Trotz mancher kraftvoller Erholungsbewegung, seit Jahresanfang überwiegt an den Weltbörsen die Gravitationskraft. „What goes up, must come down.“ So lautet ja auch eine mittlerweile fast vergessene Börsenweisheit. Tatsächlich sind auch die grössten Kursverluste bei den Börsenlieblingen der vergangenen Hausse-Jahre zu finden. Demgegenüber halten sich die meisten Titel der Favoritenliste relativ gut.
Die Netflix Aktie veranschaulicht deutlich den Effekt. Das Hoch lag im vergangenen Oktober bei 700 USD, inzwischen kostet die Lieblingsaktie einer ganzen Generation von neuen Anlegern weniger als 200 USD. Die Market Cap erreicht nur noch 88 Mrd. USD. Selbst gewiefte Hedge Fund Koryphäen wie Bill Ackman schätzten die Signale falsch ein. Sein Anlagevehikel Pershing Square erwarb Netflix "günstig" nach dem ersten Kursrutsch und realisierte inzwischen entnervt einen Verlust von über 400 Mio. USD. Ähnliche Beispiele finden sich überall. In der Schweiz sind es Aktien wie Zur Rose oder Straumann, die in schwindelerregender Geschwindigkeit auf Bewertungen gehievt wurden, die nicht von Dauer sein konnten. Momentum Investment mag zwar kurzzeitig eine Überrendite bringen, die Gefahren eines schnellen Absturzes werden dagegen gerne ignoriert.
Vom Darling zum Underdog
Mit Logitech befindet sich allerdings ein solcher ehemaliger "Liebling" der Anleger auf der Favoritenliste. Der Einstieg erfolgte, im Rückblick betrachtet, wohl zu früh, denn die Korrekturbewegung scheint noch nicht abgeschlossen. In der fundamentalen Betrachtung bleiben jedoch die Nachfragetrends intakt, die Profitabilität ist hoch und die Innovationskraft ungebrochen. Das alles spricht für eine letztlich positive Kursentwicklung. Manchmal ist für Börsenerfolge eben auch Sitzfleisch erforderlich.
Geduldsprobe für Ypsomed Aktionäre
Ähnlich ist der Fall bei Ypsomed gelagert. Durch die Pandemie wurde die Markteinführung der eigenen Produkte verzögert, was sich auch in der Entwicklung der Zahlen niederschlägt. Das ändert aber nichts am Investment Case, der sich vor allem auf innovative, effiziente und auch kostensenkende Lösungen für Patienten wie auch die Gesundheitssysteme gründet. Die Anzahl der Diabetesfälle wächst mit 9% p.a. und vielfach sind die Patienten und die bestehenden Infrastrukturen überfordert. Die Strategie eigene Produkte zu lancieren, ist richtig und bringt der Gesellschaft und ihren Aktionären trotz der Verzögerungen am Ende eine höhere Gewinnmarge sowie mehr Skalierungsspielräume. Ein Beispiel ist die am 27. April bekanntgemachte Kooperation mit Abbott und CamDiab zur Versorgung von Diabetikern mit der automatisierten Insulinabgabe. Die Volatilität der eher marktengen Aktie mag zwar nervenaufreibend sein, doch verweist sie gleichzeitig auf das zukünftige Kurspotential.
Schokoladenachfrage wächst
Barry Callebaut meldete beeindruckende Geschäftszahlen für das erste Halbjahr des Geschäftsjahres 2021/2022. Demnach stieg der Umsatz um 15,8% auf 4 Mrd. CHF. Der Nettogewinn nahm um 9,3% zu. Das Wachstum ist über alle Regionen stark, insbesondere im Segment Gourmet & Specialties mit fast 30% Zuwachs. Die Gesellschaft hat drei Fabriken in Russland, der Anteil Russlands am Umsatz liegt unter 5%. Wertberichtigungen sind wahrscheinlich. Der Vorteil der breiten geographischen Diversifikation ist, dass solche Ereignisse verkraftet werden können ohne tiefere Spuren in der Bilanz zu hinterlassen. Die Aktie zählt zu den wenigen Gewinnern seit Anfang Jahr.
OTC-X Aktien mit stabiler Entwicklung
Von den OTC-X Unternehmen legten Griesser Holding und Rapid Holding die Jahresabschlüsse 2021 vor. Bei der Rapid Holding stieg der Umsatz um 17%, das EBIT sogar um 69%. Auch die Griesser Holding glänzte mit 11,1% Umsatzzuwachs sowie einem Anstieg des Gewinns vor Minderheiten von 6,2%. Beide Unternehmen liessen die Dividende unverändert. Beide Aktien liegen leicht im Plus seit Jahresbeginn.
Performance
Bei den fünf Aktien, die auf OTC-X gehandelt werden, zeigen sich keine negativen Vorzeichen, allerdings halten sich auch die Kursgewinne in engen Grenzen. Am besten liegt Weiss+Appetito mit einem Plus von 4,5%. Im Durchschnitt liegt die Performance bei 1,4% seit Jahresanfang. Die repräsentativen OTC-X Indizes bewegen sich wenig verändert zwischen -1,4% und 1,6%. Die Market Cap der 248 Aktien bewegt sich stabil bei 18.3 Mrd. CHF. Bei den kotierten Aktien sieht die Zwischenbilanz eindeutig schlechter aus. Obwohl zwei Aktien ein Pluszeichen aufweisen, liegt die Performance im Durchschnitt bei -9,4%. Dabei fällt insbesondere der Rückgang um einen Viertel bei Ypsomed ins Gewicht, aber auch der gedrückte Kurs von Logitech. Über alle zehn Aktien gerechnet beträgt die Jahresperformance somit nach vier Monaten -8%. Der S&P 500 zeigt nach den seit Jahrzehnten schlechtesten ersten vier Monaten des Jahres eine Performance von -13,3%, der DAX von -11,3% und der Performance-orientierte SPI Extra von -14,4%.