Lalique: Was macht eigentlich … der Luxus-Börsendebütant von 2018?

Chancen durch Wandel in der Welt der Luxusgüter

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Gaumenschmaus und Augenweide: Das Luxus-Lokal Glenturret Lalique ist das erste Gourmet-Restaurant in einer schottischen Whisky-Brennerei. Bildquelle: theglenturret.com

Es ist jetzt fast fünf Jahre her, seit der international aktive Luxusgüter-Konzern Lalique von der BX Swiss an die SIX wechselte. Diese fünf Jahre waren sowohl von Krisen als auch kräftigen Erholungsbewegungen der Luxus-Aktien geprägt. Doch die Aktie von Lalique hinkt noch stark nach, verglichen mit den grossen Namen wie LVMH und Richemont. Handelt es sich um einen ungerechtfertigten Abschlag, der in der geringen Grösse oder einem schlechten Geschäftsverlauf begründet ist oder doch eher darum, dass die Aktie von Anlegern und Analysten schlicht übersehen wird – und daher auch bisher unerkanntes Steigerungspotenzial besitzt?

Anlässlich des Gangs an die SIX hatte schweizeraktien.net im April 2018 das Unternehmen mit dem klangvollen Namen bereits einmal auf den Prüfstand gestellt. Die Historie, die Stärken, die Besitzerwechsel, die Diversifikationsstrategie und etliches mehr lassen sich in dem Artikel anlässlich des IPOs «Ein Hauch von Luxus für die Börse» nachlesen.

Vor fünf Jahren und heute – ein Vergleich in Zahlen

Fünf Jahre weiter scheint es Lalique zwar gelungen zu sein, die negativen Auswirkungen der Pandemie wieder ausgeglichen zu haben, doch die Gewinnentwicklung lässt noch zu wünschen übrig. Im ersten Geschäftshalbjahr 2022 lag der Umsatz bei 83.2 Mio. Euro, ein Anstieg um 29% zur Vorjahresperiode. Im Jahr 2017, also vor dem Wechsel an die SIX, hatte der Umsatz bei 128.8 Mio. Euro gelegen. Das EBIT lag 2017 bei 7.5 Mio. Euro, im ersten Semester 2022 erreichte es 8 Mio. Euro. Die Entwicklung des Reingewinns konnte jedoch bislang nicht Schritt halten. 2017 hatte der Gewinn je Aktie 1.40 Euro betragen, für das erste Halbjahr 2022 wurden 0.74 Euro ausgewiesen.

Enttäuschende Kursentwicklung

Die Aktie war Mitte 2018 an der SIX mit 50 CHF gestartet. In den darauffolgenden 12 Monaten lief der Kurs seitwärts und hat 54 CHF nie überschritten. In der Covid-Baisse fiel der Kurs dann im März 2020 bis auf 23 CHF. Seitdem ist die Aktie von Lalique mehrfach an der 40-CHF-Kursmarke gescheitert und bewegt sich gegenwärtig bei Kursen um die 32 CHF. Der Trend der letzten 12 Monate ist abwärtsgerichtet.

Vom Kurs von 50 CHF wie 2018 ist die Aktie von Lalique ziemlich entfernt. Chart: six-group.com
Vergleich zum Branchenprimus LVMH

Nach dieser Betrachtung des Zahlenwerks und des Kursverlaufs drängt sich ein Engagement nicht unbedingt auf. Vor allem, wenn die Entwicklung in Relation zu den Branchengrössen gesehen wird. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels zum IPO von Lalique an der SIX lag beispielsweise die Market Cap von LVMH bei 144 Mrd. Euro, heute sind es 350 Mrd. Euro. Die 5-Jahresperformance von LVMH beträgt 188%.

Der lange Weg in den Luxus-Olymp

Aber auch LVMH und die anderen hochkapitalisierten Vertreter der Luxusgüter-Branche waren einmal kleiner und hatten Durststrecken. Die meisten zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie eine für ihre Ausgangslage optimale Diversifikation und Expansion betrieben haben, um dorthin zu kommen, wo sie heute sind. Fast immer steht auch eine Unternehmerpersönlichkeit oder -familie mit langfristiger Strategie hinter der erfolgreichen Positionierung während der vergangenen Jahrzehnte. Die Arnaults bei LVMH, die Pinaults bei Kering …

Lalique-Aktionariat – Milliardäre unter sich

Und so ist es auch bei Lalique. Hauptaktionär mit über 58% Anteil ist Silvio Denz, der u.a. auf der Bilanz-Liste der reichsten Schweizer und der Forbes-Liste der Superreichen zu finden ist. 12,3% hält das 1929 gegründete indische Konglomerat Dharampal Satyapal. Mit 3,3% ist die saudische Tamer Group beteiligt. Das Unternehmen wurde 1922 als Apotheke gegründet, umfasst heute aber zahlreiche Beauty- und Luxus-Aktivitäten. Die Tamer Group sorgt auch für die Distribution der Lalique-Parfums im Nahen Osten. Weiterhin ist Hansjörg Wyss seit dem IPO mit 6,3% beteiligt. Der Streubesitz liegt bei rund 20%. Somit sind nur rund 45 Mio. CHF der 230 Mio. CHF umfassenden Marktkapitalisierung handelbar. Der Grossteil der Anteile liegt jedoch in sehr festen Händen.

Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass die involvierten Milliardäre und Unternehmer ihre langfristigen Ziele mit ruhiger Hand und langem Atem verfolgen. Für sie kommt es nicht darauf an, dass der Aktienkurs kurzfristig um einen oder zwei Franken ansteigt, sondern darauf, die Potenziale von Lalique auf lange Sicht voll auszuschöpfen.

Diversifikation und Expansion

Ein Blick in den Halbjahresbericht 2022 zeigt ganz neue Namen, Marken und Aktivitäten im Vergleich zu 2018. So wird bereits das dritte Brioni-Parfum lanciert. Die exklusiven globalen Lizenzrechte waren 2019 erworben und das erste Parfum Ende 2020 lanciert worden. Das Luxushaus war 1945 in Rom gegründet worden und gehört heute zu Kering. Im ersten Semester 2022 lag der Umsatz der Brioni-Parfums bei etwas über 1 Mio. Euro. Der Umsatz wächst, ebenso wie bei Bentley um 67% auf nun 5 Mio. Euro Umsatz.

Im Portfolio von Lalique finden sich unterschiedliche Marken und Produkte im Luxusbereich. Grafik: Lalique Group, Halbjahrespräsentation, Sept. 2022
Jaguar und Ultrasun

Die über einen längeren Zeitraum aufgebaute Parfum-Marke Jaguar steuert zwischenzeitlich 11.3 Mio. Euro zum Halbjahresumsatz bei. Die vor allem in der Schweiz bekannte Sonnenschutz-Marke Ultrasun kommt ebenfalls auf 11.3 Mio. Euro Umsatzbeitrag. Der Charme des Luxus-Parfum- und Kosmetikgeschäfts liegt in seinen ungewöhnlich hohen Gewinnmargen. Die müssen jedoch durch Marketing und Markenbildung erst verdient und dann auch verteidigt werden. Jedes Jahr kommen tausende neuer Düfte auf den Markt, von denen die meisten wieder verschwinden. Die EBIT-Marge der Parfum-Marke Jaguar ist mit rund 17% bereits auskömmlich.

Starkes Momentum bei Luxus-Hotels und -Restaurants

Neu ist auch das 2018 eröffnete und zunächst in Lizenz geführte 5-Sterne-Luxushotel mit Gourmet-Restaurant im Château Lafaurie-Peyraguey, ein traditionsreiches französisches Weingut der Spitzenklasse, das seit 2014 im Besitz von Silvio Denz ist. Das Hotel-Restaurant wurde 2021 von Lalique für 4.4 Mio. CHF übernommen. Das Restaurant «Lalique» ist nicht nur im unverwechselbaren Lalique-Stil gestaltet und ausgestattet, sondern hat auch bereits zwei Sterne im Guide Michelin erhalten.

Villa Florhof in Zürich eröffnet 2024

Bisher werden drei Luxus-Hotels mit Restaurants betrieben, ein viertes entsteht in Zürich. Denz kaufte das traditionsreiche Hotel im Florhof gemeinsam mit Milliardär Peter Spuhler von den Eigentümern, einer Erbengemeinschaft, die das Hotel geschlossen hätten. Nun wird es aufwendig im Lalique-Stil renoviert und soll 2024 als Villa Florhof wieder eröffnet werden. Lalique wird das Hotel-Restaurant in Lizenz führen. Eine spätere Übernahme ist nicht ausgeschlossen.

Single Malt und noch ein Michelin-Stern

Wie die Expansion zu Diversifikation und Synergien führt, zeigt das Beispiel Glenturret. Durch die Akquisition der 1763 gegründeten und damit ältesten schottischen Destillerie wurden gleichzeitig die Angebotspalette um den zunehmend auch von Sammlern und Investoren begehrten Single Malt Scotch Whisky erweitert und durch die Eröffnung des Glenturret Lalique Restaurants im Juli 2021 auch der Bereich Hospitality & Gastronomie gestärkt. Bereits nach sieben Monaten erhielt das Restaurant den begehrten ersten Michelin-Stern. Es ist der erste Michelin-Stern in der Geschichte, der einer Destillerie verliehen wurde!

Synergien

Das Portfolio wird also gezielt durch Nutzung oder Schaffung von Chancen ausgebaut. Dazu zählen neue Lizenzdeals für Parfums wie zuletzt mit der britischen Fashion-Marke Superdry, die erst im September 2022 bekannt gegebene Übernahme des Züricher Seiden-Labels Fabric Frontline und die Stärkung des Hospitality-Bereichs. Die persönliche Erfahrung des Luxus in Hotel und Restaurant ist der ideale Ort, um die Markenbotschaften der verschiedenen Lalique-Aktivitäten zu kommunizieren und zu vermitteln.

Erster Nachhaltigkeits-Bericht 2020 veröffentlicht

Wie bei den grossen Namen im Luxusgüter-Geschäft spielen nachhaltige Prozesse, Materialien und Produkte bei Lalique eine wichtige Rolle. Gerade Käufer von Luxus-Produkten wollen sauber und fair hergestellte, rückstandsfreie und nicht gesundheitsschädliche Waren. Das hat Lalique erkannt und berichtet im zweiten Sustainability Report von 2021 auf 16 Seiten über die Zielsetzungen, die Prioritäten und die bereits realisierten Massnahmen. Den Bezugsrahmen bilden die 17 Sustainable Development Goals der UN, wobei sich Lalique auf die acht für das Unternehmen relevanten konzentriert.

Prioritäten

Die Dekarbonisierung der Aktivitäten ist eine Priorität. Hierzu wird die Feuerungsanlage für die Kristall-Manufaktur erneuert. Bei Glenturret in Schottland sind schon 30% der Agrar-Maschinen auf elektrische Energie umgestellt, Ziel sind 100% innerhalb weniger Jahre. Bei den Kosmetika und Parfums werden nur zertifizierte und rückstandsfreie Ingredienzen verwendet, um Allergien und Hautirritationen zu vermeiden. Die verwendeten Ingredienzen sind vegan, cruelty-free und enthalten keine genetisch modifizierten Organismen. Die Ultrasun-Produkte sind auch frei von Chemikalien, wodurch die endokrine Disruption bei den Verwendern vermieden wird.

Konkrete ESG-Massnahmen mit Impact

Die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeitenden ist eine weitere Priorität. Hier stehen Sicherheit, Training, Ausbildung im Vordergrund. Mit Blick auf Umwelt und Ressourcen werden Energie- und Wasserverbrauch reduziert, Verpackungen vermieden, reduziert oder wiederverwendet. Das Müllaufkommen wird ebenfalls zurückgeführt. Die Fahrzeugflotte von Lalique wurde schon über die letzten Jahre auf Elektromobile umgestellt. Die Beleuchtung ist grossenteils auf LED umgestellt, wobei Sensoren zur Effizienzsteigerung beitragen.

Erneuerung der Produktionsmittel

Die Herstellung von Glas ist energieintensiv. Daher wird die Abwärme inzwischen für die Heizung der Büroräume und die Erwärmung des Wassers für den Produktionsprozess genutzt. Luftkompressoren sorgen für eine verbesserte Energiebilanz. Zahlreiche relevante Werte werden gemessen und kontinuierlich verbessert. Die Abwasserbehandlung bei der Kristallproduktion wird durch eine neue zeitgemässe Anlage ersetzt, die Giftstoffe effektiver eliminiert. Die Investitionen in einen nachhaltigen Geschäftsbetrieb bewegen sich im Bereich mehrerer Mio. CHF p.a.

Fazit

Was auf den ersten oberflächlichen Blick aus Anlegersicht wenig spektakulär scheint, entwickelt seinen Charme erst bei fundierter Beschäftigung mit den Details, den neuen Weichenstellungen und der Langfrist-Strategie der Hauptaktionäre. Noch befindet sich der Luxus-Konzern Lalique in der Auf- und Ausbauphase. Opportunistische Zukäufe, neue Lizenzen, Investitionen, Renovierungen und ESG-konforme neue Anlagen kosten eben, was die unterdurchschnittliche Gewinnentwicklung zum Teil erklärt. Sind die vielen Ventures erst einmal über die initiale Phase hinausgekommen und greifen die Synergien, erscheinen die branchenüblichen hohen Gewinnmargen nicht ausser Reichweite zu sein.

Investoren sollten sich jedoch keinen kurzfristigen Hoffnungen hingeben, denn es dürfte schon einige Jahre dauern, bis alle Juwelen des Luxus-Portfolios von Lalique das ganze Feuer zeigen, das in ihnen steckt. Die ESG-Initiativen und die verstärkten Bemühungen zur Dekarbonisierung erschliessen auch neue Kundenkreise. Ultrasun beispielsweise erspart den Verwendern Asthmaanfälle und Allergien, was zweifellos den Preis relativiert und zur Kundentreue beiträgt.

(english version)

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