Die Transformation des regionalen Energieanbieters Energie Zürichsee Linth (EZL) gewinnt an Fahrt. Gleichzeitig zahlt sich die seit Jahren verfolgte Strategie aus, emissionsfreie Energieformen zügig auszubauen. Der Umsatz stieg vor dem Hintergrund höherer Gaspreise um 47,6% auf den historischen Rekordwert von 87.7 Mio. CHF an.
Der Umsatzanstieg ist hauptsächlich durch den Preisanstieg an den Gas- und Energiemärkten als Folge des Ukraine-Kriegs zustande gekommen. Das zeigt sich deutlich am Aufwand für Material und Vorleistung Dritter, der um 27.1 Mio. CHF auf 67.8 Mio. CHF anstieg. Der Personalaufwand stieg nur um 1,3% auf 7.8 Mio. CHF, der übrige Betriebsaufwand konnte sogar um 0.8 Mio. CHF auf 2.8 Mio. CHF abgesenkt werden.
Gewinn-Zahlen
Das EBITDA-Ergebnis belief sich auf 9.2 Mio. CHF und damit 2 Mio. CHF mehr als im Vorjahr. Die EBITDA-Marge ging allerdings leicht auf 10,5% zurück. Nach den Abschreibungen blieb ein EBIT-Ergebnis von 5.3 Mio. CHF, eine Steigerung um 0.8 Mio. CHF zum Vorjahr. Bei einem mit 0.6 Mio. CHF unveränderten Finanzergebnis erreichte das Ergebnis vor Steuern 5.9 Mio. CHF, eine Verbesserung um 0.8 Mio. CHF. Die Steuern erhöhten sich jedoch um 0.9 Mio. CHF auf 1.5 Mio. CHF. Der Reingewinn belief sich auf 4.3 Mio. CHF vor Minderheiten, ein Rückgang um 4% zum Vorjahr. Die Dividende soll mit 60 CHF je Aktie unverändert bleiben.
Priorität Biogas
Jenseits des puren Zahlenwerks sticht vor allem das hohe Tempo bei der Transformation hin zum klimaneutralen regionalen Energieanbieter ins Auge. Bereits 30% des Gasabsatzes entfällt mittlerweile auf selbst erzeugtes Biogas. Das entspricht einer Vervierfachung des Biogas-Volumens seit 2019! Im Geschäftsbericht bezeichnen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung den Bau von Biogas-Anlagen als «zentrale Stossrichtung der Strategie von EZL». Im Berichtsjahr stieg die Anzahl der direkt von EZL mit Erdgas und Biogas versorgten Haushalte um 521 auf 19’017 Wohnungen.
Projekt «green2energy»
Ein Erfolg im Contracting ist die zukünftige Energieversorgung des Schlosses Rapperswil sowie Teilen der Altstadt mit Biogas. Gemeinsam mit der Axpo Biomasse AG wird das Projekt «green2energy» entwickelt. Hierbei sollen p.a. 30’000 Tonnen Grünabfälle in der «state-of-the-art» Trockenvergärungsanlage im Engelhölzli in Jona in 15 GWh Biogas umgewandelt werden. Dies entspricht der Energie für die Wärmeversorgung von 4’000 Wohnungen. Die moderne und hocheffiziente Anlage soll bis 2026 fertiggestellt werden. Sogar die Geruchsbildung wird dank der technologisch fortgeschrittenen Trockenvergärungsanlage weitgehend eliminiert.
Projekt «SeeRose»
Ein weiteres «Flagship»-Projekt ist «SeeRose». Hierbei wird dem Obersee Wasser entnommen, dessen Wärme für die Versorgung von Rapperswil-Jona mit grüner Energie verwendet wird. Das Projekt soll ebenfalls bis 2026 abgeschlossen werden und den Betrieb aufnehmen. Der Energieverbund Jona hat dagegen den Betrieb bereits aufgenommen und wird weiter ausgebaut. Die Wärmeenergie wird hier aus dem geklärten Abwasser der Abwasserreinigungsanlage (ARA) Jona gewonnen. Durch die Verlegung weiterer 780 Meter Fernwärmeleitungen können neue Haushalte an die klimaneutrale Wärmeversorgung angeschlossen werden. Innerhalb von nur zwei Jahren stieg die Fernwärmeproduktion von null auf 1.6 GWh und wird bei dem eingeschlagenen Tempo des Ausbaus wohl weiterhin steil ansteigen.
Expansion im Dienstleistungsgeschäft
Die Expertise und Kompetenz im Aufbau von Fernwärmenetzen führt sogar zu Aufträgen von anderen Energieversorgungsunternehmen. Der Vorsprung wird so zur Expansionschance. EZL positioniert sich verstärkt als Dienstleister. Auch das Outsourcing von Bau, Betrieb und Wartung von Gas- und Wasserleitungsnetzen für Kommunen und Unternehmen gewinnt an Fahrt. Die outsourcenden Organisationen werden frei, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren und sorgen gleichzeitig für Effizienzgewinne und Kostensenkungen durch den fachlich versierten Outsourcing-Partner, im gegeben Fall EZL.
Einkaufs-Pool
Zur Effizienz in der Beschaffung von Erdgas trägt auch der Einkaufsverbund mit anderen lokalen Schweizer EVU bei. Der Pool kauft gemeinsam rund ein Fünftel des nationalen Erdgas-Bedarfs ein, wobei auf EZL 8% davon entfällt. Weitsicht zeigt sich auch beim Ausbau und der Sanierung der Gasleitungsnetze. Diese sind im EZL-Wortlaut «Wasserstoff-ready», das heisst, sie sind tauglich für die Durchleitung von Wasserstoff, auch wenn dieser bislang noch keine Rolle spielt.
Tochtergesellschaften
Vom Trend zur energetischen Sanierung profitieren auch die Tochtergesellschaften, die in den Bereichen Sanitär und Heizung, Installation und Wartung aktiv sind. Trotz höherer Materialkosten und verlängerten Lieferfristen wurden die Ziele erreicht, wenngleich keine konkreten Zahlen genannt werden.
Fazit
Im vergangenen Geschäftsjahr erzielte EZL den zweithöchsten Gasabsatz und den höchsten Unternehmensumsatz der Geschichte. Es zahlt sich aus, dass EZL bereits vor Pandemie und Krieg die Weichen auf den rapiden Ausbau von regional erzeugten erneuerbaren Energien gestellt hat. Das Momentum der Transformation hat sogar seit Kriegsbeginn noch zugenommen. Autarkie in der Energieversorgung und das beschleunigte Erreichen des Net-Zero-Zieles mit Blick auf Klimaneutralität des Wirtschaftens sind für EZL zugleich Herausforderung wie auch Chance. Durch die hohe Innovationskraft und die horizontale wie vertikale Expansion und Integration sind die Chancen für eine überdurchschnittliche Wachstumsrate auch im abgelaufenen Geschäftsjahr verbessert worden.
Die Bewertung ist angemessen. Durch hohe Beschaffungskosten, eine intensive Investitionstätigkeit und Unwägbarkeiten des Energiemarktes sind konkrete Gewinnprognosen kaum möglich. Dagegen ist von einem längerfristigen jährlichen Trendwachstum im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich auszugehen. Key Performance Indicators sind Energie- und Wärmeabsatz sowie Anzahl der angeschlossenen Haushalte. Für starke Impulse sorgen Biogas, Fernwärme und das Servicegeschäft.
Die Aktie von EZL wird auf OTC-X gehandelt. Der letztbezahlte Kurs beträgt 1’880 CHF. Seit Jahresbeginn legte die Aktie um 4,4% zu.