Die Corona-Pandemie sorgte bei der BVZ Gruppe in den letzten zwei Jahren nicht nur für einen drastischen Rückgang beim Umsatz und Gewinn. Sie forderte das Unternehmen auch aufgrund der speziellen Beteiligungsstruktur: Unter dem Dach der Holding befinden sich mit der Gornergrat Bahn, einem wachsenden Immobilienportfolio sowie Beteiligungen an der Zermatt Bergbahnen AG und dem Matterhorn Terminal AG einerseits rein privatwirtschaftliche Beteiligungen. Auf der anderen Seite ist die Gruppe auch an der Matterhorn Gotthard Bahn sowie der Matterhorn Gotthardt Verkehrs AG beteiligt, die Transportleistungen sowie Dienstleistungen für den öffentlichen Verkehr erbringen. Dieser Bereich erhält für seine Leistungen Abgeltungen der öffentlichen Hand.
137 Tage Fahrverbot für den Glacier Express
Was in normalen Zeiten als sogenannte Public-Private-Partnerschaft gut funktionierte, stellte die Gruppe währen der Pandemie vor grossen Herausforderungen. Denn die touristischen Transportangebote mussten während der Pandemie ihren Betrieb teilweise einstellen; das ÖV-Angebot wurden hingegen weiterhin aufrechterhalten. «Dies führte zu merkwürdigen Szenen: Unser Glacier Express durfte nicht fahren. Die Matterhorn Gotthard Bahn bediente dieselbe Strecke hingegen schon», schilderte Verwaltungsratspräsident Patrick Z’Brun am Rande einer Medienorientierung. Auch bei der Frage, welcher Bereich nun Kurzarbeitsentschädigung beantragen darf und Härtefallgelder von Bund und Kanton erhält, kam es zu Diskussionsbedarf. Denn der Glacier Express durfte von Dezember 2020 bis Mai 2021 während 137 Tagen nicht fahren. Doch unter dem Strich arbeitete sich die BVZ Gruppe im Geschäftsjahr 2021 Schritt für Schritt in die Gewinnzone zurück. Der konsolidierte Betriebsertrag erhöhte sich um 11.8% auf knapp 143.0 Mio. CHF. Unter dem Strich resultierte wieder ein Gewinn von 3.7 Mio. CHF (Vorjahresverlust: 9.4 Mio. CHF). Die Aktionäre dürfen sich auf die Wiederaufnahme der Dividendenzahlung von 3.00 CHF je Aktie freuen.
Gornergrat Bahn legt um 14,3% zu
Obwohl das Ergebnis für 2021 klar besser als im Vorjahr ausgefallen ist, gibt sich CEO Fernando Lehner damit nicht zufrieden. Der Massstab für die Gruppe sind für ihn die Zahlen aus dem Rekordjahr 2019 mit einem konsolidierten Umsatz von 180.1 Mio. CHF und einem Gewinn von 20.0 Mio. CHF. Dennoch gab es im letzten Jahr positive Entwicklungen. Im Geschäftsfeld Gornergrat lag der Ertrag 2021 mit 19.8 Mio. CHF bereits um 14,3% über dem Vorjahreswert. 2019 wurden allerdings noch 36.8 Mio. CHF umgesetzt. Der Gewinn betrug 1.2 Mio. CHF (2019: 12.3 Mio. CHF). Das Geschäftsfeld Mobilität war 2021 mit 49.4 Mio. CHF umsatzmässig zwar das zweitwichtigste Geschäftsfeld, steuerte allerdings nur 1.5 Mio. CHF zum Gewinn bei. Die Frequenzen im abgeltungsberechtigten regionalen Personenverkehr erholten sich um 10,4%, lagen aber immer noch um 15% unter dem Wert von 2019. Hingegen verbesserten sich die Frequenzen beim Autoverlad Furka um 14,1% und erreichten einen neuen Rekordwert. «Wir konnten hier ebenso wie beim Parkhaus in Täsch davon profitieren, dass Gäste den ÖV gemieden haben», so Lehner. Bei den Beteiligungen steuerte das Parkhaus 270’000 CHF zum Konzerngewinn bei, während die Zermatt Bergbahnen auch 2021 keine Dividende ausschütteten.
Konstant entwickelte sich das Geschäftsfeld Immobilien, wo der Ertrag gegenüber den Vorjahren weiter auf 5.5 Mio. CHF gesteigert werden konnte und auch der Gewinn mit 1.3 Mio. CHF um 22,9% höher als im Vorjahr ausfiel. Zu dem Geschäftsfeld Immobilien gehören Liegenschaften in u.a. in Andermatt, Brig und Zermatt. Die Leerstandsquote lag Ende 2021 bei 1,6%. «Der Ertrag aus den Liegenschaften wächst kontinuierlich», so Finanzchefin Alice Kalbermatter.
Kehren asiatische Gäste erst 2023 zurück?
Auch wenn die Geschäftszahlen 2021 dank Schweizern und europäischen Gästen wieder zulegen konnten, so wartet man auch am Gornergrat wieder auf Touristen aus Asien. Die Nachfrage aus diesen Märkten bleibe hoch, berichtet Fernando Lehner. Doch solange die Gäste aus China allerdings nicht reisen dürfen, werden auch die Frequenzen der touristischen Angebote der BVZ Gruppe nicht so leicht zum Vorkrisenniveau zurückkehren. Lehner betont, dass die Gruppe bei den Gästesegmenten breit aufgestellt sei und in diesem Jahr mehr Touristen aus den USA begrüssen möchte. Mit asiatischen Gästen rechne man 2022 nicht mehr gross. Alles andere wäre eine positive Überraschung, so der CEO.
Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Frequenzen im Wallis erwartet Fernando Lehner derzeit keine. Die Anzahl russischer Gäste in Zermatt liege unter 2%. In diesem Jahr setzt das Tourismusunternehmen weiter auf die Digitalisierung, u.a. mit neuen Angeboten und dem Ausbau des Kundenmanagementsystems. Ausserdem wird die Gornergrat Bahn fünf neue zweiteilige Triebzüge erhalten. Diese sollen spätestens im Jahr 2023, in dem die Gornergrat Bahn ihr 125-jähriges Jubiläum feiert, in Betrieb genommen werden. Auch für die MG Bahn werden in zwei Etappen 27 dreiteilige neue Triebzüge beschafft. Der Start ins laufende Geschäftsjahr 2022 ist gemäss Lehner erfolgreich verlaufen: In den Monaten Januar und Februar haben sich die Frequenzen im Vorjahresvergleich verdoppelt.
Fazit
Die BVZ Gruppe gehört neben Jungfraubahn und der Titlisbahn zu den drei börsenkotierten Schweizer Bahnunternehmen und Leuchtturm-Unternehmen im Schweizer Tourismus. Wie die beiden anderen Unternehmen litt auch die BVZ unter den Folgen der Corona-Pandemie, da das Angebot stark auf Gäste aus den Fernmärkten ausgerichtet ist. Dennoch gelang es 2021, dank vermehrter Frequenzen aus der Schweiz und dem nahen europäischen Ausland, wieder schwarze Zahlen zu schreiben. Allerdings ist der Gewinnbeitrag vom Zugpferd Gornergrat Bahn noch weit von den Rekordzahlen aus 2019 entfernt. Auch beim Glacier Express und dem Luxus-Angebot «Excellence Class» besteht noch Aufholpotenzial. Erfreulich haben sich die Immobilieninvestments der Vergangenheit entwickelt. An besten Standorten und in Bahnhofsnähe ist ein beachtliches Portfolio an Wohn- und Retail-Liegenschaften entstanden, das auch in den kommenden Jahren wachsende Beiträge zum Gruppenergebnis beisteuern wird.
Die an der SIX Swiss Exchange kotierten Aktien der BVZ Holding AG haben sich im Zuge der Corona-Pandemie seit den Höchstkursen von um die 1400 CHF fast halbiert und notieren derzeit bei 710 CHF. Mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von knapp 40 auf Basis der 2021er Gewinne und einer Dividendenrendite von 0.5% sind die Titel derzeit noch recht hoch bewertet. Allerdings sollten bei einer Rückkehr zu ähnlichen Ergebnissen wie vor der Pandemie auch Kurse in der Höhe des Buchwertes und höher drin liegen. Der Buchwert pro Aktie per Ende 2021 betrug 869 CHF. Mit einer Eigenkapitalquote von über 40% ist die Gesellschaft zudem solide finanziert. BVZ-Aktien sind ein Investment vor allem für langfristig orientierte Anleger mit einem Faible für Substanzwerte. Mit dem Blick aufs Matterhorn verfügen die Bahnen über einen weltweit einzigartigen USP.
Hinweis in eigener Sache: Der Branchentalk Tourismus 2022 findet am 14. September auf dem Gornergrat statt.