Thermalbäder: Steht ein Wintermärchen bevor?

Die Unternehmen sind gut gerüstet für die Herausforderungen durch steigernde Energiepreise

0
1953
Im Winter dürften viele Besucher die Wärme der Thermalbäder suchen, um der Kälte zu Hause oder im Büro zu entfliehen. Bild: taminatherme.ch

Während der Corona-Pandemie sind Umsatz und Gewinn bei den Thermalbadbetreibern in der Schweiz stark eingebrochen. Monatelange Schliessungen sowie Zutritts-Restriktionen in den Jahren 2020 und 2021 machten den Unternehmen schwer zu schaffen. Seitdem im Februar 2022 alle Beschränkungen aufgehoben wurden, ist auch eine Rückkehr zur Normalität zu verzeichnen.

Aber in Zeiten wie diesen ist nach der Krise vor der Krise. Die nächste Herausforderung, mit der sich die Bäderbetriebe auseinanderzusetzen haben, sind die stark gestiegenen Energiepreise. Schweizeraktien.net hat sich bei den auf OTC-X gelisteten Gesellschaften umgehört, wie sie sich auf eine Strommangellage vorbereiten, wie sie Energie einsparen und mit welchen Mehrkosten sie rechnen.

Hohe Belastung durch Anstieg der Energiekosten

Dominik Keller, CEO der Therme Zurzach, geht in 2023 von einer Verdopplung der Energiekosten für sein Unternehmen aus. Marco R. Zanolari, Vorsitzender der Geschäftsleitung des Grand Resort Bad Ragaz, das die Tamina Therme betreibt, sieht eine unvorhergesehene hohe Belastung auf das Budget seines Unternehmens zukommen. Und Daniel Bieri, CEO Bad Schinznach, sagt, dass bereits das Geschäftsjahr 2022 von Preiserhöhungen bei Strom, Gas, Wasser und Lebensmitteln betroffen sei.

Um die hohen Zusatzkosten abzufedern, haben alle drei Unternehmen ihre seit Jahren verfolgte Strategie der Energieeinsparungen weiter intensiviert. Dabei kommt den Thermalbädern zugute, dass sie die Abwärme des Thermalwassers, das mit rund 40° aus dem Boden kommt, zur Beheizung ihrer Anlagen nutzen können. «Durch Wärmerückgewinnung, stromoptimierte Geräte und Motoren mit Frequenzumrichter werden zusätzlich zehntausende kWh pro Jahr eingespart», sagt etwa Daniel Bieri von Bad Schinznach.

Einsparungen bei Beleuchtung, Sauna

Im Bereich Beleuchtung haben die drei Bäder-Gesellschaften auf LED-Technologie umgestellt, was erhebliche Energieeinsparungen zur Folge hat. Aber damit ist es nicht getan. «In diesem Jahr wird die Bad Schinznach AG auf die Weihnachtsbeleuchtung im Aussenbereich verzichten», erwähnt Bieri. Die 15’000 Lichtlein am 27 Meter hohen Mammutbaum würden in diesem Jahr nicht leuchten, womit zusammen mit den anderen Massnahmen allein im Dezember 10% des Stroms gegenüber dem Vorjahr eingespart werden könnten. Zudem senkt die Bad Schinznach AG die Raumtemperatur in den öffentlichen Bereichen um 3°.

In Bad Ragaz wurden die Saunaöfen durch moderne, energiesparende Geräte ersetzt. Auch in Zurzach hat man die Schwitzstuben im Visier. «In den Saunaanlagen wurde eine weltweit neue Saunasteuerung eingesetzt, die rund 30% der Energiekosten einspart», so Dominik Keller. Auch wurde am 29. September 2022 auf der Thermalbaddach-Fläche von 4’500 m2 eine Photovoltaikanlage in Betrieb genommen. Mit den 1’222 Solarpanels könne die Energie für über 90 Einfamilienhäuser produziert werden, rechnet Keller vor.

Dank der getroffenen Massnahmen sehen sich die Unternehmen gut gerüstet für die Verwerfungen, die auf sie insbesondere im Energiebereich zukommen könnten. So haben alle drei Unterhemen Notfallpläne in der Schublade, um auf eine mögliche Energie-Mangellage zu reagieren. «Alles andere wäre fahrlässig», sagt Marco R. Zanolari vom Grand Resort Bad Ragaz.

Erhöhung der Eintrittspreise

Aber nicht nur an der Ausgaben-, sondern auch an der Einnahmen-Front wird geschraubt, um die Rentabilität der Unternehmen zu sichern. Sowohl Bad Schinznach als auch Bad Zurzach habe ihre Eintrittspreise zum 1. Oktober 2022 erhöht. CEO Daniel Bieri von Bad Schinznach geht davon aus, dass im nächsten Jahr auch die Hotel- und Restaurationspreise leicht angehoben werden müssen.

Fazit

Im Gegensatz zu Corona, das die Volkswirtschaften, die Unternehmen, ja die ganze Menschheit komplett unvorbereitet traf, war die Entwicklung im Energiebereich nicht erst seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine absehbar. Die Thermalbäder sind für die Unbillen an den Energiemärkten gut gerüstet und arbeiten seit Jahren daran, ihren CO²-Ausstoss zu minimieren. Diese Strategie hilft ihnen jetzt, ihr verhältnismässig energieintensives Geschäft ohne grosse Verwerfungen fortsetzen zu können.

Dabei ist auch hilfreich, dass die Geschäftstätigkeit sich wieder auf Vor-Corona-Niveau einpendelt. Die Auslastung der Bäder und, wie im Fall von Bad Schinznach und Bad Ragaz, der Hotels bzw. Kliniken ist wieder auf dem Stand von 2019 oder sogar etwas höher. Und das trotz eines sehr warmen Sommers, der nicht förderlich für das Bäder-Geschäft war. Im regnerischen Oktober und im kühlen November haben die Frequenzen wieder stark angezogen.

Es könnte durchaus ein Wintermärchen für die Thermalbäder werden. Denn bei reduzierten Raumtemperaturen in öffentlichen Gebäuden, in Büros und auch zu Hause (wenn man den Aufrufen der Politik Folge leistet) wird so mancher sich ein warmes Umspülen in Thermalwasser, ein Schwitzen in Saunen und ein Durchknetetwerden in der Massage sehnlichst herbeiwünschen.

Kommentar verfassen