Elektromobilität: Wie die EU auch Schweizer Batteriehersteller unter Druck setzt

Batterien-Recycling erweist sich als Knackpunkt

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Lithium-Felder in Südamerika: Die Elektro-Zukunft hat ihre Schattenseiten. Bild: euronews.com

Damit die Mobilitätswende gelingen kann, setzt die EU auf Elektromobilität. Lithium ist das Schlüsselelement für den Erfolg der dabei zum Einsatz kommenden Batterietechnologie. Schweizer Unternehmen blicken nun verunsichert in Richtung Brüssel.

Zu den grossen technologischen Trends gehört derzeit die Elektromobilität. In vielen europäischen Ländern ist die Dekarbonisierung des Individualverkehrs auf dem Vormarsch, das Aus für Verbrennungsmotoren ist bereits beschlossene Sache. Während für Otto- und Dieselmotor der Countdown läuft, kommen die batteriebetriebenen Autos aber nur langsam in die Gänge. Die Elektromobilität hat keinen einfachen Stand, denn die Ladeinfrastruktur expandiert nur langsam, und die Stromversorgung für diese E-Tanksäulen stellt eine grosse Herausforderung dar. Die technischen und physikalischen Grenzen der Elektromobilität dürfen dabei nicht übersehen werden. Ein modernes Dieselfahrzeug erzielt mit 60 Liter Diesel eine Reichweite von bis zu 1000 km. Die Batterie eines Tesla Model 3 mit 75 kWh wiegt 478 kg, und die Reichweite liegt bei weniger als der Hälfte des Dieselfahrzeugs. In einigen Elektrofahrzeugen sind sogar noch grössere und schwerere Batterien, sogenannte Lithium-Ionen-Akkumulatoren, verbaut.

Die Gewinnung der Rohstoffe für die Elektromobilität wird kritisch gesehen, da die Umweltschäden durch den Abbau von Lithiumverbindungen immens sind.

Mit zunehmender Anzahl an Elektrofahrzeugen stellt sich auch die drängende Frage, wie diese Li-Ion-Batterien recycelt werden können – denn damit die Mobilitätswende überhaupt gelingen kann, ist ein umfassendes Recyclingkonzept notwendig, das bislang fehlt und auf sich warten lässt. Doch sollten die Schwierigkeiten dabei nicht unterschätzt werden.

In vielen Elektroautos sind die Li-Ion-Batterien so verbaut, dass sie nicht einfach zugänglich sind. Schon der Ausbau ist schwierig und gefährlich, da die Batterien eine tödliche Spannung von bis zu 800 Volt haben können.

Das Recycling selbst wird heute weltweit nur von wenigen spezialisierten Unternehmen durchgeführt. Dabei werden geschredderte Batterien bspw. in Säurebädern aufgelöst oder in Schmelzverfahren werden wichtige chemische Grundstoffe zurückgewonnen. Umweltverträglichere Varianten setzen sich erst langsam durch.

EU errichtet neue Hürden

Ausgerechnet die European Chemicals Agency (ECHA) errichtet jetzt neue Hürden für die Elektromobilität, indem sie drei Lithium-Salze als karzinogene Gefahrstoffe einstufen will.

Nach Einschätzung des Schweizer Herstellers von Li-Ion-Batterien, Leclanché, hätte die neue Klassifizierung der Salze weitreichende Folgen, denn sie werden als Vorstufen bei der Herstellung des Kathodenmaterials und des Elektrolytsalzes für Li-Ion-Akkus verwendet. Dies hätte auch Auswirkungen auf den Abbau und das Recycling, da die Rückgewinnung von Lithium aus dem Recycling durch Lithiumsalze erfolgt.

Die Einstufung als Gefahrstoff würde dazu führen, dass sowohl die Kathodenherstellung als auch die Elektrolytsalzherstellung in Europa deutlich erschwert und damit die lokale Herstellung verteuert würde. Dies hätte höchstwahrscheinlich zur Folge, dass eine lokale Versorgung nicht mehr tragfähig wäre. Zudem könnte es zu einer Verteuerung des Recycling kommen, das zudem komplizierter würde. All dies widerspricht nach Einschätzung von Leclanché dem von der EU gesetzten Klimaziel und würde die EU-Produktion weniger wettbewerbsfähig machen. In Asien und den USA gibt es keine vergleichbaren Vorschriften. Importierte Lithium-Ionen-Zellen enthalten keines dieser Salze und wären daher von der geplanten Einstufung nicht betroffen.

Der umstrittene Vorschlag wurde von den Mitgliedstaaten zwar bislang noch nicht akzeptiert, aber er könnte erhebliche Auswirkungen auf die Lieferketten und die Kreislaufwirtschaft haben. Dies würde Schweizer Unternehmen genauso treffen wie europäische Unternehmen.

Denn die neue Klassifizierung würde den Abbau, also die Gewinnung, die Synthese und das Recycling berühren. Wenn eine solche Klassifizierung eingeführt würde, enthielte sie zwar höchstwahrscheinlich Ausnahmen für bestimmte Branchen, wie dies bereits bei anderen Materialien auch der Fall ist. Aber insgesamt würde es nach Einschätzung von Leclanché zu Unsicherheiten führen, die den Aufbau weiterer Kapazitäten in Europa verlangsamen und Europa hinter die Wettbewerber aus Asien und Nordamerika zurückdrängen würden.

So drohte der weltgrösste Lithium-Produzent Albemarle Corp. bereits damit, seine Fabrik in Deutschland zu schliessen, wenn die Regelung durchkäme. Dies alles würde die EU-eigenen Pläne gefährden, bei der Lithiumversorgung autonom bis zum Jahr 2025 zu werden.

Fazit

Die angestrebte Mobilitätswende soll nach der Vorstellung der EU auf dem Elektroantrieb basieren. Allerdings scheinen die Bürokraten aus Brüssel nun ihre eigenen Pläne durch neue Auflagen torpedieren zu wollen. Schweizer Unternehmen könnten sich einer Regulierung, wie sie derzeit diskutiert wird, kaum entziehen. Sie würden damit ebenfalls an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, denn Leclanché besitzt wichtige Produktionsstandorte in der EU. Das Unternehmen wäre also direkt von der geplanten Regulierung betroffen.

Der Batteriehersteller Blackstone Resources bspw. plant den Rückzug von der Schweizer Börse und will seine Produktionskapazitäten in Deutschland ausbauen. Dadurch könnte sich auch dieses Unternehmen der EU-Regulierung nicht entziehen. Im Klartext bedeutet das: Selbst ein Firmensitz in der Schweiz schützt die Batteriehersteller nicht unbedingt vor eine überbordenden Regulierungswut durch die Brüsseler Behörde.

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