Die Bergbahnen schauen allgemein auf zwei schwierige, pandemiegeprägte Jahre mit monatelangen Betriebsschliessungen ihrer Gastronomiebetriebe und ihrer Bahnen zurück. So auch die die Säntisbahn, wobei sie nicht nur zwei, sondern drei Krisenjahre hinter sich hat. Wurde doch Anfang 2019 das Hotel auf der Schwägalp von einer Lawine teilweise zerstört und ein Pfeiler der Säntisbahn so in Mitleidenschaft gezogen, dass der Betrieb monatelang ruhen musste.
Gastronomie und Seilbahn von Pandemie besonders betroffen – Hotel erfolgreich
Durch diese schwierigen Jahre, aber auch durch die sehr erfolgreichen davor, führte CEO Bruno Vattioni das Unternehmen. Jetzt geht er in Pension. Beim Rückblick auf «sein» letztes Geschäftsjahr zeigt er sich vor allem von der Frequenz der Schwebebahn enttäuscht. So seien nur 293’000 Personen auf den Säntis transportiert worden, im Rekordjahr 2018 waren es 436’000. Das Umsatzergebnis sei mit 4.8 Mio. CHF auf tiefem Niveau, verglichen wiederum mit Vorkrisenzeiten, als der Verkehrsertrag z.B. 2018 knapp über 6 Mio. CHF lag. Auch der Ertrag im Gastronomiebereich macht Vattioni keine Freude, lag er doch mit 2.5 Mio. CHF um 33% tiefer als in einem durchschnittlichen Jahr. Auf der anderen Seite habe sich der Hotelbetrieb erfolgreich entwickelt, die Anzahl der Logiernächte auf der Schwägalp konnte um 39% auf 28’700 gesteigert werden. Damit lag der Umsatz des Hotels über 1.5 Mio. CHF höher als im Vorjahr und trug 8.1 Mio. CHF zum Ertrag bei.
Unter dem Strich erwirtschaftete das Unternehmen einen Betriebsertrag von 18 Mio. CHF (2020: 17.3 Mio. CHF). Darin enthalten ist eine Härtefall- bzw. Ertragsausfallentschädigung von 817’000 CHF. Diese Härtefallentschädigung und die Möglichkeit, auf staatliche Unterstützung aufgrund der Kurzarbeitsregelung zurückzugreifen, habe dem Unternehmen geholfen und sei sehr willkommen gewesen, schreibt Vattioni im Geschäftsbericht.
Steigender Betriebsaufwand, auch weil keine Entlassungen vorgenommen wurden
Der Betriebsaufwand lag mit 14.7 Mio. CHF leicht über dem Vorjahr. Dass man selbst während der langen Phase der Betriebsschliessung der Säntisbahn kein Personal entlassen hätte, habe natürlich Auswirkungen auf den auf 9 Mio. CHF angestiegenen Personalaufwand, so Vattioni. Auf der anderen Seite ging der Warenaufwand für die Gastronomie zurück.
Man habe trotzt aller Widrigkeiten ein Betriebsergebnis auf Stufe EBITDA von 3.2 Mio. CHF erreicht, erläutert Vattioni, und hätte so auch im anspruchsvollen Krisenjahr 2021 mehr als die betriebsnotwendigen Abschreibungen vornehmen können.
Antizyklische Investitionen
Gleichzeitig investierte die Säntisbahn mit 1.3 Mio. CHF antizyklisch, wie es Vattioni ausdrückt. Man habe damit den strategischen Ausbau der Angebote am Säntis fortgeführt. Trotzdem sei die Bilanzsumme um 1.8 Mio. CHF auf 42.6 Mio. CHF gesenkt worden. 1.5 Mio. CHF an Schulden konnten getilgt werden, aktuell stehen noch 9.3 Mio. Schulden in den Büchern. Die Eigenkapitalquote stieg gegenüber dem Vorjahr um 2 Prozentpunkte auf 64%.
Ausblick
Im Dezember 2021 hat die Säntisbahn das Dossier für das Plangenehmigungsverfahren für den Ersatz der bald 50-jährigen bestehenden Schwebebahn eingereicht. Mit der neuen Bahn, basierend auf einer zeitgemässen Technologie, könnten die Betriebs- und Unterhaltskosten in den nächsten Jahren massiv gesenkt werden, so Vattioni. Auch würden so die Zuverlässigkeit und Betriebssicherheit verbessert. 2023 soll der Baustart für die neue Säntis-Schwebebahn erfolgen, vorausgesetzt, dass die Finanzierung des Ersatzprojekts sichergestellt werden könne, fügt Vattioni an. Mit der Durchführung dieses Projekts wird Vattioni dann allerdings nichts mehr zu tun haben; sein Nachfolger Martin Sturzenegger wird sich darum kümmern, der ab Anfang Mai das Zepter von Vattioni übernimmt.
Fazit
Die Säntisbahn ist im Gegensatz zu anderen Bergbahnbetrieben, wie z.B. den Jungfraubahnen und der Titlisbahn, regional aufgestellt. Dies sowohl bezüglich Kundschaft als auch Aktionariat, wo sich 17’874 Aktionäre die 48’000 im Umlauf befindlichen Aktien teilen. Gleichzeitig sind viele dieser Aktionäre auch Kunden der Säntisbahn. Im letzten Jahr ist das Aktionariat nochmals um 355 neue Aktionäre gewachsen, was veranschaulicht, wie stark das Unternehmen mit der Region verbunden ist. Diese Verwurzelung in der Ostschweiz bringt dem Unternehmen viele Vorteile, insbesondere, wenn es jetzt darum gehen wird, kräftig ins neue Bahnprojekt zu investieren. Noch stehen allerdings keine Informationen zur Verfügung, in welcher Höhe investiert werden soll. Hilfreich dürfte aber sein, dass die Eigenkapitalquote weiter anzieht und jetzt sehr solide 64% erreicht.
Dass 2021 eine schwarze Null geschrieben wurde, hat natürlich auch mit den Härtefallzahlungen des Bundes zu tun; ohne sie wäre die Säntisbahn in die Verlustzone gerutscht. Nach drei Jahren, in denen sie ohne eigenes Verschulden mit den Unbillen der Natur (Viren und Wetter) zu kämpfen hatte, könnte aber ein wieder normal verlaufendes Geschäftsjahr in Zukunft auch eine deutlich verbesserte Ertragslage nach sich ziehen.
Der Markt jedenfalls ist zuversichtlich, dass es bei der Säntisbahn aufwärts geht. Die auf OTC-X gehandelte Aktie notiert derzeit bei 985 CHF, deutlich über dem Stand vor dem Lawinenunglück im Winter 2019. Auch die Pandemie konnte den Kurs nicht nachhaltig beeinträchtigen.
Aufgrund der Härtefallzahlungen des Bundes muss die Säntisbahn auf eine Gewinnausschüttung verzichten. Wie schon in den vorangegangen Jahren gehen die Aktionäre, zumindest was die Bardividende anbelangt, leer aus.