Erst Mitte 2018 «zügelte» die Beteiligungsgesellschaft Athris AG aus dem weit verzweigten Beteiligungsimperium des deutschstämmigen Investors Georg von Opel vom bündnerischen La Punt-Chamues-ch nach Zug. Nach bald vier Jahren in der Zentralschweiz soll es für die Athris AG demnächst wieder zurück nach Graubünden gehen. Anlässlich einer für den 14. März 2022 einberufenen, ausserordentlichen Generalversammlung ist nun – wohlgemerkt als einziges Traktandum – vorgesehen, den Sitz der Athris AG von Zug nach St. Moritz zu verlegen. (Anm. der Redaktion: die GV wurde kurzfristig vom 8. auf den 14. März verlegt.)
Autobauer-Spross Opel ist Hauptaktionär
Die Wahl von St. Moritz als neuen Sitz der Gesellschaft dürfte dabei kaum deshalb erfolgt sein, weil das Bündner Bergdorf ein mondäner Wintersportort mit internationaler Strahlkraft ist. Georg von Opel, Nachfahre aus der gleichnamigen Autobauer-Familie, ist dem Kanton Graubünden bereits seit längerer Zeit persönlich wie geschäftlich eng verbunden.
Hauptaktionärin der Athris AG ist die Pelham Investments AG, die nach Informationen von athris.ch derzeit knapp 88% der seit dem 15. Juni 2018 an der BX Swiss gelisteten Namenaktien zu nominal je CHF 5.00 und knapp 97% der OTC-X-gelisteten Namenaktien zu nominal je CHF 1.00 (Stimmrechtsaktien) der Gesellschaft hält. Die Pelham Investments AG ist wiederum eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der bereits 1930 von den Vorfahren Georg von Opels gegründeten Hansa Aktiengesellschaft, die ihrerseits in einer Truststruktur gehalten wird, deren Settlor und Begünstigter (principal beneficiary during his lifetime) Georg von Opel ist. Die privat gehaltenen Pelham Investments AG und Hansa Aktiengesellschaft haben ihren Sitz bereits seit 2019 in St. Moritz – nun soll mit der Athris AG eine weitere Gesellschaft dem Ruf der Bündner Berge folgen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschaft ist die Zustimmung eine Formsache.
Wurzeln liegen in der Jelmoli Holding
Entstanden ist die heute als Beteiligungsgesellschaft operierende Athris AG aus der Umstrukturierung der Jelmoli-Gruppe im Jahr 2009. Athris wurde in diesem Jahr von der damaligen Jelmoli Holding AG mittels einer Sachdividende abgespalten. Geschäftszweck sind heute Finanzanlagen aller Art, sowohl im börsenkotierten als auch im nicht börsenkotierten Bereich im In- und Ausland (Link zur «Anlagepolitik» der Athris AG).
Die zeitweise sehr dynamische Struktur des Athris-Portfolios kann den regelmässigen NAV-Berichten entnommen werden. Der letzte NAV-Bericht datiert vom 31. Dezember 2021. Der zuletzt ausgewiesene NAV zum 31. Dezember 2021 wird von der Gesellschaft mit 2’682.67 CHF je Namenaktie zu nom. 5.00 CHF und 536.53 CHF je Namenstimmrechtsaktie zu nom. 1.00 CHF angegeben, ein Zuwachs um 12.5% innerhalb der Jahresfrist. Seit 2013 beträgt der NAV-Wertzuwachs «nur» rund 21% bzw. überschaubare 2.4% p.a. auf annualisierter Basis. Deutlich besser sieht die Rechnung aus, wenn «Ende 2018» als Startpunkt gesetzt würde. In diesem Fall liegt der annualisierte NAV-Zuwachs in der 3-Jahres-Periode immerhin bei knapp 7.0% p.a.
Die Athris AG legt Wert auf die Feststellung, seit ihrem Bestehen keine Dividenden ausbezahlt zu haben und beabsichtigt auch in der Zukunft keine Dividendenausschüttungen. Vielmehr ist vorgesehen, die erwirtschafteten Erträge, wie bisher, zu reinvestieren.
Fazit
Das Athris-Aktienkapital ist eingeteilt in 1’167’199 OTC-X-gelistete Namenstimmrechtsaktien zu 1.00 CHF nominal (Valor 4986484) mit extrem niedriger Handelsliquidität sowie 203’436 an der BX Swiss kotierte, vinkulierte Namenaktien à 5.00 CHF (Valor 36550197), die im Handel deutlich liquider sind. Der letzte Kurs der «kleinen» Stimmrechtsaktien auf OTC-X wurde vor über einem Jahr am 2. Oktober 2020 zu 390 CHF festgestellt – mit nur einer gehandelten Aktie!
Aktuell werden die «kleinen Athris» zu 400 CHF in ebenfalls kleiner Stückzahl auf OTC-X gesucht (Kurs vom 13. Februar 2022), ohne dass es ein entsprechendes Angebot geben würde. Die «grossen Athris» wurden an der BX Swiss zuletzt am 8. Februar 2022 zu 1’912 CHF gehandelt. Beide Athris-Gattungen notieren in etwa entsprechend ihrer Nominalwert-Verhältnisse zum Faktor 5:1, wobei die Stimmrechtsprämie der «kleinen Athris» umgerechnet moderate 4.6% für das 5-fache Stimmrecht – in diesem Fall angesichts der skizzierten Verhältnisse im Aktionariat faktisch wertlos – beträgt.
Auf Basis der zuletzt bezahlten Preise von 1’912 CHF je BX Swiss-Namenaktie à 5.00 CHF (Kurs vom 8. Februar 2022) lässt sich auf nennwertadjustierter Basis eine Marktkapitalisierung im Bereich um 835 Mio. CHF ableiten. Der Abschlag zum zuletzt ausgewiesenen NAV von 2’682.67 CHF per Ende Dezember 2021 liegt damit bei knapp 30%. Dieser Wert dürfte seit einiger Zeit ziemlich konstant sein und – in Kombination mit Liquiditäts- und Transparenzrisiken – eine Art «Holding-Abschlag» für Finanzbeteiligungen darstellen. Mit einem Anlagenportfolio oberhalb von 1 Mrd. CHF ist die weithin unbekannte Athris AG jedoch definitiv ein «stiller Riese» unter den «Publikums-Beteiligungsgesellschaften» des deutschsprachigen Raumes. Interessierte und investierte Anleger müssen sich bei einem Investment in die Aktie allerdings der Abhängigkeit vom Hauptaktionär Georg von Opel und seiner Anlagephilosophie bewusst sein – mit allen damit einhergehenden Chancen und Risiken.
