis. Auch der aktuelle Skandal um den CS-Verwaltungsratspräsidenten spricht Bände. Horta-Osório hatte die Quarantänepflicht missachtet, nachdem er im Firmenjet in die Schweiz zurückgekehrt war. Das bringt keine ESG-Punkte – und der Aktienkurs könnte augenscheinlich auch noch neue Tiefstände ausloten.

Der Aktienkurs der CS könnte neue Tiefstände ausloten. Chart: six-group.com
Banken – ein ESG-Grenzfall

Problematisch ist die verbreitete ESG-Systematik generell bei der Anwendung auf Banken. Denn direkte Emissionen, Müllmengen, Wasserverbrauch, aber auch die Arbeitsrechtssituation und weitere Parameter zeigen im operativen Geschäft meist eine positive Bilanz. Die wirklichen Fragen betreffen eher die Kreditvergabe. In welchem Ausmass werden Carbon-intensive Aktivitäten finanziert und in welchem Ausmass Aktivitäten, die im Einklang mit den Klimazielen stehen? Das betrifft Industrie, Transport, Verkehr, Energie, Dienstleistungen, eigentlich fast alle Sektoren der Wirtschaft. Bisher lassen sich die Banken nicht in die Kreditbücher schauen. Lediglich ausgewiesene Öko-Banken haben ihre Kreditportfolien unter ESG-Aspekten auditieren lassen.

Gebäude im Fokus

Die gleichen Fragen stellen sich auch im Hypothekengeschäft, das für viele Banken nach wie vor das eigentliche Kerngeschäft darstellt. Gebäude sind weltweit für 40% der Emissionen verantwortlich – und damit auch die grösste Stellschraube für Veränderungen. Es kann für die Banken einfach bedeuten „business as usual“, was nicht nachhaltig wäre, oder eben optimale Isolierung, Dämmung, Heizung, die Verwendung alternativer Baumaterialien und die Installation von Wärmepumpen, Solarpanelen etc. Ein aktuelles Beispiel liefert die Glarner Kantonalbank mit ihrer 0% „Wärmehypothek“ , die gerade am 13. Dezember lanciert wurde.

Bellevue Group – ein spezialisierter Asset Manager

Die grösste Geschäftschance für Banken, die der Strukturwandel mit sich bringt, dürfte jedoch weniger im Kreditgeschäft liegen als vielmehr auf der Anlageseite, die stärker skalierbar ist. Nicht jede Bank ist primär eine Kreditbank. Ein sehr spezieller Fall ist die heutige Bellevue Group. Nachdem das Privatkundengeschäft 2019 durch den Verkauf der Bank am Bellevue an die luxemburgische KBL-Gruppe veräussert worden war, ist die Bellevue Group heute vorwiegend im Asset Management für Institutionen tätig. 2019 ist auch die Beteiligung an der SIX an CS verkauft worden. Die Aktivitäten wurden insbesondere seit 2014 in weiten Teilen neu ausgerichtet. Geblieben ist die Fokussierung auf die Life Sciences, unter anderem wird bereits seit 1993 die börsenkotierte Beteiligungsgesellschaft BB Biotech gemanagt. 81% der AuM entfallen bei der Bellevue Group auf den Healthcare-Sektor.

Eckdaten

Mitte 2021 lagen die Assets under Management gruppenweit bei 14.4 Mrd. CHF. In der Vermögensverwaltung und -beratung sind 100 Mitarbeitende beschäftigt. Insgesamt werden 12 Anlagevehikel gemanagt, davon vier mit über 1 Mrd. CHF Volumen. Zuletzt erfolgte die Erweiterung der Angebotspalette um den komplementären Bereich Private Equity. Im Herbst 2020 hat sich der Investor Hansjörg Wyss mit 9,7% eingekauft, der Streubesitz bewegt sich um die 50%.

Nachhaltige Anlageprodukte und Geschäftspolitik

Mit dem Bellevue Sustainable Healthcare Fonds und dem Bellevue Sustainable Entrepreneur Europe Fonds hat die Bellevue Group bereits zwei dezidierte ESG-Anlageprodukte lanciert. Nachhaltige Richtlinien gelten jedoch für die gesamte Unternehmensgruppe und insbesondere auch auf Portfolio-Ebene. Wertebasierte Ausschlusskriterien, Prüfung der Unternehmen auf die Faktoren Umwelt, Soziales und Governance, externe ESG-Ratings sowie kritische eigene Analysen sollen gute Ergebnisse sicherstellen. Die Treibhausgasproblematik ist in der Gesundheitsindustrie zwar weniger evident, doch Anstoss lässt sich beispielsweise an Tierversuchen nehmen. Die sind entsprechend der Gesetzgebung für die Medikamentenentwicklung und -zulassung zwar noch nicht verzichtbar, werden aber von der Bellevue Group soweit möglich vermieden oder minimiert.

Das Aktientief bei der Bellevue Group lag im Dezember 2012 bei 8.29 CHF. Chart: six-group.com
Bellevue Group mit steigerungsfähiger Bewertung

Die Aktie hat schon bessere Zeiten gesehen. Das Hoch lag 2006 bei über 100 CHF. Im Jahr 2012 bewegte sich die Aktie unter 10 CHF. Seit dem Beginn der Neuausrichtung auf das Asset Management hat sich die Aktie verdreifacht, der langfristige Trend zeigt nach oben. Dabei ist die Bewertung durchaus günstig. Das aktuelle KGV liegt bei knapp über 10, die Dividendenrendite bewegt sich bei über 4%. Im ersten Halbjahr 2021 haben sich die operativen Kennzahlen deutlich verbessert. Die Cost-Income-Ratio sank auch durch Sondereffekte weiter auf 55%. Das Konzernergebnis kletterte auf 22.5 Mio. CHF, eine Vervierfachung. Die Bilanz ist schuldenfrei, die Eigenkapitalrendite erreichte im ersten Semester 2021 überzeugende 39,6%. Bei einer Marktkapitalisierung von rund 500 Mio. CHF werden die AuM mit etwa 3,5% bewertet. Das bewegt sich innerhalb der branchenüblichen Bandbreite, ist jedoch bei stetigen Zuflüssen auch noch steigerbar.

Skalierungsfantasie

Da das Geschäftsmodell des spezialisierten Asset Managers skalierbar ist ohne grosse Kostensteigerungen, schlagen sich Erfolge direkt in der Gewinnentwicklung nieder. Die Positionierung als glaubhaft nachhaltig orientierter Anbieter von Anlagelösungen passt in die Zeit und dürfte aufgrund des guten Track Records weiterhin zu Zuflüssen von Anlagegeldern führen. Das wiederum sollte die Aktienkursentwicklung stimulieren. Die Aktie ist übrigens kein Mitglied der ESG-Indizes der SIX, wohl, weil das hauptsächliche Tätigkeitsgebiet Biotechnologie unter die Ausschlusskriterien fällt.

Die Kundenvermögen der Bellevue Group erreichten mit CHF 14.4 Mrd. erneut einen historischen Höchststand. Grafik: www.bellevue.ch
LLB – glaubhafte Nachhaltigkeitsstrategie

In den ESG-Indizes der SIX enthalten ist jedoch die Liechtensteinische Landesbank, die ebenfalls eine glaubwürdige Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt. Der langfristige Kursverlauf sieht ähnlich wie bei der Bellevue Group aus. Das Hoch fällt mit nahe 130 CHF in das Jahr 2007, das Tief lag bei 27 CHF im Jahr 2012. Seitdem hat sich der Kurs rund verdoppelt. Die aktuelle Dividendenrendite liegt bei 4,2%.

Seit dem Tief im 2007 hat sich der Aktienkurs der Liechtensteinischen Landesbank nahezu verdoppelt. Chart: six-group.com
Fokus auf Wachstum

Die Bank wurde bereits 1861 gegründet und ist heute in Liechtenstein, der Schweiz, Österreich und den Vereinigten Emiraten mit über 1’000 Mitarbeitenden präsent. Hauptaktionär ist das Land Liechtenstein. In der Schweiz wurde die Bank Linth Ende 2006 durch ein öffentliches Angebot zu 74,2% übernommen. Die Aktie der Bank Linth ist ebenfalls in den ESG-Indizes der SIX enthalten. In Österreich war 2018 die Semper Constantia Bank zu 100% übernommen worden. Firmen- und Privatkunden zählen für die Universalbank ebenfalls zu den Zielgruppen, doch der Fokus liegt auf institutionellen Investoren, der wichtigsten Zielgruppe im Anlagegeschäft.

Zustrom von Anlagegeld hält an

Im ersten Halbjahr 2021 flossen der LLB 2.7 Mrd. CHF an neuen Anlagegeldern zu. Die AuM belaufen sich nun auf 88.3 Mrd. CHF. Der Reingewinn erhöhte sich trotz schwierigem Zinsengeschäft um 18,2% auf 71.1 Mio. CHF. Für 2021 liegt das geschätzte KGV somit ebenfalls knapp über 10. Zu den Zielsetzungen zählt es, sowohl nachhaltige Lösungen für die Kunden zu schaffen als auch eine klimaneutrale und nachhaltige Bankengruppe zu sein. Seit 2021 ist der Bankbetrieb bereits zu 100% klimaneutral. Das Net-Zero-Ziel soll spätestens bis 2040 erreicht werden. Für die Kunden sollen verstärkt nachhaltige Produkte und Services entwickelt werden.

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