In den letzten zwei Jahren war der Geschäftsverlauf beim Berner Warenhausunternehmen Loeb von der Pandemie geprägt. 2021 schaffte das Unternehmen operativ den Turnaround und konnte von einem guten Finanzergebnis profitieren.
Obwohl der Start ins 2022 noch von der Pandemie beeinflusst wurde, freut sich Firmenchefin Nicole Loeb darüber, dass sie in diesem Jahr erstmals das neue Erlebniskonzept umsetzen konnte. Im Gespräch mit schweizeraktien.net gehen Nicole Loeb und ihr Finanzchef Franz Wittwer auf die Entwicklung im laufenden Geschäftsjahr ein und berichten über neue Projekte.
Frau Loeb, Herr Wittwer, als wir vor ungefähr einem Jahr das Gespräch geführt haben, dominierten die Themen Pandemie, Lockdown, Kurzarbeit und Corona-Hilfen. Jetzt scheint alles wieder normal zu sein. Was sind die Themen, die Sie bewegen?
Franz Wittwer: Vielleicht haben wir das schon wieder etwas verdrängt: Aber im Januar und Februar hat uns die Omikron-Variante beschäftigt, viele Mitarbeiter waren krank und sind ausgefallen.
Nicole Loeb: Nach der Aufhebung der Corona-Massnahmen waren wir in der Beschaffung gefordert, denn unsere Lieferanten konnten nicht oder nicht rechtzeitig liefern. Und auch der Beginn des Ukraine-Kriegs hat sich negativ auf die Stimmung der Konsumenten ausgewirkt. Aber es ist auch richtig, dass wir nun endlich unsere 2019 entwickelte Strategie, auf Erlebnisse zu setzen, in diesem Jahr erstmals umsetzen konnten.
Und wie ist diese Strategie aufgenommen worden?
Nicole Loeb: Sehr gut. Wir hatten über 300 Besucherinnen an unserer Ladys Night. Am Herrenabend kamen fast gleich viele Personen. Und auch die Food Night war ein Erfolg. Es zeigt sich, dass wir Menschen uns weiterhin treffen und austauschen möchten. Das kann online nicht bieten.
Im Online-Geschäft setzen Sie auf Partner, wie brack.ch bei den Elektrogeräten und Zalando bei der Bekleidung. Wie läuft die Partnerschaft mit Zalando?
Durch diese Partnerschaft ist unser Modesortiment auch auf Zalando verfügbar, und unsere Kunden können ihre Waren direkt im Loeb bestellen und nach Hause liefern lassen. Neu bieten wir auf diesem Kanal auch unsere Eigenmarke L’Essence by Loeb an. Die Zusammenarbeit ist sehr erfolgreich, und wir bauen sie weiter aus. Es zeigt sich, dass der Entscheid, kein eigenes Online-Shopping aufzubauen, richtig war.
Neben der Pandemie und deren Folgen für Loeb standen in den vergangenen Jahren auch die Renovierungen der Standorte im Fokus. Diese sind nun abgeschlossen. Welche neuen Projekte stehen an?
Nicole Loeb: Bei den Immobilienprojekten ist es die Eröffnung eines Rooftop-Restaurants mit 140 Plätzen über den Dächern von Bern. Mit dem Gastronomenpaar Irene und Lukas Uehlinger haben wir die richtigen Pächter gefunden. Wenn alles gut läuft, werden wir das Restaurant im August 2023 eröffnen.
Franz Wittwer: Ausserdem haben wir weiter an unserem Loeb Club gearbeitet, einem neuen Loyality-Programm für unsere Kunden. Statt der Loeb Kundenkarte kann der Kunde eine kostenlose Visa-Kreditkarte wählen und erhält so für alle seine Einkäufe ausserhalb unseres Geschäfts mit der Karte Goldpunkte von Loeb.
Es ist nun Ende Oktober. Können Sie schon Aussagen zur Entwicklung im Detailhandelsgeschäft der Loeb AG für dieses Jahr machen?
Nicole Loeb: Bis Ende September sind wir auf Stufe EBIT auf Budgetkurs, dies nach einem schweren Start zum Jahresbeginn. Seit April konnten wir jedes Monatsbudget erreichen. Auch kostentechnisch haben wir Optimierungen erzielt. Das warme Wetter im Oktober macht es uns zurzeit gerade bei der Bekleidung nicht leicht. Wenn draussen Temperaturen von 20 Grad herrschen, kauft niemand einen Wintermantel.
Wo haben Sie kostentechnisch angesetzt, und wird die Loeb Gruppe im Jahr 2022 nochmals von Unterstützungen im Zusammenhang mit der Pandemie profitieren?
Franz Wittwer: Nein, weder werden wir in diesem Jahr Kurzarbeitsentschädigungen noch Härtefallgelder erhalten. Kostenseitig konnten wir Verbesserungen erzielen, in dem nicht jede Stelle neu besetzt wurde. Ausserdem hat die Pensionskasse Loeb Beitragsferien gewährt, von denen die Mitarbeiter und auch die Loeb AG profitiert haben.
Schauen wir das Immobilienportfolio an. Derzeit sind die Zinsen am Steigen. Diese haben bereiten Einfluss auf die Preise am Markt für Renditeliegenschaften. Wie entwickelt sich Ihr 166 Mio. CHF schweres Portfolio?
Wir verzeichnen keine Nachwehen der Pandemie. Es gibt weder Kündigungen noch Zahlungsausfälle. Auch sehen wir keinen negativen Einfluss auf die Preise.
Sie haben gesagt, dass Sie das Immobilienportfolio ausbauen wollen, wenn die Preise wieder stimmen. Das war bisher nicht der Fall. Werden Sie in Zukunft, sofern die Preise für Renditeliegenschaften nach unten korrigieren, Objekte zukaufen?
Nicole Loeb: Das ist dieses Jahr nicht aktiv geplant. Unser letzter Kauf war die Liegenschaft Gurtengasse 2. In unserer Strategie liegen die Prioritäten auf dem Rooftop-Restaurant, der Erneuerung der Kundenkarte und bei neuen Kanälen, wo wir zum Beispiel auch mit Influencern zusammenarbeiten, um junge Kunden anzusprechen. Trotzdem schauen wir uns geeignete Immobilienobjekte jeweils an und werden von Fall zu Fall entscheiden.
Stichwort Energiekrise: Wie schneiden Ihre Liegenschaften bei der Energieeffizienz ab, und nutzen Sie Flächen für Photovoltaikanlagen?
Franz Wittwer: Da wir unsere Liegenschaften gerade erst saniert haben, sind diese energetisch auf dem neuesten Stand. PV-Anlagen können oder dürfen wir aus Gründen des Denkmalschutzes oft nicht installieren.
Kommen wir zum Abschluss noch zum Wertschriftenportfolio. Wie hat sich diese bisher entwickelt?
Franz Wittwer: Wie Sie wissen, bestehen unsere Anlagen zu zwei Dritteln aus Aktien und zu einem Drittel aus Obligationen. Von daher sind wir von der kräftigen Kurskorrektur seit Jahresbeginn auch betroffen. Es wird sich aber erst am Jahresende zeigen, wie sich das von externen Spezialisten verwaltete Portfolio entwickelt hat.
Vielen Dank für das Gespräch.
Die Namenaktien B sowie die Partizipationsscheine der Loeb Holding AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Der letztbezahlte Kurs der eher selten gehandelten Namenaktie B liegt bei 245 CHF, jener des im Liquidity Index enthaltenen Partizipationsscheines bei 221 CHF.