Als emotionale Achterbahnfahrt bezeichnet die Loeb Holding AG das Jahr 2021 im aktuellen Geschäftsbericht. Der grosse Dämpfer kam mit der behördlich verordneten und sechs Wochen dauernden Schliessung bereits Mitte Januar. Nach und nach kehrten die Kunden nach Wiederöffnung zwar wieder in die Läden zurück, insbesondere im ersten Halbjahr resultierten aber dennoch hohe Umsatzeinbussen. Umso erfreulicher, dass das Berner Traditionsunternehmen im Jahr des 140-jährigen Jubiläums trotzdem ein Ergebnis auf dem Niveau von 2019 erzielen konnte.
Umsätze nähern sich Vorkrisenniveau
Der Umsatz von 69.0 Mio. CHF der Detailhandelssparte stellt eine Verbesserung gegenüber dem ersten Pandemiejahr um 11,2% dar. Im Vergleich mit 2019 bedeutet dies aber noch immer einen Rückgang um 7,5%. Dank eines stabilen Warenaufwandes erholte sich die Bruttogewinnmarge von 37,9% auf 44,9%. Der Betriebsaufwand sank dank reduziertem Raumaufwand sowie tieferen Marketingkosten um 3,9% auf 29.4 Mio. CHF. Auch beanspruchte die in der Loeb AG zusammengefasste Detailhandelssparte während des zweiten Lockdowns Kurzarbeitsentschädigungen. Diese Deckung der Löhne der Mitarbeitenden von 80% ergänzte die patronale Stiftung von Loeb wie bereits im Vorjahr auf 100%.
Nebst dem Detailhandel verfügt die Loeb Gruppe durch ein Immobilienportfolio über eine zweite Einnahmequelle. Einen Teil dieser Liegenschaft nutzt die Gesellschaft für den eigenen Geschäftsbetrieb, der Rest wird als Renditeliegenschaft vermietet. 2021 standen aus dieser Sparte Erträge von 9.6 Mio. CHF (+2,6%) zu Buche. Anfang August konnte Lidl mit der Eröffnung einer Filiale im ersten Untergeschoss des Berner Warenhauses als Mietpartner gewonnen werden.
Turnaround auf operativer Ebene geschafft
Nachdem 2020 auf Stufe EBIT ein Minus von gut 6.0 Mio. CHF resultiert hatte, präsentierte sich die Lage 2021 deutlich freundlicher. Mit 2.4 Mio. CHF erreichte das EBIT die gleiche Höhe wie 2019. Aus dem beachtlichen Wertschriftenportfolio von 33.6 Mio. CHF per Ende 2021 resultierte im Berichtsjahr dank der guten Verfassung der Finanzmärkte ein Finanzsaldo von 1.6 Mio. (Vorjahr 0.6 Mio.).
Zur Abfederung der Einbussen aufgrund der monatelangen verordneten Schliessung der Warenhäuser während den Lockdowns 2020 und 2021 erhielt die Loeb AG im vergangenen Geschäftsjahr eine Härtefallentschädigung über 3.5 Mio. CHF zugesprochen. Da diese hauptsächlich Ursprung im Geschäftsjahr 2020 hatte, fliesst die Entschädigung 2021 als ausserordentlicher Ertrag in die Erfolgsrechnung ein. Unter dem Strich resultierte für die Loeb Gruppe ein Jahresgewinn von 5.9 Mio. CHF nach einem Verlust von 3.9 Mio. im Vorjahr. Damit erzielte Loeb auch eine Steigerung von 18,9% gegenüber 2019.
Dividende trotz Härtefallentschädigung
Nachdem die Loeb Gruppe für das Geschäftsjahr 2020 keine Dividende ausgeschüttet hat, beantragt der Verwaltungsrat der Generalversammlung vom 3. Mai eine Dividende von 5 CHF je Partizipationsschein und Namenaktie B sowie von 0.50 CHF je Namenaktie A auszuzahlen. Partizipanten sollen zudem in den Genuss einer zusätzlichen Vorzugsdividende von 0.15 CHF je Titel kommen. Diese Ausschüttung ist nur möglich, da die Härtefallgelder nicht von der Gruppe selbst, sondern von der Tochtergesellschaft Loeb AG bezogen wurden. Somit kann die Loeb AG zwar für drei Jahre keine Dividendenausschüttungen beschliessen respektive tätigen, auf Gruppenebene ist dies jedoch weiterhin möglich.
Erlebniswelten in Konkurrenz mit online-Handel
Um der Ablösung des stationären Geschäfts durch Online-Plattformen entgegenzuwirken, setzt Loeb auf ein gesteigertes Einkaufserlebnis und Angebote wie eine Eventküche oder ein Nähkaffee. Aufgrund der Pandemie konnten diese Attraktionen aber noch nicht vollumfänglich wahrgenommen werden. Als weitere Attraktion befindet sich aktuell der Bau einer öffentlichen Dachterrasse in den Planungsarbeiten. Ob diese Massnahmen zu einem erneuten Aufblühen des stationären Detailhandels führen werden, wird erst nach Pandemieende abschliessend beurteilt werden können.
Seit dem 25. März ist das Online-Angebot von Loeb um einen Kanal grösser geworden. Dank einer Kooperation mit Zalando bietet Loeb neu Artikel der Damen- und Herrenmode sowie Accessoires über die Zalando-Plattform "Connected Retail" an. So kann das Unternehmen ohne grosse Investitionen in E-Commerce-Systeme die digitale Präsenz stärken.
Fazit
Der Jahresabschluss 2021 der Loeb Gruppe liest sich deutlich positiver als noch im Jahr zuvor. Auf allen Stufen konnte eine Verbesserung erzielt werden, ausser auf Umsatzebene resultierte jeweils gar ein Ergebnis mindestens auf dem gleichen Niveau wie vor der Pandemie. Auch das Geschäftsjahr 2022 begann aufgrund der Omikron-Welle und daraus resultierender tiefer Frequenzen in den Innenstädten verhalten. Dennoch sollten die Umsätze ohne Schliessungen dieses Jahr einen Sprung nach oben machen. Bereits letztes Jahr beobachtet Loeb, dass zwar weniger Kunden in die Warenhäuser strömten, dafür durchschnittlich höhere Beträge ausgaben. Die Einkäufe scheinen bewusster geplant zu werden. Diese Entwicklung könnte den tieferen Frequenzen zu Jahresbeginn entgegenwirken.
Als nicht abschätzbar bezeichnet Loeb den Einfluss von teils eingeschränkten Warenverfügbarkeit und der anziehenden Teuerung. Mit einem negativen Einfluss aufs Ergebnis 2022 muss aber wohl sicher gerechnet werden. Zusammen mit der herausfordernden Konkurrenzsituation des stationären Detailhandels mit dem Online-Geschäft wird sich der Alltag der Loeb Gruppe somit auch nach einer Normalisierung der epidemiologischen Lage anspruchsvoll gestalten. Inwieweit die Investitionen von Loeb in das Einkaufserlebnis dem digitalen Geschäft Paroli bieten können, wird sich erst noch zeigen müssen.
Die Namenaktien B sowie die Partizipationsscheine der Loeb Holding AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Der letztbezahlte Kurs der selten gehandelten Namenaktie B liegt bei 240 CHF, jener des im Liquidity Index enthaltenen Partizipationsscheines bei 228 CHF. Auf dieser Basis rentieren die Titel mit der beantragten Dividende mit 2,1% respektive 2,3%. Ob die Ausschüttung von 2.5 Mio. CHF nach den Schwierigkeiten der Pandemie mit bezogenen Kurzarbeits- und Härtefallentschädigungen die richtige Entscheidung ist, ist Ansichtssache. Mit einer Eigenkapitalquote von gut 63% ist sie für die Gruppe aber sicherlich tragbar und dürfte aufgrund der kontinuierlichen Dividendenpolitik des Unternehmens Aktionären auch künftig eine ansprechende Rendite einbringen.