Meyer Burger: Dank Hightech-PV bald wieder lichtere Zeiten?

Schweizer Solarspezialist mit überzeugenden Plänen

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Das Solarunterunternehmen Meyer Burger hat 40 Jahre Erfahrung mit Photovoltaik. Und es ist die einzige Firma Europas, die Zellen selbst produziert. Doch reichen Expertise und technischer Vorsprung für den U-Turn in die Gewinnzone? Eine Einschätzung aus zwei verschiedenen Perspektiven.

Sie öffneten das Tor zu einem neuen Energiezeitalter – aber dann folgte das grosse Sterben. Die Rede ist von deutschen Solarunternehmen wie Q-Cells und SolarWorld. Noch in den 2000ern waren sie die Speerspitze der deutschen Solarindustrie. Die rot-grüne Koalition hatte mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) die Vergütung von Solarstrom vergoldet. Photovoltaik war plötzlich lohnend und planbar. Die Branche wuchs rasant. Doch China verdunkelte buchstäblich die Sonne. Unternehmen im Reich der Mitte bauten mit deutschem und schweizerischem Know-how eigene riesige Solarfabriken. Billig-Kohlestrom und Preisdumping ermöglichten konkurrenzlos günstige Module. Wo es dennoch eng wurde, pumpten chinesische Banken neues Geld ins System. Auf diesem Spielfeld konnte die einstige Elite nicht mehr mithalten, ein Konkurs jagte den anderen. Auch das Schweizer Traditionsunternehmen Meyer Burger, als Technologielieferant, wurde gnadenlos kopiert und ausgebootet. 2020 dann folgte die mediale Überraschung: «Schluss mit dem Maschinenbau – wir werden unsere eigenen Module bauen und verkaufen», liess die Firma verlauten. Ab 2023 wolle man wieder Gewinne schreiben.

Hochautomatisierte Fertigung ist ein Schlüsselthema bei Meyer Burger: Sie hilft Input-Materialien und Kosten sparen. (Bild: zVg)
Sicht Meyer Burger: Quartett aus Nachfrage, Technik, Marge und Nachhaltigkeit beflügelt

Weder die Covid-Pandemie noch die resultierenden höheren Kosten für Solarmodule haben das Wachstum im Solarmarkt gebremst. 2017 bis 2020 betrug es jeweils 11,5% (Compound Annual Growth Rate), bis 2025 dürften es bereits satte 17.5% sein, schreiben die Unternehmensberater von Apricum – the Cleantech Advisory. Der Angriff Russlands auf die Ukraine – und die daraus resultierenden Verwerfungen – führten Europa eindrücklich vor Augen, wie hoch die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen nach wie vor ist. Umso attraktiver strahlt vor diesem Hintergrund jede erneuerbare Energieform, die unter eigener Kontrolle ist. Doch was den Solarmarkt angeht, ist die Abhängigkeit von China dramatisch: Kein einziges europäisches Unternehmen kommt ohne chinesische Solarzellen aus – erst auf der Stufe der Modulproduktion kommt die eigene Wertschöpfungskette zum Tragen.

«Die einzige Ausnahme ist Meyer Burger, die nun auch eigene, hocheffektive Solarzellen produzieren», sagt Alexandre Müller, Investor Relations der Meyer Burger – und räumt im nächsten Satz ein «für die Herstellung der Wafer, also der Scheiben aus Silizium, aus denen man die Zellen macht, ist aber selbst Meyer Burger auf chinesische Zulieferer angewiesen, obwohl der Rohstoff selbst von der deutschen Wacker Chemie kommt». Wie lassen sich unter diesen Umständen EBITDA-Margen zwischen 25-30% erzielen, wie sie Meyer Burger nun den Investoren prognostiziert? Zum Vergleich: Chinesische Massenfabrikate erzielen EBITDA-Margen von deutlich unter 10% (JinkoSolar: 5,4% in Q1/22). «Entscheidend sind eine hohe Automatisierung in der Produktion, der sparsame Umgang mit den Rohmaterialien wie Silber und Silizium – und letztlich die Qualität der hergestellten Zellen und Module», so Müller. Meyer Burger rühmt sich einer Energieausbeute von knapp 22% auf Modulstufe – die Konkurrenten erreichen bislang im Schnitt gut 20%.

Technologievorsprung von etwas drei Jahren

«Das dürfte uns einen Technologievorsprung von etwa drei Jahren geben, denn man geht für den Solarmarkt im Schnitt von jährlich 0,5 Prozentpunkten mehr Effizienz aus». Einerseits wurde die sogenannte Heterojunction (HJT)-Technologie weiterentwickelt und effizienter gemacht. Dort werden unterschiedliche Silizium-Schichten miteinander kombiniert, was die Energieausbeute erhöht. Andererseits sorgen hauchdünne Verbindungsdrähte (SmartWire-Technologie SWCT®) dafür, dass sich die Zellen viel weniger selbst «beschatten». Die Module nehmen so mehr Energie auf – und produzieren länger Strom. Drittens verbessert SWCT® auch die Zellstabilität. Denn Mikrorisse gehören zu den häufigsten Gründen für Energieverluste bei Solarmodulen. Summa summarum sollen ab 1,4 Gigawatt Produktionsvolumen – im Jahr 2023 – die besagten «Traummargen» erzielt werden, so die Unternehmensprognose. Und die ESG-Perspektive? «Unsere Module sind komplett bleifrei», erklärt Müller. «In jedem Chinamodul steckt hingegen Blei». Kritisiert wird an der Chinaproduktion auch der Silizium-Abbau mittels «forced labor», durch unterdrückte uigurische Arbeiter. Überdies stützt sich China für die Herstellung zu 80% auf Kohlestrom. «Unsere Module stammen dagegen zu 100% aus erneuerbarem Strom». Dazu kommt die lokale Produktion, welche den CO2-Abdruck massiv senkt – weil kein Verschiffen der Ware um den halben Globus nötig ist.

Die chinesische Konkurrenz setzt auf andere Fertigungsmethoden. Sie erreicht aber ebenfalls beachtliche Wirkungsgrade – das gilt gerade für den Meyer-Burger-Konkurrenten Jinko Solar. (Bild: zVg)
Sicht Aktienanalyse: Lokale Produktion als Stärke, doch auch andere liefern «Premium»

«Bis Ende 2022 dürfte Meyer Burger gemäss dem Businessplan 1 Gigawatt an Kapazität produzieren können», sagt Dr. Eugen Perger, Senior Analyst bei Research Partners. Die mittelfristigen Ziele von 1,4 Gigawatt an produzierten und verkauften Modulen ab Ende 2023 seien realistisch, doch aus Investorensicht gipfle das für das Gesamtjahr 2023 gerade einmal in einem Gewinn pro Aktie von 0,03 Franken. 2023 dürfte das erste profitable Geschäftsjahr nach neuem Businessplan werden. Meyer Burger könne mit dem zweistelligen Wachstum des Solarmarktes Schritt halten, während der globale Marktanteil des Unternehmens vorderhand vernachlässigbar klein bleibe. «Stärken von Meyer Burger sind die lokale Produktion in Deutschland und in den USA, gerade vor dem Hintergrund des Handelskrieges USA-China – und der Eigenbau des einschlägigen, hoch spezialisierten Maschinenparks», so Perger. Meyer Burger habe allein schon wegen seiner nicht chinesischen Provenienz ein gutes Image – und sei beim Retailhandel in der Schweiz und in Deutschland beliebt. «Die Kapitalisierung ist inzwischen solide, und das Übergangsjahr 2022 dürfte ausreichend finanziert sein». 2021 hatte sich das Unternehmen mit der Ausgabe neuer Aktien sowie einer grünen Wandelanleihe mehr finanzielle Flexibilität verschafft. Möglicher Gegenwind könnte allenfalls von aufgebauter Lagerkapazität bei den Grosshändlern kommen, die nicht die erwünschten Endabnehmer findet. Denn zu den hochwertigen, aber auch entsprechend teuren Meyer-Burger-Modulen gibt es diverse, ebenfalls gute Alternativen. «In gewissen Anwendungen könnten die unterschiedlichen Technologien ebenbürtig sein», sagt Perger. Der Analyst sieht für die Meyer-Burger-Aktie ein Preisziel von 60 Rappen für 2023. Aktuell steht die Aktie bei 44 Rappen.

Der Aktienkurs von Meyer Burger (schwarze Linie) hält sich besser, als der Gesamtmarkt (rote Linie, SPI Extra). Chart: money-net.ch

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