Die Schweizer Strombranche befindet sich in einem perfekten Sturm. Grund dafür sind die angekündigte Wartung von rund der Hälfte der 56 französischen Kernkraftwerke in diesem Sommer, die steigenden Gaspreise nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine und die geringen Niederschläge bereits im letzten Winter. Roland Leuenberger, CEO der Repower AG, bezeichnete diese aufeinandertreffenden Faktoren als eine «toxische Kombination», die schlussendlich im Sommer zu exorbitanten Grosshandelspreisen von über 1000 Euro pro MWh für Strom geführt hat. Um einen Kollaps im Winter zu verhindern, forderte der Bundesrat die Schweizer Wasserkraftwerke dazu auf, eine Reservemenge von 400 GWh zur Verfügung zu stellen. An der Auktion für diese Wasserkraftreserve habe sich auch Repower beteiligt, so Leuenberger gegenüber schweizeraktien.net.
Wasserreserve kann erst 2023 verkauft werden
Die Bündner haben den Zuschlag erhalten und müssen nun 6% der gesamten Reservemenge oder 24 GWh für den Fall einer Strommangellage im Winter bereithalten. Der Stromkonzern wird für dieses «Pflichtlager» entschädigt. Der Bund zahlt für die gesamte Reservemenge von 400 GWh einen Durchschnittspreis von 740 Euro pro MWh. Wie hoch die Entschädigung für Repower ausfällt, gibt das Unternehmen nicht bekannt. Ruft der Bund die Reserve nicht ab, muss die Entschädigung dennoch vom Bund bezahlt werden. Für Repower ein gutes Geschäft. Roland Leuenberger weist allerdings darauf hin, dass die Reserve bis zum Frühjahr 2023 vorgehalten werden müsse und daher erst im kommenden Jahr «turbiniert», sprich zum Strom verarbeitet werden kann. Daher ist für dieses Jahr mit einer geringen Eigenproduktion aus Wasserkraft zu rechnen. Ebenso führte der geringere Niederschlag in diesem Sommer bisher zu einer geringeren Produktion. «Wir freuen uns über jeden Tag, den es regnet», bringt es Leuenberger auf den Punkt. Ein Regentag in Graubünden könne, je nach Strompreis, zu einem Mehrumsatz von 0.5 Mio. CHF führen.
Weniger Eigenproduktion aus Wasserkraft in 2022
Durch die Verschiebungen in der Eigenproduktion aus Wasserkraft wird das Ergebnis für 2022 zwar negativ beeinflusst. Doch schon 2023 soll die Verschiebung der Wasserkraft zu positiven Effekten in der Erfolgsrechnung führen. Hinzu kommen die auslaufenden Absicherungen sowie die neuen höher dotierten Lieferverträge für 2023 und die kommenden Jahre. «Diese Effekte werden ab 2023 in unserer Erfolgsrechnung sichtbar», so Lorenzo Trezzini, Finanzchef bei Repower. Auch in Zukunft setzt Repower auf den Ausbau der heimischen Wasserkraft in der Schweiz, was eine Vielzahl an Projekten in den Bündner Bergen verdeutlichen.
Beitrag von Teverola auch im 2. Halbjahr verhalten
In Italien erstellt Repower derzeit Wind- und Solarkraftwerke, ebenso ist ein grösseres Pumpspeicherkraftwerk geplant. Dabei setzt der Stromproduzent auf die gesetzlich festgelegte Einspeisevergütung. In zehn Jahren sollen in dem südlichen Nachbarland nach dem Willen der Regierung 80 TWh Strom, die heute mit fossilen Brennstoffen produziert werden, durch Photovoltaik und Windkraft ersetzt werden. Von diesem Kuchen möchte sich Repower ein Stückchen abschneiden. Profitieren sollte von der stärkeren Nutzung erneuerbarer Energien auch das Gaskombikraftwerk in Teverola, das mit seiner Regelenergie bei Schwankungen im Netz für Stabilität sorgt. Doch bisher ist davon noch nicht viel zu spüren. Auch im 2. Halbjahr 2022 bleibt der Gewinnbeitrag im Vergleich zu den Vorjahren bescheiden. Dank der höheren Grosshandelspreise für den Strom aus Wasserkraft sollte dies in diesem und den kommenden Jahren kompensiert werden können.
Die Aktien der Repower AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 149 CHF für eine Aktie bezahlt. Seit Jahresbeginn liegt das Kursplus bei über 10%. Eine detaillierte Analyse zum Halbjahresabschluss lesen Sie hier.