WWZ: Umsatzwachstum und steigende Beschaffungskosten prägen erstes Halbjahr

Regulierungsbedingter Sondereffekt führt zu Gewinneinbruch

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Der Energieverbund Cirolago ermöglicht Fernwärme und Fernkälte aus dem Zugersee. Bild: Präsentation Jahresergebnis 2021, WWZ-Gruppe

Um 12% auf 134.7 Mio. CHF steigerte die WWZ AG den Umsatz im ersten Semester 2022. Sowohl Volumenwachstum in mehreren Segmenten wie auch höhere Absatzpreise im Energiebereich sorgten für den Zuwachs. Allerdings haben sich in der Berichtsperiode auch die Beschaffungspreise für Gas und Strom um 50% erhöht. Betriebsergebnis und Finanzergebnis fielen deutlich schwächer aus. Der Konzerngewinn fiel von 20 Mio. CHF im ersten Halbjahr 2021 auf 7.3 Mio. CHF.

WWZ bezieht 80% Strom aus dem Strommarkt, 13% aus Beteiligungen an Produktionsanlagen (Wasser Schweiz und Kernenergie). 7% stammen aus eigener Produktion (Wasser/Solar). Grafik: Präsentation Jahresergebnis 2021, WWZ-Gruppe

Alle Kostenarten zeigen im ersten Halbjahr nur überschaubare Veränderungen – ausser der Position «Beschaffung», die von 44.4 Mio. CHF auf 66.9 Mio. CHF hochsprang. WWZ generiert 20% des verkauften Stroms in den eigenen Wasserkraftwerken oder bezieht ihn durch längerfristige Verträge, die verbleibenden 80% werden am Markt zugekauft. Den dynamischen Preissteigerungen seit letztem Jahr und insbesondere seit Beginn des Krieges zwischen Russland und der Ukraine ist WWZ beim Stromeinkauf nicht voll ausgesetzt, da die Beschaffung diversifiziert strukturiert ist.

Regulatorisch begründeter Sondereffekt

Den Gewinnzahlen sieht man die relativ gute Performance der Energiesparte nicht an, doch das hat überwiegend regulatorische Gründe. Da unterjährige Anpassungen der Tarife in der Grundversorgung regulatorisch nicht erlaubt sind, lagen die Beschaffungskosten für Strom über den Nettoerlösen der Sparte. Der Sondereffekt besteht darin, dass die Unterdeckung in 2022 nach der nächsten Anpassung zum Jahresbeginn 2023 über die Folgejahre kompensiert wird. Das Resultat ist, dass das betriebliche Ergebnis um 6.6 Mio. CHF auf 10.8 Mio. CHF zurückging. Im vergangenen Geschäftsjahr 2021 entfielen immerhin 44,1% der Nettoerlöse von WWZ auf den Geschäftsbereich Strom, was das Ausmass des Gewinnrückgangs plausibel macht.

Preisdruck im Telekom-Bereich

Auch in dem mit 30,7% Umsatzanteil in 2021 zweitwichtigsten Geschäftsbereich Telekom blieb das Umfeld herausfordernd. In einem intensiven Preiswettbewerb sanken die Bruttoerträge des Segments leicht, obwohl die Anzahl der Abonnenten gehalten wurde. Hohe Investitionen vor allem in den nun abgeschlossenen Netzausbau auf flächendeckend 1 Gbit/s führten zu hohen Abschreibungen, was sich in einer rückläufigen Profitabilität niederschlug.

Die Investitionen 2021 (in Mio. CHF) verteilten sich wie folgt: Elektrizität 12; Telekom 31, Wärme & Kälte 28, Immobilien 12, Wasser 5, IT und übrige 15. Grafik: Präsentation Jahresergebnis 2021, WWZ-Gruppe
Fernwärme ist «in»

Sehr positiv entwickelt sich dagegen der Bereich Fernwärme. Zum einen schreiten die langfristigen Projekte Circulago und Wärmeverbund Ennetsee planmässig mit neuen Anschlüssen voran. Hinzu kommt eine hohe Nachfrage nach weiteren Projekten der nahezu CO2-freien Fernwärme und -kälte aus See- und Grundwasser. Weiterhin wurde die Projektierung eines Holzwärmeverbunds in der Gemeinde Steinhausen begonnen. Kennzeichnend für diese Projekte ist, dass sie mehrere Jahre bis zur stufenweisen Fertigstellung benötigen und dass erst einmal hohe Investitionen gestemmt werden müssen. Die klimaneutrale Energieform erfährt vor dem Hintergrund der Energieknappheit und der gestiegenen Kosten mittlerweile mehr Aufmerksamkeit und Interesse.

Zahlenwerk

Im Segment Elektrizität fiel das Ergebnis um 5 Mio. CHF. Der regulatorisch begründete Sondereffekt führt zu einer Ertragsverlagerung in die Folgejahre, lässt aber im ersten und absehbar auch im zweiten Halbjahr 2022 das betriebliche Ergebnis deutlich absinken. Aufgrund der schwachen Börsentendenz verzeichneten die Wertschriftenanlagen einen Verlust von 3.2 Mio. CHF, gegenüber einem Gewinn von 5 Mio. CHF in der Vorjahresperiode. Der Konzerngewinn ging als Konsequenz kräftig auf 7.3 Mio. CHF zurück.

Ausblick

Angesichts der geopolitischen Unsicherheiten ist die Wirtschaft in ein schwierigeres Fahrwasser gekommen. Insbesondere die Energieversorgung über den Winter und auch danach ist durch die russische Verknappung bei den Gaslieferungen infrage gestellt. In der europäischen Energiebranche herrscht Angst vor einem «Lehman-Moment», in mehreren Ländern werden Rettungsaktionen im Milliardenvolumen durchgeführt oder vorbereitet. So auch bei Axpo in der Schweiz. WWZ erwartet, ganz realistisch, keine Entspannung der Situation im zweiten Halbjahr. Dies beinhaltet auch das nicht unwahrscheinliche erneute Aufflackern der Viruspandemie sowie daraus resultierender erneuter Einschränkungen für das öffentliche Leben.

Auswirkungen des Klimawandels

Ein weiterer Faktor für den Geschäftsverlauf sind auch die schwierigen und wechselhaften Witterungsbedingungen. Die aktuelle Jahrhundert-Dürre in Europa führt ganz generell zu geringeren Wassermengen in den Flüssen. Darunter leidet die für die Schweiz wichtige Energieerzeugung aus Wasserkraft, gleichzeitig steht weniger Wasser für die strategische Reserve in den Speicherseen zur Verfügung. Andererseits lassen die unüblich dauerhaft hohen Temperaturen die Gletscher schneller abschmelzen, was auch Fragen für die Zukunft der Wasserkraft aufwirft.

Fazit

Energieversorgungsunternehmen müssen langfristig denken, ihr Kerngeschäft beherrschen und möglichst sinnvoll und rentabel investieren und diversifizieren. Der Energiemarkt ist nicht nur einem starken zyklischen Wandel unterworfen, der durch die plötzliche Energieknappheit ausgelöst wurde, sondern auch einem strukturellen Wandel. Der erfordert fortgesetzt hohe Investitionen in Erneuerbare Energien, energienahe Services, Dezentralisierung und Digitalisierung. WWZ ist ein Vorreiter im Schweizer Energiemarkt und bringt nicht nur Innovationen hervor, sondern finanziert auch Generationenprojekte wie Circulago aus eigener Kraft. Das kann die Rentabilität auch vorübergehend beeinträchtigen. Wichtig ist, dass die volle unternehmerische Handlungsfähigkeit erhalten bleibt und die Investitionen zu absehbar höheren Gewinnen in der Zukunft führen. Beides scheint bei WWZ der Fall zu sein.

Die WWZ-Aktie wird auf OTC-X gehandelt. Der aktuelle Kurs beträgt 1’235 CHF.

Die wirtschaftliche und politische Entwicklung spiegelt sich auch im Aktienkurs-Verlauf von WWZ. Chart: otc-x.ch

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