Schilthornbahn: Mit dem ersten Spatenstich in eine verheissungsvolle Zukunft

Das 100-Millionen Projekt Schilthornbahn 20XX wird wie geplant bis 2026 fertiggestellt

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In Mürren ist in diesen Junitagen alles so, wie es sein sollte. Weit weg sind Krieg, Pandemie und auch die sommerliche Hitze, die das Unterland überzogen hat. Die Touristen strömen wieder durch das Dorf, zwischen geranienbeladenen Bilderbuchchalets und Blumenduft geschwängerter autoabgasfreier Vorgartenluft hört man in der von Motorenlärm ungestörten Ruhe amerikanische, koreanische, indische, ukrainische Wortfetzen – ein globaler Sprachenmix, nur Chinesisch und Russisch fehlen. Man könnte sich in die heile Vor-Corona-Vergangenheit versetzt fühlen, wenn nicht erste Gegenwarts-Boten von der Zukunft zeugten. Wenn nicht Bagger und Baustellen an der Seilbahnstation von Mürren darauf hinwiesen, dass hier etwas Grosses entsteht. Schilthornbahn 20XX ist schon jetzt allgegenwärtig, überall stösst man auf Hinweise für das 100-Millionen-Projekt, Schautafeln erklären, was da auf Mürren, das Schilthorn und die Gegend drumherum zukommt, auf was man sich freuen darf.
Spatenstich auf 2677 m. ü. M.
Bereits vor sieben Jahren wurde eine Masterplanung für einen allfälligen Neu- und Ausbau im Verwaltungsrat der Schilthornbahn ausgelöst. Am 17. Juni 2022 nun der symbolische Höhepunkt: der erste Spatenstich auf der zwischen Mürren und dem Piz Gloria gelegenen Zwischenstation Birg auf 2677 m. ü. M. Vor geladenen Gästen in atemberaubendem Panorama mit dem Blick auf das ikonische Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau eröffnen Verwaltungsratspräsident Johannes Stöckli und CEO Christoph Egger offiziell die Phase der Bauarbeiten. Eine kleine, aber illustre Schar von 65 Gästen hat sich eingefunden. Es sind dabei: die Partnerfirmen beim Bau der Anlagen, Gemeindevertreter, der CEO der BEKB, die federführend bei der Finanzierung des Projekts ist, Medien und Vertreter von Tourismusorganisationen. Und mit Urs Kessler der CEO der Jungfraubahnen, der sich nicht als Konkurrent sieht, sondern lieber von Mitbewerbern spricht, die sich gegenseitig befruchten.
Erster Spatenstich mit Baggerschaufel auf Birg auf 2677 m. ü. M. Bild: schweizeraktien.net/André Grimm
Unterstützung vom Mitbewerber
Kessler lobt das Risiko, das die Schilthornbahn eingeht, denn ohne Risiko gebe es keine Innovation. Der Mann weiss, wovon er spricht, konnte er doch erst im letzten Jahr sein eigenes Mega-Projekt mit der V-Bahn, einem 320-Millionen-Investment, erfolgreich abschliessen. Die Eröffnung seiner V-Bahn sei mit dem Beginn von Corona zusammengefallen, der Baubeginn der Schilthornbahn mit dem Ukraine-Krieg, das seien unschöne Begleitumstände, die aber die Macher nicht von der Realisierung  abhalten könnten, macht er seinem Kollegen Christoph Egger und dessen Team Mut.
Urs Kessler, CEO der Jungfraubahnen, und Christoph Egger beim Spatenstich für das Projekt Schilthornbahn 20XX. Im Hintergrund die Eigernordwand. Bild: schweizeraktien.net/André Grimm
Bund und Kanton beteiligen sich mit 40%
Beruhigende Worte für VR-Präsident Johannes Stöckli, der bei der Begrüssung der Gäste auf Birg zugibt, dass er im vergangenen Jahr, das ein Geschäftsjahr zum Vergessen gewesen sei, so manch schlaflose Nacht verbracht hätte. Und dass er sich auch jetzt noch ab und zu mit Blick auf das Projekt Schilthornbahn 20XX Sorgen mache, insbesondere wegen der steigenden Preise von Zulieferern und deren Baumaterialien. Allerdings dürften die schlaflosen Nächte weniger werden. Denn Stöckli hat eine gute, taufrische Nachricht zu verbreiten. Haben doch Bund und Kanton einen Tag vor dem Spatenstich eine schriftliche Zusage über eine 40%-Finanzierung des Teilabschnittes zwischen Stechelberg und Mürren gegeben. Dieser Abschnitt gehört zur öffentlichen Grundversorgung, es ist die einzige Möglichkeit für die 400 Bewohnerinnen und Bewohner von Mürren, ihr Dorf zu erreichen.
VR-Präsident Johannes Stöckli bei seiner ersten GV mit physischer Teilnahme der Aktionärinnen und Aktionäre. Bild: schweizeraktien.net/André Grimm
CEO Christoph Egger macht vor den Gästen darauf aufmerksam, dass das Timing bei dem Projekt immer gut aufgegangen sei. Man könnte jetzt das XX in 20XX mit einer konkreten Jahreszahl, nämlich 2026 ersetzen. Bis im Sommer 2026 sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein. Aber, und da kommt das Marketing-Gespür von Egger zum Tragen, das 20XX habe sich als Marke etabliert, und deshalb belasse man es bei 20XX.
Generalversammlung heisst alle Anträge des Verwaltungsrats gut
VRP und CEO haben also viele gute Nachrichten zu verkünden, als sie kurz nach dem Spatenstich zur jährlichen GV im Sportzentrum Mürren laden. 196 Einzelaktionäre sind physisch vor Ort, weitere 344 lassen sich vertreten, 65% des Aktienkapitals sind damit bei der GV anwesend. Für Johannes Stöckli, den Zeremonienmeister der Veranstaltung, ist es die erste physische GV seit seiner Wahl zum VRP. Gespannt erwarten die anwesenden Anteilseignerinnen und -eigner seine Einschätzung der Lage. Und die ist durchaus differenziert: Stöckli verweist auf die exzellenten Prognosen für den Tourismus nach Corona, auf die vielen Buchungen aus dem Ausland, hebt den in der Summe attraktiven Preis der Aktie hervor und betont die Wachstumschancen durch Schilthornbahn 20XX. Auch auf die Risiken wie Inflation, Ungewissheit angesichts eines Krieges in Europa und die Lieferengpässe geht Stöckli ein. Aber er kann im gleichen Atemzug das Aktionariat beruhigen. So habe man 50% der Gesamtprojektkosten, nämlich die Bahntechnik, zu Preisen im Jahr 2020 mit fester Preisbindung bis 31.12.2024 abgesichert.
Das Aktionariat und der Verwaltungsrat ziehen am gleichen Strang. Bild: schweizeraktien.net/André Grimm
Zwischen Aktionariat und Verwaltungsrat passt kein Blatt Papier
Zwischen Verwaltungsrat, operativer Spitze und Aktionariat scheint kein Blatt Papier zu passen. Stöckli streicht heraus, dass deutlich über 90% der Anteilseigner im letzten Jahr dem Bezug von Härtefallgeldern zugestimmt hätten, was bedeutet, dass sie bis 2025 auf eine Dividende verzichten müssten. Sie trügen also die Umbaupläne und das damit verbundene Risiko mit, das mit einer Investition in Grössenordnung von 100 Mio. CHF verbunden sei, so Stöckli.
Snowfarming mit grossem Erfolg
«Ein Jahr zum Vergessen», so nannte Stöckli in seiner Eröffnungsrede das Jahr 2021. Auch CEO Egger wirft einen Blick in den Rückspiegel, erwähnt dabei aber die positiven Errungenschaften, die das Jahr gebracht hat. So funktioniere das nachhaltige Snowfarming hervorragend, was die Betriebstage in der Wintersaison von durchschnittlich 130 auf 159 Betreibstage erhöht habe, immerhin eine Steigerung von 22%. Die Aufwertung des Drehrestaurants auf dem Schilthorn mit dem neuen Angebot eines «Piz Gloria Z’Vieri», das alleine im Rahmen einer Herbstpromotion 2021 über 4000 Mal  konsumiert wurde, die gute Wintersaison mit einem Gästeaufkommen  wie in  der Vor-Corona-Zeit und das ausgebuchte Inferno-Rennen sowie andere gut besuchte Ski-Anlässe sind durchaus dazu angetan, mit Zuversicht in die Zukunft zu schauen.
Ein Geheimnis wird nicht gelüftet
Das macht Egger am liebsten, in die Zukunft schauen. Vieles an den Umbauplänen 20XX ist bekannt, aber ein grosses Geheimnis behält der CEO noch für sich. Und greift auf den Cliffhanger zurück, ein beliebtes Mittel im Fernsehen, um die Zuschauer über die nächste Pause zu vertrösten: «Es wird eine Innovation geben. Etwas, was man noch nicht gesehen hat». Man darf gespannt sein. Bekannt ist: dass die Seilbahn Stechelberg-Mürren die steilste Luftseilbahn der Welt sein wird, mit einer Neigung der Seile von bis zu 160º; dass es anstelle der bisherigen 4 Sektionen nur noch drei geben wird und damit die Reisezeit von Stechelberg auf das Schilthorn von 32 Minuten auf rund 20 Minuten reduziert wird. Auch den ambitionierten Zeitplan breitet Egger vor den Aktionären aus. Und lenkt den Blick auf den Ausbau Birg-Piz Gloria, der im Winter 2024/2025 durch die Firma Garaventa vonstattengehen soll, was wegen der Jahreszeit und der damit verbunden Wetterverhältnisse absolutes Neuland bedeute.
Nachhaltigkeit wird grossgeschrieben
Natürlich ist das ganze Projekt 20XX auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. So soll z.B. in Zukunft eine Wasserleitung das Trinkwasser von der Station Birg auf den Gipfel des Piz Glorias transportieren. Bisher muss jeder Tropfen Wasser laut Egger mit der Bahn aufs Schilthorn gebracht werden. Auch kommt erstmals bei einer Seilbahn ein  nachhaltige Energiemanagement zum Tragen. Mit dem Einsatz von grossen Batteriesystemen in den Stationen Mürren und Birg kann durch die Luftseilbahnen generatorisch produzierter Strom gespeichert und bei Spitzenbedarf wieder bezogen werden. Dadurch kann die Spitzenbelastung und der Gesamtenergieverbrauch für die neue leistungsstarke Anlage sogar gegenüber der alten Luftseilbahn deutlich reduziert werden.
Abschied von «Käthi»
Wo Neues wächst, muss man sich vom Alten verabschieden: «Käthi», wie die alte Transportseilbahn zwischen Stechelberg und Mürren liebevoll genannt wird, wird zum 28. Februar 2023 eingestellt, nicht ohne dass vorher noch 2 Monate lang Fahrten für die Touristen in ihr angeboten werden. Der Grund: Die Gepäcklogistik geniesst in Zukunft hohe Priorität, ähnlich wie im Flugverkehr soll sichergestellt werden, dass das Gepäck der Bewohner und Touristen mit der gleichen Seilbahn transportiert wird wie sie selbst. Und das ist mit «Käthi» nicht möglich. Wer sich am Ende der GV bei den Aktionärinnen und Aktionären umhört, bekommt nur Positives über das Unternehmen und die Ausbau-Strategie zu hören. Minne herrscht, könnte man sagen. Liegt es am tollen Wetter, an der guten Luft, an der Ruhe, die über allem liegt? Sicher auch, aber in erster Linie an einem Unternehmen, das eng verbundenen mit seinen Anteilseignern den Gipfelsturm in Angriff nimmt.

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