Marco Zanolari, CEO Grand Resort Bad Ragaz: «Dank Wärmepumpen verbrennen wir 85% weniger fossile Brennstoffe»

Luxus und Nachhaltigkeit sind keine Widersprüche

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Seit 1. Juli 2022 Vorsitzender der Geschäftsleitung der Grand Resort Bad Ragaz: der Bündner Marco Zanolari. Bild: zVg

Fast 100 Mio. CHF Umsatz und über 80‘000 Gäste pro Jahr: Das Grand Resort Bad Ragaz ist beliebt und erfolgreich. Verträgt sich Luxushotellerie und Gastronomie auch mit Nachhaltigkeit? Das Interview mit dem General Manager und Vorsitzenden der Geschäftsleitung, Marco Zanolari.

Herr Zanolari, auf den ersten Blick sind Luxus und Nachhaltigkeit Widersprüche. Das eine wird mit Überfluss und Verschwendung assoziiert, das andere mit Schonung natürlicher und sozialer Ressourcen. Gibt es da überhaupt gemeinsame Nenner?

Als Haus mit 6 Michelin-Sternen sind wir der Exzellenz verpflichtet, einer unserer vier Kernwerte. Zwei weitere Werte sind «Achtsamkeit» und «Innovation» – und ich bin überzeugt, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind. Natürlich haben wir nur begrenzten Einfluss auf das Verhalten unserer Gäste in Sachen Nachhaltigkeit. Wir können uns aber konsequent selbst in allen drei ESG-Dimensionen verbessern – und mit gutem Beispiel vorangehen.

Von diesen drei Dimensionen – Environment, Social und Governance – ist der Aspekt «Umwelt» am bekanntesten. Was unternehmen Sie in Bezug auf klimaschädliche Treibhausgasemissionen?

Heizen ist ein Hauptverursacher von Emissionen. Das 36,5 Grad warme Thermalwasser, das uns die Natur schenkt, ist eine gewaltige Ressource. Früher hatten wir einen Heizölverbrauch von 1 Mio. Liter im Grand Resort – heute sind drei Wärmepumpen im Einsatz, welche die Restwärme aus dem sogenannten «abgebadeten Thermalwasser» in die Heizungsanlage des Resorts einspeisen. Die Bilanz kann sich sehen lassen: Wir konnten den Einsatz von fossilen Brennstoffen um 85% reduzieren. Zudem haben wir ein Wiederaufforstungsprogram am Laufen, um unsere 100-jährigen Fichten zu ersetzen, denen der Klimawandel nicht gut bekommt. Also nicht nur CO2-Einsparungen, sondern aktives «Carbon Capturing» mithilfe der Natur. Ausserdem beziehen wir seit vier Jahren ausschliesslich Ökostrom.

Mit Wärmepumpen konnte das Grand Resort seinen Heizölverbrauch schon 2019 unter 100’000 Liter senken. Bild: zVg

Alles Aspekte, die als Resort relativ einfach kontrolliert werden können. Wie steht es um Themen wie Vermeidung von Abfallbergen und Trinkwasserverschwendung, die man durchaus mit Luxus assoziiert?

Solche Bemühungen werden auch immer dezidierter von unseren Gästen und unseren Investoren nachgefragt. Wir beliefern zum Beispiel die Non-Profit-Organisation SapoCycle, die gebrauchte Seifen von diversen Hotels sammelt, um sie in Hygieneprodukte zu verwandeln, die bedürftigen Menschen zugutekommen. Wir verwenden auch zunehmend Flüssigseifen in nachfüllbaren Behältnissen – und zur Abfallvermeidung haben wir auf den Golfplätzen Trinkwasserspender installiert, was das Problem mit den Plastikflaschen löst. In den Zimmern machen wir unsere Gäste darauf aufmerksam, umsichtig mit der Frotteewäsche umzugehen und mit Bedacht zu entscheiden, wann frische Tücher benötigt werden. Und unsere Zeitungen werden zunehmend online via Abo-Zugänge genutzt.

Ein grosses Thema, gesamtgesellschaftlich, ist Food Waste. Wenn etwa wieder einmal davon die Rede ist, dass ein Drittel der Lebensmittel in den Abfall wandert…

Genau, ein sehr wichtiges Thema, dessen wir uns intensiv angenommen haben. Wir sind besonders stolz, dass wir hier die Umweltthematik mit dem sozialen Aspekt verbinden konnten. Wir haben in unserem Kurpark während der Kunst- und Skulpturenausstellung «Bad RagARTz» ein Pop-up-Restaurant eröffnet, das aus vermeintlichen Küchenabfällen kreative, neue Gourmet-Gerichte gezaubert hat. Das Konzept dazu stammte von Studenten der EHL Hotelfachschule Passugg. So konnten wir einerseits eine Zero-Food-Waste-Kette leben, anderseits konnten engagierte Nachwuchs-Gastronomen ihre Mitmenschen zu einer umweltbewussten Ernährung inspirieren. Ganz nach unserem vierten Kernwert, der «Eigenverantwortung».

Das Pop-Up-Restaurant «LeftLovers» bot 2021 kreative, neue Gerichte aus Essensresten. Bild: zVg

Die Gastronomie hat ein Fachkräfteproblem. Begegnen Sie dieser Thematik, neben sinnstiftenden Einsätzen, auch mit Engagement im Gebiet der sozialen Nachhaltigkeit?

Absolut. Was die «harten Zahlen» angeht: Unsere Löhne liegen im Schnitt 100 bis 200 CHF über dem Gesamtarbeitsvertrag fürs Schweizer Gastgewerbe. Diverse «Fringe Benefits», wie kostenlose oder stark ermässigte Eintritte und Übernachtungen, kommen dazu. Zudem haben wir in einigen Restaurants die 4-Tage-Woche eingeführt – und die Zimmerstunden abgeschafft. Unseren Mitarbeitenden stellen wir 300 preiswerte wie komfortable Studios und Wohnungen zur Verfügung. Ich musste zu meiner Zeit ja zum Teil noch «unter der Treppe schlafen», sozusagen.

Mobilität und – damit verbunden – der Bezug von lokalen Produkten statt um die halbe Welt transportierter Waren sind ebenfalls wichtige Aspekte eines nachhaltigen Betriebs. Wie sieht es dort aus bei Ihnen?

Wir setzen auf regionale und Schweizer Produkte und – wo immer es geht – auf Bio- oder sogar Demeter-Qualität. Bei den Preisen, die wir verlangen, könnten wir es uns auch nicht leisten, Lebensmittel mit unklarer Herkunft anzubieten. Unsere Shrimps? Rheinfelden, SwissShrimp. Also keine fragwürdigen Hintergründe bei der Produktion. Was Mobilität angeht, stellen wir unseren Mitarbeitenden ein Elektroauto im Carsharing zur Verfügung.

Die Shrimps-Farm «Swiss Shrimp» in Rheinfelden liefert Crevetten, für die keine Mangrovenwälder abgeholzt werden müssen. Bild: zVg

Sprechen wir noch kurz vom letzten ESG-Punkt, den Grundsätzen der guten Unternehmensführung («Governance») …
Wir können ein gesundes Aktionariat mit kurzen Entscheidungswegen vorweisen. 83% der Aktien sind im Besitz der Schweizer Familie Schmidheiny. Der Rest teilt sich auf 1200 Aktionäre auf, von denen viele nur einen Titel besitzen. Ich darf behaupten, dass stets der gesamte Verwaltungsrat an den regelmässigen Sitzungen präsent ist – und in meiner Funktion als General Manager und Vorsitzender der Geschäftsleitung habe ich klare Nachhaltigkeits-Ziele.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Titel der Grand Resort Bad Ragaz werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Seit Jahresbeginn hat der Kurs rund 20% zugelegt. Chart: otc-x.ch

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