Luftseilbahnen Wengen-Männlichen und Grindelwald-Pfingstegg: Dank öffentlicher Hand im Plus

Beide Unternehmen kehren in die Gewinnzone zurück - wenn auch nur marginal

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Der Sommertourismus zog 2021 insbesondere durch einheimische Touristen wieder an, was Balsam auf die geschundenen Seelen der Bergbahnbetreiber ist. Bild: pfingstegg.ch

Wenn man ein Bild für den Zustand des Tourismusgewerbes und der damit eng verzahnten Bergbahnen in den letzten zwei Jahren beiziehen will, dann vielleicht diese Bergsteiger-Analogie: 2020 war das Jahr des Absturzes, man hatte nichts kommen sehen und fiel in die Tiefe, nicht bis zum Grund, die Seile hielten, aber der Schock war gross. 2021 hing man in den Seilen, versuchte wieder in die Höhe zu kommen, aber der Aufstieg ist kräftezehrend und geht nur langsam vonstatten. Der wichtigste Helfer, der oben steht, ist dabei die öffentliche Hand, die dabei hilft, den Abgestürzten wieder hochzuhieven.

So erleben es die beiden Berner Oberländer Bergbahnen, die Luftseilbahn Grindelwald-Pfingstegg AG und die Luftseilbahn Wengen-Männlichen AG (LWM). Beide weisen im Jahresabschluss zwar einen marginalen Gewinn aus, die LWM 47’000 CHF, Grindelwald-Pfingstegg  66’000 CHF. Auch konnten beide Unternehmen aus der Geschäftstätigkeit (EBITDA) einen Gewinn erzielen, aber wegen hoher Abschreibungen von 529’000 CHF (Grindelwald-Pfingstegg) bzw. 627’000 CHF (LWM) verbuchen die Unternehmen deutlich negative EBIT von -79’000 bzw. -566’000 CHF.

Härtefallunterstützung für beide Unternehmen

Nur durch den Unterstützungsbeitrag durch das Härtefallprogramm des Kanton Berns in Höhe von 650’000 CHF erreichte die LWM gerade mal eben schwarze Zahlen, wie auch Grindelwald-Pfingstegg, die 194’000 an Härtefallentschädigungen erhielt.

Im Vergleich zum ersten Corona-Jahr können mit Hilfe der kräftigen öffentlichen Hand damit zumindest wieder kleine Erfolge verbucht werden. Insbesondere für die LWM geht es ein grosses Stück das Seil hinauf. Denn in 2020 musste das Unternehmen über eine halbe Million CHF Verluste hinnehmen, und auch Grindelwald-Pfingstegg schrieb in diesem Ausnahmejahr nur einen Minigewinn von 5’600 CHF.

Es gilt dabei zu beachten, dass es durchaus Unterschiede gibt in den beiden Unternehmen. So hat sich Grindelwald-Pfingstegg schon vor Jahren entschieden, ausschliesslich auf Sommertourismus zu setzen, während LWM ein stärkeres Winter- als Sommergeschäft hat.

Auf die inländische Nachfrage ist Verlass

Im Sommer 2021 konnten sich die Bergbahnunternehmen insbesondere auf die inländische Nachfrage verlassen. So verzeichneten die Grindelwaldner gegenüber 2020 einen Anstieg beim Verkehrsertrag von mehr als 30% auf 837’000 CHF (81’000 Besucher). Was allerdings immer noch deutlich unter dem Rekordjahr 2019 liegt, als 1.3 Mio CHF (130’000 Besucher) erzielt wurden. Das ist neben dem Ausbleiben der internationalen Gäste auf die epidemische Lage zurückzuführen, denn 2021 gab es 25% weniger Betriebstage als in normalen Jahren.

Auch die Wengener transportierten im Sommer 2021 mit 91’600 Besuchern wieder deutlich mehr Menschen auf den Berg als im Vorjahr (+14%). Im Winter hingegen ging die Zahl der beförderten Personen nochmals um 10% auf 240’000 zurück. Die LVM führt den Rückgang insbesondere darauf zurück, dass wegen der steigenden Corona-Fallzahlen die traditionellen Lauberhornrennen im letzten Moment abgesagt wurden. Der Januar 2021 sei mit -52% im wahrsten Sinne des Wortes der Pandemie zum Opfer gefallen, schreiben die Verantwortlichen im Geschäftsbericht.

Ausblick

Nach den beiden Coronajahren sind die Bergbahnen-Verantwortlichen vorsichtig optimistisch, was den Blick auf das laufende Geschäftsjahr anbelangt. Michael Wyss, Präsident des Verwaltungsrates der Luftseilbahn Grindelwald-Pfingstegg, erwartet ein durchschnittliches Jahr, wie er gegenüber schweizeraktien.net sagt. Allerdings seien die Folgen des Ukraine-Krieges schwer absehbar, fügt er hinzu. Und stellt sich die Frage, ob die Übersee-Touristen Angst hätten, nach Europa zu kommen.

Sehr ähnlich äussert sich Remo Spieler, CEO bei der LWM. Er schaue zuversichtlich in den Sommer 2022. «Ich gehe davon aus, dass wir vermehrt Leute sehen aus den Märkten UK, USA und dem asiatischen Raum.» Aber natürlich blieben die Schweizer Gäste weiterhin ein wichtiger Grundpfeiler für das Unternehmen, so Spieler gegenüber schweizeraktien.net.

Fazit

Die Corona-Härtefall-Unterstützung des Kantons war Balsam auf die Wunden, die die Pandemie den Unternehmen zugefügt hat. Immerhin können sie so einen, wenn auch sehr kleinen, Gewinn ausweisen. Und die notwendigen Abschreibungen vornehmen. Also schon fast wieder so etwas wie Normalität…

Auch 2022 wird kein normales Jahr werden, so viel scheint sicher. Immer noch beschränkt Corona die Reiselust und -fähigkeit, insbesondere der Übersee-Touristen. Und als sei das noch nicht genug, kommt mit einem Krieg in unserer Nachbarschaft eine weitere, grosse Unsicherheit auf die Tourismus-Unternehmen hinzu. Vor diesem Hintergrund müssen Unternehmen wie LWM oder Grindelwald-Pfingstegg froh sein, wenn sie es schaffen, mit einer unverändert hohen Attraktivität weiter einheimische Gäste anzuziehen.

Beide Unternehmen haben in der Krise der vergangenen zwei Jahre insbesondere den Personalaufwand leicht reduzieren können. Bei der LWM ging der Gesamtaufwand um über 8% zurück, Grindelwald-Pfingstegg weist allerdings einen höheren Sachaufwand aus als im Vorjahr, sodass der Gesamtaufwand leicht anzog.

Für die Aktionäre ist Geduld angesagt, denn wegen des Bezugs von Härtefallgeldern ist bis auf weiteres keine Dividendenzahlung möglich. Dafür können sich die Aktionärinnen und Aktionäre der Luftseilbahn Grindelwald-Pfingstegg am Kurs der auf OTC-X gehandelten Aktie freuen, der in 2022 um 57% auf 1’100 CHF hochgeschossen ist. Weniger gut sieht die Kurs-Performance der LWM aus, die 2022 um 11% auf 175 CHF nachgab. Dafür gibt es bei der LWM Nachholbedarf gegenüber dem Buchwert pro Aktie, der bei 258 CHF liegt. Bei Grindelwald-Pfingstegg liegt der Kurswert hingegen fast 100% über dem Buchwert von 567 CHF.

Jetzt ist die grosse Hoffnung bei den Betreibern, dass bald wieder an die Vor-Corona-Zeit angeknüpft werden kann. Denn das hiesse Besucherströme in rekordverdächtigen Höhen und damit Einnahmen, die es erlauben, das Seil am Tropf der öffentlichen Hand zu kappen und wieder ohne Sicherung unterwegs zu sein.

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