Welinvest: Die Basler Traditionsfirma «hebt ihren Schatz» und lässt die Aktionäre teilhaben

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Die Investmentgesellschaft bleibt der Strategie der vergangenen Jahre treu. Das Immobilienportfolio wird reduziert, und die Investoren profitieren von einer hohen Dividende, obwohl operativ lediglich ein ausgeglichenes Ergebnis resultiert. Bild: welinvest.ch

Immobiliengesellschaft kann man Welinvest kaum mehr nennen. Das Unternehmen hat im abgelaufenen Jahr, das jeweils in der Mitte des Kalenderjahres endet, Immobilien für 80 Mio. CHF abgestossen. Die Investmentgesellschaft nennt dies «das Heben des Schatzes» der nach eigener Einschätzung «überbewerteten Liegenschaften». Vom ehemals stolzen Immobilienbesitz ist nach diesen Transaktionen nur noch ein Restbestand übrig. Im vergangenen Geschäftsjahr wurden zehn der verbliebenen 16 Immobilien in Basel-Stadt verkauft.

«Die Attraktivität von Wohnliegenschaften in Basel hat in den letzten Jahren laufend abgenommen», gab die Firmenleitung einer lokalen Zeitung im Frühling zu Protokoll. Dies habe einerseits mit dem Zinsumfeld zu tun, aber auch mit den kürzlich beschlossenen «extremen gesetzlichen Restriktionen für Mietliegenschaften». Auffällig ist, dass die Liegenschaften nicht ausgeschrieben wurden und bis auf eine Ausnahme alle den gleichen Käufer fanden – die Pax-Versicherung.

Verkauf unter Verkehrswert?

Die Zahlen im Geschäftsbericht widersprechen teilweise der «Schatz»-Theorie. Während der Verkaufswert 80 Mio. CHF betrug, sank der Verkehrswert der Welinvest-Immobilien im gleichen Zeitraum doch um 96,3 Mio. CHF. Er beträgt zum Ende des Geschäftsjahres noch 77,3 Mio. Der Verkehrswert des Aktienportfolios erhöhte sich über Jahresfrist von 39,0 Mio. auf 72,6 Mio. CHF. Auch der Edelmetallbestand hat sich deutlich auf 22,2 Mio. CHF erhöht (Vorjahr: 4,2 Mio.). Bereits im vergangenen Jahr hatte Welinvest sich von Vermögenswerten getrennt, die sich angeblich nahe an historischen Höchstwerten bewegten. Im Geschäftsjahr 2020/21 lag das Hauptgewicht der Veräusserungen jedoch auf Aktien.

Als grösste Aktienpositionen – mit einem Anlagevolumen von jeweils über 2 Mio. CHF – werden im Geschäftsbericht als Schweizer Unternehmen die Waadtländer Kantonalbank, Holcim, Nestlé und Swiss Re aufgeführt. Grosse ausländische Engagements umfassen die Liechtensteinische Landesbank, BASF, Evonik, Solvay, Unilever und Rio Tinto.

Unter dem Strich weist die Investmentgesellschaft für das abgeschlossene Geschäftsjahr einen kleinen Betriebsverlust aus. Eine Berichtigung auf dem Wertschriftenbestand von 14,9 Mio. CHF drückte das Resultat in den roten Bereich. Dank der Veräusserung der Immobilien für 80 Mio. CHF blieb nach Abzug der Steuern von 14,6 Mio. CHF ein ausserordentlicher Gewinn von 65,2 Mio. CHF stehen.

800 Franken je Aktie

An der Generalversammlung vom 14. November 2022, die auch dieses Jahr virtuell abgehalten wurde, ist eine rekordhohe Dividende von 800 CHF genehmigt worden. Aus den reichlich vorhandenen liquiden Mitteln fliessen so 32 Mio. CHF ab. Zum Geschäftsjahresabschluss verfügte die Gesellschaft über 54 Mio. CHF an flüssigen Mitteln. Im Jahr davor schüttete Welinvest 350 CHF je Aktie aus.

Die Aktien Welinvest werden ausserbörslich auf der Plattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Die «Perspektivlosigkeit der Aktiengesellschaft» zeigt sich auch im Aktienkurs. Mit einem Minus von über 15% im laufenden Jahr gehören die Titel im ausserbörslichen Bereich zu den klaren Unterperformern. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die Aktien nun ex-Dividende gehandelt werden, was den Kursrückgang in den letzten Wochen erklärt. Zuletzt kam es zu Abschlüssen auf 4450 CHF.

Am Chart der Welinvest-Aktie ist der «Dividendenknick» deutlich zu erkennen. Chart: otc-x.ch
Derselbe Weg wie Claretta?

Wenn Welinvest jedes Jahr das Immobilienvermögen reduziert, führt das zwar zu kontinuierlichen Erlösen, langfristig geht jedoch die Ertragsbasis verloren – einerseits fehlt das Wertsteigerungspotenzial von Immobilien und Aktien, andererseits werden Miet- und Dividendeneinnahmen kleiner. Ein Engagement ist nicht zu empfehlen.

Welinvest gehört mehrheitlich der deutschen Industriellenfamilie von Finck. Die Minderheitsanteile sind breit bei rund 500 Anlegern gestreut, dies meistens davon historisch bedingt aus dem «Basler Daig». Die Minderheitsaktionäre müssen sich fragen, ob Welinvest den Weg der Claretta Holding geht. Diese befand sich ebenfalls im Mehrheitsbesitz der Familie von Finck und wurde im Jahr 2021 liquidiert. Rein rechnerisch gesehen profitiert der Mehrheitsaktionär jeweils am meisten von ausserordentlich hohen Dividendenausschüttungen, die auch an der Substanz zehren.

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